Sven Lehmann und andere machen sich stark für Anastasia Biefang
Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung vergleicht sein eigenes Dating-Verhalten als Staatssekretär mit dem der Oberstleutnantin
Zum Bundeswehr-Verweis gegen Kommandeurin Anastasia Biefang wegen ihres privaten Tinder-Profils gab es schon etliche Kommentare (MANNSCHAFT berichtete). Nun meldet sich auch der neue Queer-Beauftragte der deutschen Bundesregierung zu Wort.
Sven Lehmann (Bündnis 90/Die Grünen) ist Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Seit Januar ist er zudem der Beauftragte der Deutschen Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt. Wie es offiziell heisst (MANNSCHAFT berichtete). Bei seiner Berufung sagte er damals: «Jeder Mensch soll frei, sicher und gleichberechtigt leben können.»
Das gilt selbstverständlich auch für Bundeswehr-Kommandeur*innen in «repräsentativen Stellung» mit trans Identität.
Und so schrieb Lehmann jetzt auf Twitter: «Ich bin schwul, habe eine offene Beziehung und ein Profil auf Dating-Apps.»
Weiter heisst es: «Wäre ich bei der Bundeswehr, würde mir die ‹charakterliche Integrität› abgesprochen. Ich bin aber Staatssekretär. In einer Bundesregierung, für die wichtig ist wie man arbeitet – nicht wie man datet.»
Diesem Tweet vom Freitag waren auch anderen ähnliche Kommentare von Politiker*innen vorausgegangen. So erklärte beispielsweise die Chefin des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: «Wir leben nicht im Jahr 1995. Privat ist privat und Dienst ist Dienst.»
«Nur die Würde des monogamen Spiessers ist unantastbar» Und Volker Beck (ebenfalls Bündnis 90/Die Grünen) schrieb auf Twitter: «Ehrlich gesagt habe ich nicht Zweifel an der ‹charakterlichen Integrität› dieser Soldat*in, sondern an der intellektuellen Fähigkeit dieser Richter*innen, andere Lebens- und Begehrensformen zu respektieren.»
Im Grundgesetzt stehe nicht: «Nur die Würde des monogamen Spiessers ist unantastbar», so Beck.
Auch QueerBw, die Interessenvertretung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans und intergeschlechtlichen Angehörigen der Bundeswehr, empörte sich über das Urteil (MANNSCHAFT berichtete): «Wir sind davon überzeugt, dass es verschiedene Lebensentwürfe in unserer Gesellschaft gibt, die individuell zu achten und zu respektieren sind. Bei einem Dating-Profil, welches keinerlei Hinweis auf die Bundeswehr gibt, muss die Privatsphäre von Soldat*innen respektiert werden», hiess es von QueerBw-Chef Sven Bäring.
«Offene Beziehungen sind in Deutschland legal und unterliegen keinerlei Beschränkungen. Insofern hat der Staat nicht das Recht, Soldat*innen ungerechtfertigt in ihrem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung einzuschränken. Er hat die persönliche Freiheit zu achten», so Bäring.
«In Zukunft werde ich wohl meine Profile durch meine Vorgesetzen prüfen lassen» Bäring forderte das von der SPP-Politikerin Christine Lambrecht geführte Bundesverteidigungsministerium und den Deutschen Bundestag auf, «unverzüglich Vorkehrungen zu treffen, dass das Privatleben der Soldat*innen Privatsache bleibt».
Biefang selbst reagierte enttäuscht auf die Entscheidung des 2. Wehrdienstsenats des Bundesverwaltungsgerichts. Sie wisse nach wie vor nicht, was an ihrer Darstellung missverständlich gewesen sein soll, sagte die 47-Jährige. «In Zukunft werde ich wohl meine Profile durch meine Vorgesetzen prüfen lassen, ob das rechtmässig ist.»
Biefang, die den Rang einer Oberstleutnantin hat, ist inzwischen Referatsleiterin im Kommando Cyber- und Informationsraum in Bonn.
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