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QueerBw: «Offene Beziehungen sind in Deutschland legal»

Nach einem Urteil sind diverse Soldat*innen besorgt, so der Verband

Homosexuelle Soldaten
Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass ein Dating-Profil, wenn es die Suche nach Sexualkontakten andeutet, auch ohne jeglichen Bundeswehrbezug disziplinar geahndet werden kann.

In dem Fall wird aufgrund der Dienststellung von einer «repräsentativen Stellung» gesprochen. Unterlegen vor Gericht war Anastasia Biefang, trans Kommandeurin der Bundeswehr (MANNSCHAFT berichtete).

Das Urteil wird nun von QueerBw kritisiert. «Wir sind davon überzeugt, dass es verschiedene Lebensentwürfe in unserer Gesellschaft gibt, die individuell zu achten und zu respektieren sind. Bei einem Dating-Profil, welches keinerlei Hinweis auf die Bundeswehr gibt, muss die Privatsphäre von Soldat:innen respektiert werden. Offene Beziehungen sind in Deutschland legal und unterliegen keinerlei Beschränkungen.» Insofern habe der Staat nicht das Recht, Soldat*innen ungerechtfertigt in ihrem Recht auf sexuelle Selbstbestimmung einzuschränken. Er habe die persönliche Freiheit zu achten, erklärte der Vorsitzende von QueerBw, Sven Bäring, am Donnerstag in einer Pressemitteilung.

Kritik an transphoben Denkmustern
Die Mitteilung des Bundesverwaltungsgerichts zum Urteil zeuge von vergangenen Moralvorstellungen. «Der Profiltext ,All genders welcome‘ wurde explizit als Grund für die Zweifel der ,charakterlichen Integrität‘ einer Offizierin genannt, die seit über 27 Jahren in der Bundeswehr dient. In diesem Zusammenhang von ,wahllosem‘ und ,promiskuitiven Sexualverhalten‘ zu sprechen und einer etablierten Führungskraft ihre moralische Integrität abzusprechen, ist rückständig und in unseren Augen verfassungswidrig.» Der Fakt, dass die trans Frau mit der männlichen Bezeichnung der Dienststellung erwähnt und ihr Geburtsgeschlecht explizit erwähnt werde, unterstreiche den Eindruck transphober Denkmuster.


Bäring weiter: «Wir stellen fest, dass sich diverse Soldat*innen in den vergangenen Stunden an uns gewendet haben mit Bedenken über das Urteil, seine Auswirkungen und der Angst vor disziplinärer Verfolgung.» Das Urteil biete Tür und Tor zu Diskriminierung und Verfolgung. Das Risiko, dass nun gezielt nach Dating-Profilen Ausschau gehalten werde, sei nicht zu vernachlässigen.

«Wir fordern das Bundesministerium der Verteidigung und den Deutschen Bundestag auf, unverzüglich Vorkehrungen zu treffen, dass das Privatleben der Soldat*innen Privatsache bleibt», so Bäring schliesslich.

Kritisch setzt sich auch das Portal Legal Tribune Online mit dem Urteil auseinander. Die Argumentation im Urteil sei «in vielerlei Hinsicht hochproblematisch». Das Gericht stelle zwar vordergründig nicht auf die sexuelle Orientierung der Soldatin, sondern auf ihre promiskuitive Praxis ab. «Aber ist es wirklich Zufall, dass ausgerechnet eine überdurchschnittlich bekannte, für ihr Diversitätsengagement gelobte Offizierin für ihre Suche nach sexueller Abwechslung in einem geschlossenen Dating-Portal eine Disziplinarmassnahme erhält?»


Die zahlreich vorhandenen Dating-Profile von Soldat*innen «mit cis-heteronormativer Orientierung», teils mit eindeutigen Hinweisen auf die Streitkräftezugehörigkeit, gebe bisher allgemein keinen Anlass zu disziplinarer Ahndung. Der Hinweis in der Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts, die Kommandeurin sei «überdurchschnittlich bekannt», lasse darum befürchten, dass der 2. Wehrdienstsenat hier durchaus besondere Massstäbe an die betroffene Soldatin anlege.

Das Urteil sei «prüde» und «gefährlich» und werde hoffentlich vom Bundesverfassungsgericht korrigiert, so der Autor Patrick Heinemann, Fachanwalt für Verwaltungsrecht.

Ist die letzte geschlechtsangleichende Operation ein Massstab für das Ende einer Transition? Dazu der MANNSCHAFT+-Kommentar von Anastasia Biefang


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