«Shwule Grüsse vom Balkan» (11) – Volim te, Brate

Mit dummen Gänsen und Suffering Bastards

Bild: Unsplash/Adam Jaime
Bild: Unsplash/Adam Jaime

Ordentlich was los bei Aleksandar aus unserer Kolumne «Shwule Grüsse»! Während Bruder Alen vom Coming-out seines besten Freundes geschockt ist, trifft sich dieser mit Aleks und ersäuft seine Gefühle.

Was bisher geschah …

Dalibors Coming-out trifft Alen wie ein Blitz: Sein bester Kumpel und Fussball-Nachwuchsprofi ist shwul und in ihn verliebt. Schockiert stösst er Dalibor von sich, stürmt aus dem Club, sorgt sich aber, wie er mit ihm umgehen soll – vor allem beim Fussballspielen: «Volim te, Brate», hallt es in Alens Kopf nach. «Bruder, ich liebe dich».

Sein shwuler Bruder Aleks hat also recht gehabt. «Fuuuuuuck!», schreit er die Nacht zusammen und tritt gegen eine Strassenlaterne. Warum muss neben seinem Bruder nun auch noch sein bester Kumpel und Teamkollege aus der Fussballnachwuchsmannschaft shwul sein? Wie soll er sich ihm gegenüber verhalten? «Mein Gott, er hat mich jahrelang nackt in der Dusche gesehen und bestimmt dauernd beobachtet!»

Panik macht sich in Alens Kopf breit, seine Gedanken flitzen quer durcheinander, sein Herz hämmert gegen den Brustkorb. Kurz darauf sackt er auf der Strasse zusammen. Keine zehn Minuten später findet ihn Dalibor auf der Strasse liegend: «Alen, ist alles in Ordnung bei dir?», schüttelt ihn Dalibor. Dieser öffnet leicht benommen die Augen und zuckt beim Anblick von Dalibor gleich wieder zusammen, rafft sich auf und entgegnet räuspernd: «Ja, klar … habe wohl zu viel getrunken. Ich geh’ nun nach Hause. Wir sehen uns dann im Training.»

Etwas bedröppelt schlurft Dalibor wieder zurück in den Club und schickt Aleks eine WhatsApp: «Hey Debeli (zu Deutsch ‹Dicker›), bist du noch unterwegs?» «Ja, sitze im Cranberry – heute ist ‹Balkan Caffe›. Hab’ mir grad eine Schlampe bestellt. Kommst du auch?», tschilpt es im Newsfeed. «Schlampe?», erwidert Dalibor mit dem Äffchen-Emoticon, das sich die Augen zuhält. Lautes Gelächter in Emoticon-Manier folgt von Aleks’ Seite: «Das ist ein Hirntöter-Drink, Glupačo (zu Deutsch ‹dumme Gans›)!» «Ok, ich bin in einer Viertelstunde da.»

Aleks schüttelt irritiert den Kopf, nippt an seiner Schlampe und lässt den Blick in der Bar schweifen. Nach einer Weile kreuzt Dalibor auf – etwas eingeschüchtert, weil ihn die gierigen Balkaner-Blicke auf dem Weg zur Bar verschlingen, als wäre er ein Pide, Döner und Cevapcici-Teller in einem. «Sag mal, ist das immer so voll hier?», begrüsst Dalibor Aleks mit einer herzlichen Umarmung.

Shwule Jugos, Shipis oder Türken erwartet?

«Ja, schon sehr oft. Warum?» Dalibor bestellt sich einen ‹Suffering Bastard›, nimmt einen grossen Schluck und dreht sich zu Aleks: «Ach, nur so. Ich hätte nicht so viele …» «Shwule Jugos, Shipis oder Türken erwartet?», grätscht Aleks zwischen Dalibors Worte, der nochmals einen grossen Schluck nimmt: «Ja, das meinte ich. Ich habe dich ja schon an der Balkan Gay Night im Heaven gesehen, hätte aber nie gedacht, dass es so viele Typen von ‹da unten› gibt, die ‹so sind›.»

Beide prosten sich zu: «Da haben wir wohl Glück gehabt: Der shwule Männermarkt beschert uns reichlich knackige Südfrüchte», grinst Aleks Dalibor an, dessen Miene sich verfinstert: «Du hast vielleicht Glück, ich nicht.» Aleks stellt seine Schlampe auf den Tresen: «Wie jetzt?» Dalibor senkt den Blick, verdrückt ein paar Tränen, ehe er sich wie ein heroischer WM-Stürmer wieder fängt und losbrüllt: «Ich habe deinem Bruder gestanden, dass ich ihn liebe!» Aleks greift sich seine Schlampe wieder und leert sie in einem Zug aus:

Du hast was?!

«Wir waren vorhin im Elite. Da habe ich ihn auf dem Klo geküsst und gesagt, dass ich ihn liebe», antwortet Dalibor kleinlaut. Aleks nimmt ihn in den Arm: «Und wie hat er reagiert?» Dalibor schüttelt nur den Kopf. «Das tut mir leid, Dali. Komm’, vergiss ihn und geniess den Abend – guck dich um: So viele tolle Typen, die dich wollen!»

Während Dalibor angetrunken mit ein paar Typen flirtet, tippt Aleks wie wild in sein Smartphone: «Hey Brate, was hast du mit Dali angestellt? Der ist ja völlig hinüber …» «Er hat mich abgeknutscht, nicht ich ihn», flitzt es von seinem Bruder Alen trocken zurück, «reden wir morgen darüber – ich gehe jetzt schlafen.»

Am nächsten Tag treffen sich Aleks und Alen in einem Café, ehe sie ihre Eltern zum Mittagessen besuchen. Die Stimmung ist angespannt, bis Alen sie löst: «Dalibor und du … das sind ungewohnte News. Aber ich will dir eines sagen: ‹Volim te, Brate› – egal, ob du sh …», Alen stockt ein wenig, Aleks hilft ihm, «egal, ob ich shwul bin?»

*Wir schreiben in dieser Kolumne «shwul» statt «schwul», um den Balkan-­Slang wiederzugeben. Weitere Hintergründe zur Kolumne «Shwule Grüsse aus dem Balkan» erfährst du im Interview mit dem Autor Predag Jurisic

 

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