Schwuler Gambier weggewiesen – Schweiz verstösst gegen Folterverbot

Die Folge: eine Rüge des Europäischen Gerichtshofs

EGMR
(Bild: Jean-Christophe Bott/epa/dpa)

Verstoss gegen das Folterverbot: Die Schweiz wird nach der Rückweisung eines schwulen Gambiers vom Europäischen Gerichtshof gerügt. Man habe nicht ausreichend abgeklärt, was dem Mann in seiner Heimat drohe.

Die Dritte Sektion des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hat am Dienstag gegen die Schweiz ein Urteil erlassen, das den Fall eines schwulen Mannes betrifft, der seine Abschiebung nach Gambia anficht, weil er dort aufgrund seiner sexuellen Orientierung von Misshandlung bedroht sei.

Der Mann war 2008 im Alter von 34 Jahren in die Schweiz gekommen. Sein Asylantrag wurde abgelehnt, weil die Behörden seine Behauptungen, er sei in seiner Heimat misshandelt worden, nicht für glaubwürdig hielten. In der Folge wurde mehrfach wegen illegalen Aufenthalts in der Schweiz verurteilt. 2014 ging er eine Lebenspartnerschaft mit einem 66-jährigen Schweizer ein, der vor seinem Tod im Jahr 2019 das Recht auf Familienzusammenführung für seinen Partner beantragte.

Ein Gericht in St. Gallen entschied laut swissinfo.ch jedoch gegen diesen Antrag und erklärte, dass das öffentliche Interesse, ihn auszuweisen, eine Verletzung seiner Rechte rechtfertige. Diese Entscheidung wurde vom Bundesgericht bestätigt.

Zum ersten Mal in seiner Geschichte hat der Gerichtshof nun entschieden, dass die Rückkehr eines Beschwerdeführers in einen aussereuropäischen Staat, in dem er aufgrund seiner sexuellen Identität von Misshandlung bedroht wäre, einen Verstoss gegen Artikel 3 darstellt, dem Verbot der Folter, wie auf dem Sexual Orientation Blog nachzulegen ist.

Der Mann argumentierte, dass er Misshandlungen oder Schlimmerem ausgesetzt sein würde, weil Homosexualität in dem westafrikanischen Staat weiterhin ein Verbrechen ist. Die Behörden stützten ihre Abschiebungsanordnung jedoch auf Berichte, wonach gambische Beamte die Gesetze gegen Homosexualität in der Praxis nicht anwendeten. Sie stellten laut Nachrichtenagentur AFP auch fest, dass der Mann trotz gegenteiliger Behauptungen nicht von seiner eigenen Familie bedroht war.

Der Gerichtshof beruft sich in seinem Urteil auf Informationen des britischen Innenministeriums und andere Quellen. Diese besagen, dass die Behörden in Gambia Homosexuelle nicht vor Übergriffen durch Dritte schützen. Die Schweiz soll dem Mann nun 14.500 Euro zur Deckung der Anwaltskosten zahlen. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.

Auch in Deutschland gibt es immer wieder umstrittene Asyl-Entscheidungen bei homosexuellen Menschen: Weil ein Asylbewerber aus Ägypten seine Homosexualität angeblich nur ausprobiere, sollte er in seine Heimat zurückkehren (MANNSCHAFT berichtete).

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