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Neue Version der Pride-Fahne nimmt Inter-Symbolik auf

Valentino Vecchietti hat zur Pride-Saison eine erweiterte Version der sogenannten «Progress Pride»-Fahne entworfen

Progress Pride
Die neue Progress-Pride-Fahne, die Valentino Vecchetti entworfen hat (Foto: Intersex Equality Rights UK / Instagram)

Über die Gestaltung der offiziellen Pride-Fahne wird seit Jahren debattiert. Besonders zum Pride-Monat Juni nimmt diese Debatte regelmässig Fahrt auf. Jetzt wurde eine neue Version der «Progress Pride»-Flagge vorgestellt, die auch Intergeschlechtlichkeit visualisiert.

Die Organisation Intersex Equality Rights UK hat sich von Valentino Vecchietti eine Ergänzung der sogenannten «Philly Flag» entwerfen lassen. Zur Erinnerung: Die Philadelphia-Fahne hatte das alte bzw. ursprüngliche Regenbogendesign, das der US-Aktivist Gilbert Baker Ende der 1970er-Jahre geschaffen hatte, erweitert um schwarze und braune Streifen, um als Zeichen gegen Rassismus und Ausgrenzung gezielt Persons of Color (PoC) sichtbar zu machen. Das wurde dann später nochmals erweitert um das seitlich eingefügte Dreieck in den Farben der Transbewegung (weiss, rosa, hellblau).

Und nun rückt das Dreieck noch weiter in die Mitte, um Platz zu schaffen für ein gelbes Dreieck ganz links aussen, mit einem lilafarbenen Kreis.

Vertreter*innen von Intersex Equality Rights UK erklären: «2013 haben Morgan Carpenter und Tony Briffa von Intersex Human Rights Australia die Inter-Fahne entworfen. 2017 wurde dann unter Leitung von Amber Hikes von der American Civil Liberties Union (ACLU)  in Philadelphia die Erweiterung um schwarze und braune Streifen eingeführt […]. Darauf aufbauend hat Daniel Quasar 2018 die Fahne neu entworfen, um trans Menschen zu berücksichtigen, das war dann die Progess-Pride-Fahne. Und jetzt hat Valentino Vecchietti von Intersex Equality Rights UK die Fortschrittsfahne weiter entwickelt, damit sie auch die Inter-Flagge in sich aufnimmt.» (Eine kleine bebilderte Fahnenkunde von Greg Zwygart findet sich auf MANNSCHAFT.)


Positive Rückmeldungen
Die Organisation betont, sie habe viele positive Rückmeldungen bekommen, seit sie das neue Design online vorgestellt habe. Demnach hätten besonders «intergeschlechtliche Menschen und Allies aus der ganzen Welt» gesagt, es bereite ihnen Freude zu sehen, dass Intergeschlechtlichkeit inkludiert worden sei.

 

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Zur Symbolik der Inter-Flagge: Diese hat einen leuchtend gelben Hintergrund und darauf einen lilafarbenen Kreis. Es werden bewusst die traditionellen «Gender-Farben» Blau und Rosa vermieden, ebenso die Regenbogenfarben. Der Kreis wiederum ist ungebrochen und unverziert. «Er symbolisiert Ganzheit und Vollständigkeit und unsere Möglichkeiten», sagt Intersex Human Rights Australia. «Wir kämpfen immer noch für unsere körperliche Eigenständigkeit und die Integrität unserer Genitalien. Der Kreis verdeutlicht unser Recht diejenigen zu sein, die wir sein wollen.» Etwa 1,7 Prozent der Menschen auf der Welt werden intergeschlechtlich geboren, schreibt das Nachrichtenportal LGBTQ Nation.

Fahne für Straight Allies
Es gibt auch noch viele weitere Flaggen rund um Pride, etwa für die genderqueer und genderfluide Community, für Bisexuelle, für Pansexualität, Polysexualität und auch eine eigene Fahne für Straight Allies. Ob es sinnvoll ist, diese alle in einer einzigen grossen Gemeinschaftsfahne zusammenzuführen, darüber gehen die Meinungen auch innerhalb der queeren Community weit auseinander.


Rassismus
Der Schauspieler Pierre Sanoussi-Bliss (Foto: Detlef Eden)

Anlässlich der Erweiterung der Regenbogenfahne um die schwarzen und braunen Streifen hatte der Schauspieler Pierre Sanoussi-Bliss in MANNSCHAFT geschrieben: «Mir ist das völlig wurscht … Aber wenn es der Community mit der Erweiterung besser geht, bitteschön. Welche Stelle der Fahne steht eigentlich für meinen weissen Ehemann?»

Welche Stelle der Fahne steht eigentlich für meinen weissen Ehemann?

Die ursprüngliche Regenbogenfahne wurde 1978 erstmals bei der «Gay Freedom Day»-Parade in San Francisco geschwenkt. Die Flagge bestand aus acht Farben, denen jeweils eine bestimmte Bedeutung zuwiesen war: Pink stand für Sexualität, Rot für das Leben, Orange für die Heilung, Gelb für das Sonnenlicht, Grün für die Natur, Türkis für die Kunst. Indigoblau repräsentierte Harmonie und Violett den Geist.

In seinem Kommentar schrieb MANNSCHAFT-CvD Kriss Rudolph: «Keine Farbe – und das ist das gängigste und offensichtlichste Argument gegen eine Erweiterung der Regenbogenfahne um braun und schwarz – stand für irgendeine Hautfarbe. Harmonie, Geist oder Sexualität sind Zustandsbeschreibungen, Empfindungen oder Lebensäusserungen, mit denen sich jeder Mensch gleich welcher Hautfarbe identifizieren kann und soll.»

Repräsentation bedeutet Macht
Gleichzeitig gilt, das Repräsentation Macht bedeutet. Viele Menschen innerhalb der LGBTIQ-Community assoziieren die alte Regenbogensymbolik vor allem mit der überaus sichtbaren und einflussreichen Schwulenbewegung der 1970er- und 80er-Jahre, die in den Medien oftmals von weissen Männern dominiert wurde. Weswegen diejenigen, die nicht schwul und weiss sind, sich nicht unbedingt mit der Fahne identifizierten, egal was die Bedeutung der Farben sagt.

Es spricht natürlich nichts dagegen, dass jeder und jede bei Pride-Veranstaltungen die Fahne schwenkt, die er oder sie am passendsten für sich findet. Schwieriger wird es für offizielle Organisationen bzw. Behörden – oder die Organisator*innen von Pride-Märschen –, die mit der Beflaggung ein alle inkludierendes Zeichen setzen wollen, mit dem sich jede*r angeholt fühlt.

Ob sich eines der neuen Designs irgendwann dauerhaft durchsetzen wird, muss die Zeit zeigen

Im Grunde ist das unmöglich. Aber an der neugestalteten «Progress Pride»-Fortschrittsfahne mit Inter-Dreieck sieht man, dass es immer wieder Anläufe gibt, es trotzdem zu versuchen. Ob sich eines der neuen Designs irgendwann dauerhaft durchsetzen wird, muss die Zeit zeigen.


Pronomen

Klage auf Anerkennung nicht-binärer Geschlechtsidentitäten eingebracht

Klaus Wowereit

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