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Wer den Eurovision Song Contest schaut und hört, kennt auch Peter Urban. Der Wahl-Hamburger ist seit 1997 der Mann, der alle Beiträge mit seiner warmen Stimme und ironisch-witzigen Sprüchen kommentiert. Nun wird er 75 und blickt auf ein Leben, das mehr als «nur» ESC zu bieten hat.
Von Christiane Bosch, dpa
Gerade einmal eine Woche im Jahr ist Peter Urban «Mr. Eurovision» – die Stimme des ESC. Seit 1997 ist das so. Da war er bereits 49 Jahre alt. Als Musikexperte im Radio ist er dagegen schon seit mehr als 50 Jahren aktiv. Er hat Grössen wie Joni Mitchell, Bruce Springsteen, Paul Simon, Elton John, Yoko Ono, David Bowie und Eric Clapton interviewt. Mehr als 2500 Konzerte hat der Musikliebhaber seit seiner Jugend besucht. «Das ist ja auch der Glücksfall, den ich wirklich zu schätzen weiss, dass ich mit meiner Arbeit Dinge machen kann, die mir auch persönlich richtig Spass machen», sagte Urban der Deutschen Presse-Agentur in Hamburg. An diesem Freitag wird der gebürtige Niedersachse 75 Jahre alt.
Das lässt mich natürlich nicht kalt. Wenn ich dann da sitze, wird mir das schon nahe gehen
Auch zehn Jahre nach seinem offiziellen Ruhestand als Redakteur beim Norddeutschen Rundfunk denkt Urban nur teilweise ans Aufhören. Lediglich mit dem ESC wird für ihn nun Schluss sein (MANNSCHAFT berichtete). In diesem Jahr wird er ihn zum 25. und zum letzten Mal mit feiner Ironie, Witz und Gelassenheit kommentieren. Das erfülle ihn schon mit Wehmut. «Das lässt mich natürlich nicht kalt. Wenn ich dann da sitze, wird mir das schon nahe gehen», sagte er mit Blick auf seinen letzten ESC Mitte Mai 2023.
Gleichzeitig freut er sich sehr auf den Abschluss in Liverpool. Nachdem er den ESC in den vergangenen zwei Jahren nur von Hamburg aus kommentieren konnte, wollte er noch einmal den Trubel des spannenden Musikwettbewerbs live und vor Ort geniessen. Weil sich das deutsche ESC-Produktions-Team mittlerweile sehr gut kenne, sei das immer ein bisschen wie eine Klassenfahrt.
Das alles bleibt. Klar! Und weiss Gott, was ich sonst noch so mache
Doch sein selbst gewählter Abschied beim ESC bedeute noch lange nicht das Ende seiner Arbeit als Musikjournalist oder gar Langeweile. Er werde weiterhin jeden Donnerstagabend für die NDR-2-Sendung «Die Peter Urban Show» vor dem Mikro sitzen und auch seinen NDR-Podcast «Urban Pop» über Rock- und Popgeschichte gemeinsam mit Ocke Bandixen aufnehmen. «Das alles bleibt. Klar! Und weiss Gott, was ich sonst noch so mache», sagte Urban lachend.
Peter Urban kommentiert im Mai zum 25. und letzten Mal den Eurovision Song Contest. Dabei sagt er: „Ein richtiger Fan des ESC war ich nie.“ Wie hat er es geschafft, so lange durchzuhalten? Martin Zips hat ihn in Hamburg getroffen. #SZPlus https://t.co/le7xPeQFNT
— SZ Top-News (@SZ_TopNews) April 6, 2023
Peter Urban, der auch lange Stadionsprecher beim HSV war und seit seiner Jugend mit eigenen Bands am Klavier Musik gemacht hat, gehen die Ideen für seine Freizeit nicht aus. Im vergangenen Jahr hat er beispielsweise ein Buch über sein Leben geschrieben. «On Air» heisst das passenderweise und es erscheint kurz nach seinem Geburtstag. In den vergangenen Wochen stand er zudem stundenlang im Studio und hat diese Autobiografie mit seiner unverkennbaren Stimme selbst eingelesen.
In dem Buch geht es dabei nicht nur um den ESC. Im Gegenteil. Im Mittelpunkt steht der Weg Peter Urbans zur Musik und zum Radio. Und der beginnt schon im Kindesalter im niedersächsischen Bramsche und führt über England bis zum NDR in Hamburg. Urban, der ein grosser Sport- und vor allem Fan von gutem Fussball ist, hat schon früh seine Liebe zur Musik entdeckt. Dabei hatten es ihm zunächst vor allem die Beatles angetan – auch, wenn sein erstes Live-Konzert der «Fab Four» für ihn eher enttäuschend war. Und zwar, weil er wegen der kreischenden Frauen von der tollen Musik nichts gehört habe.
Jan Böhmermann kommentiert dieses Jahr den Eurovision Song Contest für den ORF
Von der Musik der 1960er und 1970er Jahre machte er sich in den Clubs dabei am liebsten selbst ein Bild, las sich mit englischen Musikzeitschriften schlau und hörte britische Radiosendungen über die neuesten Alben. Sein Fachwissen und seine Lust zu schreiben brachten ihm schliesslich die ersten Jobs als Autor von Musiktexten und später – durch Zufall – sogar den Job beim NDR, dem er bis heute treu ist.
Mein Weg war im Grunde immer von Zufällen geprägt
Der Zufall kam in Form eines Briefes. Musikkenner Peter Urban wollte den Moderator der NDR-Sendung «Musik für junge Leute» auf einen kleinen Fehler aufmerksam machen. Der Moderator Klaus Wellershaus blieb – beeindruckt vom Wissen des jungen Urbans – in Kontakt und verschaffte ihm später den Job beim Radio. «Mein Weg war im Grunde immer von Zufällen geprägt. Hätte ich den Brief nicht geschrieben, wäre ich vielleicht gar nicht beim Radio gelandet.»
Seine Familie habe ihn in der Schreib-Zeit oft vermisst, weil er häufig in alten Kisten gewühlt hat und viel aus seiner Vergangenheit gelesen hat. «Es hat richtig viel Spass gemacht, das so ausführlich Revue passieren zu lassen.»
Zu seinem beruflichen Weg gehören nicht nur Begegnungen mit internationalen Stars. Auch in den Hamburger Musikkreisen war Urban unterwegs und geschätzt. Als Urban 2013 in den offiziellen Ruhestand geschickt wurde, schickte sogar Panikrocker Udo Lindenberg eine Grussbotschaft. «12 Points an die coole Socke, den ersten DJ des NDR», lautete die.
Ich würde gerne auch mal wieder in Ruhe durch italienische Dörfer fahren
Für die nächsten Jahre hat Peter Urban noch viele Pläne, vor allem aber das Reisen. «Ich würde gerne auch mal wieder in Ruhe durch italienische Dörfer fahren.» Und er will seiner Frau Laura mehr bei ihrem Patisserie-Geschäft helfen. Das Paar hat zwei erwachsene Kinder.
Wer ihm zum Geburtstag die Torte backen werde, sei damit schon klar. «Und die wird gut!» Gefeiert wird am 14. April zunächst im kleinen Kreis. Und später vielleicht noch mal gross. «Ich kenne so viele Leute, die ich einladen würde, da bräuchte ich ein ganzes Fussballfeld.»
Wenn Peter Urban sich etwas zum Geburtstag wünschen dürfte, wäre das ein Fahrrad. «Ich sass durch das Schreiben des Buches jetzt acht Monate am Schreibtisch. Ich brauche mal wieder Aktivität.»
