Frauen im Rap: Zu viel, zu laut, zu sexy, zu soft?
«Alle Sachen, die Männer edgy oder real machen, werden bei Girls eher als Schwäche ausgelegt»
In der Rapszene gelten für Frauen oft andere Regeln als für Männer. Entsprechend wirkte die Hip-Hop-Kultur viele Jahre sehr männlich dominiert. Dabei wurde sie früh von Frauen mitgeprägt.
Wenn eine Frau rappt, wird sie selten nur nach der Qualität ihrer Songs bewertet. Ist sie zu sanft? Dann fehlt ihr die Haltung. Ist sie zu wütend? Dann gilt sie als unweiblich. Zeigt sie Haut? Dann fehlt es ihr an Substanz.
«Das Klischee, was mich am meisten über Frauen im Rap nervt, ist, dass wir nicht rappen können.»
Rapperin Badmómzjay
Als Rapperin kann Frau es also nie richtig machen. «Das Klischee, was mich am meisten über Frauen im Rap nervt, ist, dass wir nicht rappen können», sagt die Rapperin Badmómzjay der Deutschen Presse-Agentur. Denn für Frauen im Hip-Hop gelten weiterhin andere Massstäbe als für Männer.
Viele Künstlerinnen in der deutschen Szene kennen diese Schablonen. Schauspielerin und Rapperin Zsá Zsá bringt es auf den Punkt: «Alle Sachen, die Männer edgy oder real machen, werden bei Girls eher als Schwäche ausgelegt», sagt sie.
Obwohl sie längst ihre eigene Stimme gefunden hat, trifft sie immer wieder auf Kritik – etwa wegen Songzeilen über Beziehungen. Während Männer über Gewalt, Sex oder Kontrollverlust rappen und das als Kunstfreiheit gilt, erleben Frauen Shitstorms. Sie geht damit humorvoll um: «Ich mach' einfach, was ich will, sag, was ich will – und seh dabei cute aus.»
Frauen-Rap und internationale Stars in die Baggerstadt Dass sich etwas bewegt, zeigt das Line-up des diesjährigen «splash!»-Festivals. Vom 3. bis 5. Juli stehen in Ferropolis bei Gräfenhainichen nicht nur deutsche Rapgrössen auf der Bühne. Mit internationalen Acts wie der bisexuellen Grammy-Gewinnerin Doechii und der Newcomerin Samara Cyn kommen in Sachsen-Anhalt neue Perspektiven auf die Bühne.
Sichtbarkeit ist wichtig – aber sie ist nur der Anfang. Denn wer im Rampenlicht steht, wird auch besonders scharf beobachtet. Sobald eine Frau erfolgreich sei, heisse es oft, sie habe die Texte nicht selbst geschrieben, sagt die Berliner-Rapperin Charisma. «Sobald ein Mann sich Hilfe holt, wird das applaudiert.» Frauen dagegen müssten doppelt abliefern – und bekämen halb so viel Anerkennung, betont auch die als Jordan Napieray geborene Brandenburgerin Badmómzjay.
Künstlerinnen wie Kauta haben gelernt, sich von der ständigen Bewertung nicht beeinflussen zu lassen. «Man behauptet über mich schon alles», so die Bonnerin mit bürgerlichen Namen Kaouthar Boulfazat. «Aber ich geb dem einfach keine Macht.»
Badmómzjay sieht es ähnlich: «Ich kann singen, ich kann rappen, ich bin mal emotional, ich bin mal rough.» Sie könne für sich alles sein im Rap. «Ich mache einfach, was ich möchte.»
Sonderkategorie Frauen-Rap? Rap war nie ausschliesslich Männersache, aber Frauen mussten lange Teil einer Crew sein, um überhaupt sichtbar zu werden. Auch heute – trotz Millionen Klicks in den sozialen Medien und ausverkaufter Shows von Künstlerinnen wie Shirin David, Domiziana oder Badmómzjay heisst es oft: Female Rap sei eine Nische.
«Je öfter ich auf der Bühne stand, desto mehr Resonanz kam – von Frauen, queeren Leuten, auch von Jungs.»
Rapperin Wa22ermann
«Je öfter ich auf der Bühne stand, desto mehr Resonanz kam – von Frauen, queeren Leuten, auch von Jungs», sagt die als Summan Tariq geborene Rapperin Wa22ermann. Repräsentation hilft nicht nur aufstrebenden Künstlerinnen, sondern auch der Szene insgesamt. Für die Berlinerin ist es nämlich so: Sobald weiblicher Rap als Sonderkategorie wahrgenommen werde, sei er nicht mehr Teil der grösseren Szene.
«Als wär ich nur so gut, wie die letzte Rapperin – und nicht wie die Besten im Game.» Ihre Rap-Kollegin Erda sagt: «Bei Männern ist die Szene breiter – da klingt die Hälfte ähnlich, aber es wird einfach als Vielfalt gefeiert», so die aufstrebende Kosovo-Albanerin. Ein Widerspruch, mit dem sie alle leben müssen.
Hype, Haltung, Hashtags Tiktok hilft den Künstlerinnen Sichtbarkeit zu bekommen, bleibt aber ein zweischneidiges Schwert: Viele gehen wie Doja Cat, Doechii oder Ikkimel viral – doch oft bleibt es beim Hype, man feiert sie mit den Trends und hört selten deren Message mit.
Domiziana spricht von einer oberflächlichen Wahrnehmung weiblicher Kunst. «Wenn wir provozieren, heisst es, das sei kalkuliert. Der Inhalt wird ignoriert.» Dass die Freiburgerin Domiziana Helga Gibbels Jura studiert hat, sorgt bei manchen für Verwunderung – als sei akademische Bildung mit Rap unvereinbar. Genauso bei der Berlinerin Ikkimel («Keta und Krawall»), die mit ihrer Bildsprache polarisiert und damit überraschte, dass sie neben viralen Clips auch einen Uniabschluss vorzeigen konnte. Ihr umstrittener Bühnenmoment, bei dem sie einem Mann eine Hundemaske aufzog und in einen Käfig setzte, sorgte für Aufregung – während halb nackte Frauen in Rapvideos kaum jemanden stören.
Alte Muster, neue Gesichter Die Geschichte des Rap kennt viele solche Vorstösse. Eine Wegbereiterin für viele, die nach ihr kamen, war die Rapperin Roxanne Shanté, die in den 80ern als Mitglied der legendären Juice Crew - und mit gerade einmal 14 Jahren - in der Rapszene Bekanntheit erlangte. In den 90ern zeigte dann die US-Rapperin Lil’ Kim: Sexy sein und Rap schliessen sich nicht aus. Die hochtalentierte Lauryn Hill sorgte für die softe Mischung mit R&B. Und Wut zeigten damals viele, die über Drogen, Politik oder Männer sangen.
So setzte jüngst auch Nina Chuba («Wildberry Lillet») ein Statement mit ihrem Track «Rage Girl». Dabei versammelte die 26-Jährige Rapperinnen wie Badmómzjay, Kauta, Kayla Shyx und Esther Graf. Im Video heisst es, «einmal wütend sein wie ein Mann». Es mag wie ein Slogan klingen, ist aber eher Befreiungsschrei. Oder Marketing? Auch möglich. Aber vor allem ein Zeichen: Wut gehört auch zum weiblichen Repertoire.
«Es ist eine grosse Motivation von mir, unterschätzt zu werden», sagt Kauta, die Rap mit Pop verbindet. Die strukturellen Hürden seien noch da, aber man sei auf dem besten Weg. Viele Frauen im Rap teilen diese Hoffnung. Denn: Rap war nie exklusiv männlich. Aber er war lange viel zu ungerecht verteilt. Von Sabina Crisan, dpa
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