Hassgewalt gegen Schweizer LGBTIQ – Zahl der Fälle hoch wie nie
Mehr trans Personen melden Angriffe
Im Jahr 2022 wurden der LGBTIQ-Helpline 134 queerfeindliche Angriffe und Diskriminierungen gemeldet. Das sind fast drei Meldungen pro Woche und damit so viele wie noch nie.
134 Angriffe gegen LGBTIQ – und die Dunkelziffer ist hoch, melden die Organisationen Transgender Network Switzerland (TGNS), Lesbenorganisation Schweiz (LOS), Pink Cross und die LGBTIQ-Helpline in einer gemeinsamen MItteilung.
Die Zahlen zeigten deutlich, dass besonders trans Personen vermehrt Hate Crimes melden. So stamme fast ein Drittel der Meldungen von trans Personen und davon die meisten von nicht binären Personen. Diese Entwicklung sei auch auf die zunehmenden Feindseligkeiten von Politik und Medien besonders gegenüber nicht binären Personen zurückzuführen.
Die meisten Meldenden (80%) schätzten laut Mitteilung, dass sie aufgrund ihrer tatsächlichen oder angenommenen sexuellen Orientierung Opfer von Hate Crimes geworden sind. Zudem geben 42% ihr Geschlecht, beziehungsweise ihre Geschlechtsidentität als möglichen Beweggrund an. In einem Drittel der Fälle (31%) zeigt sich ausserdem der Geschlechtsausdruck als massgebend. Viele hätten in ihren Beschreibungen der Vorfälle angegeben, dass sie durch ihre Sichtbarkeit als queere Personen angegriffen wurden.
Häufig zeige sich dabei, dass Täter*innen auf Verhalten und Äusseres reagieren, dass von einer cis-heterosexuellen Norm abweiche oder nicht stereotypen Geschlechterrollen entspreche. Die LGBTQ-Dachverbände fordern Politik und Zivilgesellschaft dringend zum Handeln auf.
Jedes Jahr am 17. Mai, dem IDAHOBIT veröffentlichen die LGBTQ-Dachverbände Transgender Network Switzerland (TGNS), Lesbenorganisation Schweiz (LOS) und Pink Cross den Bericht zu LGBTQ-feindlichen Hate Crimes in der Schweiz. Dieser basiert auf Meldungen bei der LGBTIQ-Helpline, der Meldestelle für Hate Crimes und Peer-Beratungsstelle für LGBTIQ-Personen.
Seit einigen Jahren sei bekannt, dass LGBTQ-feindliche Hate Crimes in der Schweiz alltäglich sind. Nun habe sich die sichtbare Situation nochmals deutlich verschärft: Besonders Angriffe gegen trans Personen werden immer häufiger gemeldet. Da bei Angriffen gegen trans Personen von einer besonders hohen Dunkelziffer ausgegangen werden muss, lässt sich daraus allerdings nicht mit Sicherheit ableiten, ob auch tatsächlich mehr Hate Crimes verübt wurden.
Alecs Recher, Leitung Rechtsberatung und Advocacy von TGNS, erläutert: «In den letzten Monaten werden die Existenzberechtigung und die elementarsten Rechte von trans Personen, und ganz besonders von nicht-binären Personen und von Jugendlichen, zunehmend öffentlich in Frage gestellt. Dass sich auch der Bundesrat und Medien aktiv daran beteiligen, diesen Nährboden für Gewalt und Diskriminierung zu bereiten, ist absolut inakzeptabel. Denn diese feindliche Grundstimmung wirkt sich fatal auf die Sicherheit und die psychische Gesundheit von trans Menschen aus, wie die Zahlen leider deutlich zeigen. Vor allem im öffentlichen Raum erleben trans Menschen besonders viel Feindlichkeit.» Es sei dringend, dass der Staat mit der Zivilgesellschaft zusammenarbeite und die Organisationen unterstütze, um der tagtäglichen Transfeindlichkeit entgegenzuwirken.
Die meisten gemeldeten Übergriffe finden auf der Strasse bzw. im öffentlichen Raum statt.
Die LGBTQ-Dachverbände sind besorgt über die aktuellen Entwicklungen. Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross, sagt: «Ein Angriff auf trans Personen ist immer auch ein Angriff auf die ganze LGBTQ-Community! Ich erhoffe mir von der Gesellschaft, dass sie die Rechte von trans Menschen ebenso unterstützen, wie sie die Ehe für alle unterstützt hat. Nur gemeinsam können wir eine Gesellschaft schaffen, die frei ist von rückständigen Geschlechterrollen. So können alle Menschen freier leben.»
Doch um dies zu erreichen, sind Bund und Kantone gefordert, nicht nur Massnahmen zu versprechen, sondern auch zu handeln: «Vor knapp einem Jahr wurde das Postulat für einen nationalen Aktionsplan gegen LGBTQ-Feindlichkeit angenommen. Der erste Austausch mit dem Eidgenössischen Büro für Gleichstellung (EBG) zur Umsetzung dieses Postulats fand bereits statt – wir hoffen, diese Zusammenarbeit in Zukunft noch auszubauen», so Salome Trafelet von der Geschäftsstelle der LOS zuversichtlich.
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