Neue Option bei Grindr: «I’m a Side»
Für alle, die sich nicht als «Tops», «Bottoms» oder «Versatiles» identifizieren
Die weltgrösste Dating-App für schwule Männer bzw. Männer, die mit Männern Sex haben wollen, hat die neue Option «Side» zur Selbstbeschreibung eingeführt, als Alternative zu «Top», «Bottom» und «Versatile».
Noch nie von dem Begriff gehört? Er wurde populär gemacht vom US-amerikanischen Therapeuten Joe Kort, Gründer von The Center for Relationship and Sexual Health in Royal Oak, im Bundesstaat Michigan.
Bereits 2013 führte er das Wort in einem Artikel in der HuffPost ein – und zwar als Opposition zur Idee, dass Analsex das A und O sei für Männer, die Sex miteinander haben wollen. (MANNSCHAFT berichtete, wie man ohne Schmerzen mehr Spass am Analsex haben kann.)
Es ging – und geht – darum, all jenen, die keinen Analsex wollen (aus welchen Gründen auch immer) das Gefühl zu geben, trotzdem dazu zu gehören. Denn für viele in der Gay Community gelte Analsex als Standard, und alle, die sich nicht in die verschiedenen Analsex-Positionen einordnen lassen (oder wollen) seien, laut Kort, «unsichtbar» oder «missverstanden». Mit diesen zitierten Begriffen berichtet das LGBTIQ-Nachrichtenportal Pink News darüber.
«Durchbruch für die Side-Community» Dass Identitätssuchende nun «Side» als vierte Option bei Grindr haben, sei laut Kort ein «Durchbruch für die Side-Community». Denn nun können sich die rund vier Millionen Männer, die Grindr täglich nutzen und nicht auf Analsex stehen, als «Side» bezeichnen.
Während Kort auf Twitter schrieb, dass er «so stolz» darauf sei, dass dieser Begriff nun von Grindr übernommen wurde, bleibt die Frage, was damit eigentlich gemeint ist.
Dass Analsex nicht der Anfang und das Ende von Gay Sex ist, müsste eigentlich jeder halbwegs emanzipierte Mensch wissen – und dass Penetration nicht die Grundvoraussetzung für Sex ist (wie Bill Clinton einst argumentierte, als er verneinte, mit Praktikantin Monica Lewinsky Sex gehabt zu haben), sollte sich in aufgeklärten Kreisen auch herumgesprochen haben. Oder doch nicht?
Kort sieht das anders. Für ihn seien «Tops» und «Bottoms» seit der griechischen Antike das «Konzept», das die queere Welt geformt habe. Und «Bottoms», so Kort, seien oft mit dem frauenfeindlichen Stigma der «Verweichlichung» belastet worden. Als sei es eine «Schwäche», penetriert zu werden. (MANNSCHAFT berichtete über das Phänomen der neuen Power-Bottoms.)
Bahnbrechende Publikation von Edmund White Da ist es fast egal, dass Edmund White und Charles Silverstein bereits in den 1970er-Jahren in ihrem Buch «The Joy of Gay Sex: An Intimate Guide for Gay Men tot he Pleasures of a Gay Lifestyle» solche Vorurteile aus dem Weg geräumt hatten und für einen selbstbewussteren Umgang mit sexuellen Positionen plädierten.
Was ist «authentischer» oder «echter» Sex? Ungeachtet solch historischer Vorkämpfer behauptet Kort, dass Männer, die Analsex «empfangen», oft von Schamgefühlen geplagt würden. Und dass diejenigen, die sich nicht als «Tops», «Bottoms» oder «Versatiles» fühlten, glauben würden, irgendwie keinen «authentischen» oder «echten» Sex zu haben.
Einsamkeit sei die Folge für viele «Sides», argumentiert Kort. Ob sich der Begriff auf eine «Seitenlage» bei der 69-Position bezieht? Oder wäre die deutsche Übersetzung Blümchensex, weil damit alles ausser Penetration gemeint ist? Ist Blümchensex zu abwertend und negativ konnotiert für «Sides»?
Und entsteht für «Sides», die lieber Oralsex haben, jetzt der emotionale Stress, dass sie besondere Deep-Throat-Qualitäten haben müssen, um «authentischen» und «echten» Sex zu haben (der mit Porno-Vorbildern konkurrieren kann)? (MANNSCHAFT berichtete über die sogenannten Nuller-Schwulen, die Angst vor Analsex haben.)
Spannende Kommentare zu YouTube-Video Auf YouTube wurde letzten Monat ein Video hochgeladen, in dem «Side» als Konzept von drei Männern erklärt wird. Besonders spannend sind dabei die 890 Kommentare. Da kann man u.a. lesen: «Endlich! Das Konzept, dass es nur um Analsex bei schwulen Männern geht muss überwunden werden.»
Oder: «Ja, Oralsex ist auch Sex!» Man möchte diesen jungen queeren Männern fast raten, sich etwas intensiver mit dem zu beschäftigen, was vor zwei Generationen eigentlich schon geklärt wurde.
Auf Anfrage teilte Planet Romeo MANNSCHAFT mit, dass dort keine vergleichbare Option eingeführt werde. In einem Antwortschreiben heisst es: «Täglich erhalten wir zahlreiche Vorschläge, so dass es unmöglich ist, sie alle umzusetzen. Wir verstehen deine Idee, aber im Moment haben wir nicht die Absicht, diese Funktion zu implementieren.»
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