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Der Ostschweizer, der mit seinen Kostümen Hollywood eroberte

René Hubert feierte in den goldenen Jahren des Filmgeschäfts grosse Erfolge

René Hubert
René Hubert in seinem Atelier bei Paramount Pictures, 1932 (Bild: Collection Cinémathèque Suisse)

Kaum ein anderer Schweizer war als Kostümbildner so erfolgreich wie er: René Hubert wirkte in gegen 200 US-amerikanischen und europäischen Spielfilmen mit, entwarf Kleider für Theater und Music Halls und arbeitete als Mode-, Interior- und Produkt­­designer. Noch bis 20. Juni widmet das Museum für Gestaltung Zürich dem nach eigenen Angaben letzten Geliebten von Rudolph Valentino die Werkschau «René Hubert – Kleider machen Stars».

René Hubert (1895–1976) kannte jeden Trick, wie man Schauspieler*innen und Tänzer*innen auf der Leinwand oder auf der Bühne wirkungsvoll in Szene setzt, wie man ihre körperlichen Mankos kaschiert und ihre Kostüme in einer Szene optisch aufeinander abstimmt. Und wie man einer Handlung gerecht wird und die Atmosphäre einer Epoche und eines Milieus möglichst stimmungsvoll wiedergibt.

Dies alles auf eine Reihe zu kriegen, ist eine Kunst, die der Mann aus St. Gallen mit Bravour beherrschte. Ab Mitte der Zwanzigerjahre setzte er in Hollywood zu einer Karriere an, die ihm ein grosses Renommee verschaffte und viele Türen öffnete. Während seinen vierzig Jahren im Filmgeschäft verfolgte er als Insider, wie der Tonfilm den Stummfilm ablöste, der Farbfilm langsam den Schwarzweissfilm verdrängte – und wie sich die ständigen technischen Verbesserungen auch auf seine Arbeit auswirkten. LGBTIQ-Menschen lebten im goldenen Zeitalter Hollywoods versteckt, einen Einblick liefert die Doku «Making Montgomery Clift» (MANNSCHAFT berichtete).

Händchen für Glamour

Zum Film kam René Hubert in Paris. Bereits als Kunststudent gestaltete er dort Kostüme für Revuetheater und Kleider für Haute-Couture-Häuser. Im Herbst 1924 wurde er eingeladen, Gloria Swanson Entwürfe für ihr Grossprojekt «Madame sans-gênes» zu präsentieren. Die damals bestbezahlte Stummfilmdiva und Mitproduzentin des französisch-amerikanischen Films war von seinen Entwürfen so begeistert, dass sie ihn vom Fleck weg engagierte und nach den Dreharbeiten in Paris mit nach Hollywood nahm. In ihrem Team machte sie ihn für ihre berufliche wie private Garderobe verantwortlich – und lancierte seine Filmlaufbahn. Innerhalb kürzester Zeit wurde er zu einem der gefragtesten Filmkostümbildner seiner Zeit.


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René Hubert, Filmkostüm für Jean Simmons in Désirée, US 1954 (Bild: Collection Cinémathèque Suisse)

Dank seinem Hang für Opulenz und Glamour war Hubert prädestiniert für die Traumfabrik, vor allem für Historienfilme oder Musicals. Er prägte jedoch Werke aller möglichen Genres und kleidete Weltstars ein wie Gloria Swanson, Marlene Dietrich, Vivien Leigh, Ingrid Bergman, Cary Cooper oder Marlon Brando – um nur ein paar zu erwähnen. Und er arbeitete mit Top-Regisseuren wie Fritz Lang, René Clair, Alexander Korda, Ernst Lubitsch, Alfred Hitchcock oder Otto Preminger.

Geboren wurde René Hubert unter dem Namen René Eugen Huber am 7. Oktober 1895 in Frauenfeld. Aufgewachsen ist er in St. Gallen, absolvierte dort eine Stickereizeichnerlehre. 1916 machte er sich auf nach Paris, um an der Ecole des Beaux-Arts Kunst zu studieren, und legte sich den Künstlernamen Hubert zu.

Wanderer zwischen den Welten

Nach seinen ersten Erfolgen in den USA filmte Hubert auch in Berlin, Paris und London – und dazwischen immer wieder in Hollywood. Dort wurde er nach Beginn des Zweiten Weltkriegs für zehn Jahre sesshaft und drehte einen Film nach dem andern, zumeist im Einsatz für teure Produktionen. Nach 1950 arbeitete er fürs Kino nur noch für ein paar Prestigeprojekte und wurde zweimal für den Kostüm-Oscar nominiert (der erst ab 1948 vergeben wird): 1955 für «Désirée» mit Jean Simmons und Marlon Brando und 1965 für seinen letzten Film «The Visit» mit Ingrid Bergman und Anthony Quinn.


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René Hubert, Filmkostüme für Kenneth Villiers und Raymond Massey in Things to Come, UK 1936, (Bild: Collection Cinémathèque Suisse)

In der Schweiz bekannt wurde Hubert als Kostümdesigner des Modetheaters an der Schweizerischen Landesausstellung 1939 in Zürich. In den Fünfzigerjahren verlegte er seinen Wirkungskreis vermehrt in seine Heimat, wurde Hausdesigner von Swissair und arbeitete für Schweizer Firmen wie Bally, Stoffel oder Jelmoli – und dazwischen immer wieder für Musiktheater in Paris oder London.

Geliebter von Rudolph Valentino

Bereits vor seiner schicksalshaften Begegnung mit Gloria Swanson sammelte Hubert erste Erfahrungen im Filmgeschäft. 1923 holte ihn des Shubert Theatre für eine Revue nach New York, wo er Rudolph Valentino kennenlernte. Der umschwärmte Stummfilmstar – Prototyp des Latin Lovers – beauftragte ihn, in Museen Kostüme von Gemälden abzumalen, sodass sie für den Valentino-Historienfilm «Monsieur Beaucaire» adaptiert werden konnten. In den «Credits» wird eine solche Arbeit nicht erwähnt.

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René Hubert, Uniform für die Swissair-Bordstewardessen, 1966 (BIld: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/Stiftung Luftbild Schweiz)

Mit dem gleichaltrigen Valentino soll Hubert auch eine Liaison verbunden haben. Der Wiener Universalkünstler André Heller, der ihn in den frühen Siebzigerjahren in Marokko kennengelernt hatte, erzählte davon 2006 in einem Interview im österreichischen Magazin «Profil». Darin schildert Heller seine Begegnung mit einem «etwas bizarren, sehr altmodischen homosexuellen Herrn namens René Hubert, der mit seinem marokkanischen Geliebten durch dieses gewaltige Land flanierte». Und ergänzt: «Er war der letzte Geliebte des 1926 früh verstorbenen Rodolfo Valentino gewesen.»

Erste Werkschau 45 Jahre nach Huberts Tod

Diese Aussage konnte nicht verifiziert werden. Über Huberts Privatleben ist ohnehin wenig bekannt. Das hat wohl auch damit zu tun, dass schwule Männer zu seinen Lebzeiten äusserst diskret sein mussten, weil Homosexualität in den meisten Ländern illegal war. Für die letzten 16 Jahre seines Lebens bezog René Hubert einen festen Wohnsitz in Zürich-Affoltern. Dort lebte er bis zu seinem Tod am 5. Juni 1976 zusammen mit seinem griechischstämmigen Lebenspartner Georges Stamatiadis (1924–1978), einem Kaufmann und Übersetzer.

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René Hubert, Filmkostüm für Shirley Temple in Curly Top, US 1935 (Bild: Collection Cinémathèque Suisse)

Über 45 Jahre nach Huberts Tod zeigt nun das Museum für Gestaltung Zürich zum ersten Mal einen Querschnitt seines Lebenswerks und bringt dafür seine Originalkostüme mit entsprechenden Filmausschnitten und inszenierten Film Stills zusammen. Ergänzt durch Werkfotos und Entwurfszeichnungen, gibt die Schau zudem Einblick in die Ateliers und Arbeitsweisen der Kostümbildner. Im April sind Huberts Kostüme auch im Zürcher Filmpodium zu bewundern, das eine Auswahl seiner Filme präsentiert.

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Eines der letzten Fotos von René Hubert (links) mit seinem Lebenspartner Georges Stamatiadis und einer unbekannten Dame, zirka 1975. (Bild: privat/zvg)

Museum für Gestaltung Zürich: «René Hubert – Kleider machen Stars» (19.3.–20.6.2021)

Ein ausführlicheres Porträt von René Hubert gibt es auf Schwulengeschichte.ch; die Liste seiner Filme kann in der Internet-Movie-Database imdb.com nachgeschlagen werden.

Mit bestem Dank an Rolf Ramseier, der den Teilnachlass von René Hubert im Januar 2021 an die Cinémathèque Suisse und das Museum für Gestaltung verkaufte, und an dessen Kurator Andres Janser.


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