«Menschenrechte queerer Katholik*innen mit Füssen getreten»
Der Synodale Weg hat am Wochenende seine vierte Synodalversammlung beendet
Nach dem Schock über die am Votum konservativer Bischöfe gescheiterte Verabschiedung eines Grundlagentextes zur katholischen Sexualmoral hat die Initiative #OutinChurch an die Reformwilligen appelliert.
Am Donnerstag war auf der Synodalversammlung des Katholischen Reformprozesses in Frankfurt ein wichtiger Text gescheitert, weil die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit der deutschen Bischöfe nicht zustande kam (MANNSCHAFT berichtete). Insgesamt hatte der Text dagegen eine Zustimmung von 82 Prozent erhalten.
Mehrere Bischöfe hatten bereits darauf hingewiesen, in ihren Bistümern die Inhalte des Textes umsetzen zu wollen. «Die Spaltung ist da, sie ist nicht zu überwinden», sagte die Religionslehrerin Mirjam Gräve, die auch zu den Beratern des Synodalen Wegs gehört, am Montag.
Bereits auf der Synodalversammlung war darauf hingewiesen worden, dass sich nun eine «Kirche der zwei Geschwindigkeiten» in Deutschland abzeichne – je nachdem, wie reformwillig der jeweilige Ortsbischof sei. (MANNSCHAFT berichtete über trans Mann und Religionslehrer Theo Schenkel, der sich mit vielen anderen in der katholischen Kirche geoutet hat.)
«Schlag ins Gesicht» Gräve weiter: «Die Abstimmung zum Grundtext zu den Grundlinien einer erneuerten Sexualethik war ein Schlag ins Gesicht für queere Menschen. Eine weitere Ausgrenzungs- und Diskriminierungserfahrung.»
Hendrik Johannemann, Berater im Synodalforum IV und Aktivist bei #OutInChurch ergänzt: «Viele der Bischöfe, so scheint mir, haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, mit offenem Herzen, mit wachem Auge für das Wirken des Heiligen Geists zu prüfen, was wir im Grundtext zu einer veränderten Sexuallehre der römisch-katholischen Kirche vorgelegt haben. Sie wollen das Schlechte, das Böse, das Verletzende, das Ausschliessende, das Menschenverachtende dieser unseligen Lehre behalten.»
Johannemann fährt fort: «Und ja, diese 21 Bischöfe haben in diesem Moment Verachtung gezeigt – nicht nur für die prekäre Situation so vieler von Diskriminierung betroffener Menschen in der Kirche, sondern auch für ein synodales Miteinander und synodale Prozesse an sich, wie sie sich Papst Franziskus eigentlich für unsere Kirche vorstellt. Von den ablehnenden Bischöfen hat fast keiner die Beteiligungsmöglichkeiten des Synodalen Weges genutzt. Sie haben keine Änderungsanträge gestellt, sie haben sich in der Debatte am Donnerstag grösstenteils ausgeschwiegen.» (MANNSCHAFT berichtete über eine mögliche #OutinChurch-Aktion in der Schweiz.)
«Vielleicht war das ein Weckruf» Gräve fügt hinzu: «So bitter es klingen mag, vielleicht war das auch ein Weckruf. Vielleicht musste unser Grundtext scheitern, damit danach andere Beschlusstexte durchgingen. Vielleicht waren wir das Bauernopfer. Nach dem jahrzehntelang währenden Kampf von Frauen in der Kirche, nach der MHG-Studie und nach #OutInChurch haben die Bischöfe kein Recht mehr naiv zu sein.»
Gräve fragt: «Wie können einige der Bischöfe uns noch unter die Augen treten? Wie können sie noch Betroffenen von sexueller Gewalt unter die Augen treten?»
Bernd Mönkebüscher, Pfarrer in Hamm sagt: «Wir haben aus dem Gespräch von #OutInChurch mit dem Vorsitzenden der DBK im Rahmen der Frühjahrsvollversammlung der DBK die Worte und die Zusage von Bischof Bätzing im Ohr, dass es bei einem Scheitern von Texten eine ‹Koalition der Willigen› braucht. Genau das braucht es jetzt in Bezug auf das Grundsatzpapier des Forums IV, wie für Bistümer, die eine solche Koalition der Willigen bilden, das Grundsatzpapier handlungsweisend wird.»
Jedes Kirchenmitglied sei nun gefragt, sich zu «verhalten», meint Mönkebüscher. Die Abstimmungen seien öffentlich, die Haltungen der Bischöfe auch. (In Bezug auf eine #OutinChurch-Initiative in Österreich gibt es ebenfalls Handlungsbedarf, berichtete MANNSCHAFT.)
«Haben Sie einen Plan B?» Professorin Gunda Werner von der Ruhr Universität Bochum betont: «Wir haben beim Treffen mit den Bischöfen in Vierzehnheiligen im März angeboten, die Bischöfe mit unserer Expertise zu beraten. Wir haben damals deutlich gemacht, dass wir zu weiteren Gesprächen bereit sind, wenn die Bischofskonferenz sich in unsere Richtung bewegt hat. Beides ist nicht geschehen.»
Werner fragt die Bischöfe: «Haben Sie einen Plan B, wenn es keine Koalition der Willigen – wenigstens für die Grundordnung – gibt?»
Jens Ehebrecht-Zumsande aus Hamburg betont: «Das Vertrauen vieler LGBTIQ-Katholik*innen in die deutschen Bischöfe ist durch die Vorgänge in der Synodalversammlung nachhaltig zerstört. Wie sollen wir den Bischöfen noch ernsthaft vertrauen, dass sie die abgestimmten Handlungstexte wirklich umsetzen, oder sich für die Weiterentwicklung der Sexualmoral auch in Rom einsetzen?»
Von der Initiative #OutInChurch werde man Papst Franziskus nun selbst schreiben und ihm Änderungsvorschläge für den Katechismus vorlegen, heisst es in einer Pressemitteilung vom Montag, die eine ernüchternde Bilanz der Vierten Synodalversammlung des Synodalen Weges zieht.
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