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Mehr LGBTIQ, mehr Frauen! Oscars werden vielfältiger

Schonfrist bis 2024: Ernst wird es ab der 96. Gala

Oscars
Eine Szene aus dem kenianischen Film «Rafiki»

Die Oscars sind zu weiss. Zudem gibt es unter den Preisträger*innen zu wenig Vielfalt und zu viele Männer. Diese Kritik muss sich die zuständige Akademie seit Jahren anhören. Nun gibt es neue Regeln für die Kategorie Best Picture.

Über Jahre gab es Kritik. Die Oscars, die weltweit begehrtesten Filmpreise, seien zu weiss und zu Männer-lastig, Minderheiten würden oft übersehen. Kein Wunder: Die Academy mit ihren über 9000 Mitgliedern, die alljährlich die Oscar-Preisträger*innen wählen, setzte sich traditionell aus überwiegend männlichen Mitgliedern weisser Hautfarbe zusammen. Im Juni 2020 folgte das Versprechen, durch neue Massnahmen Vielfalt und Gleichstellung in den eigenen Reihen und bei Oscar-Verleihungen zu fördern.

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Eine Taskforce der Filmakademie werde Ideen um Gesichtspunkte wie Inklusion und Diversität entwickeln, hiess es. Jetzt der historische Schritt: Mit neuen Standards bei der Oscar-Vergabe will der Verband in der Top-Sparte Bester Film mehr Vielfalt erzwingen.

Bemühungen und Beteuerungen sind nicht mehr genug, nun gibt es klare Vorschriften. Wie die Academy of Motion Picture Arts and Sciences am Dienstagabend (Ortszeit) mitteilte, müssen Bewerber für den Hauptpreis des Oscar-Wettbewerbs künftig mindestens zwei Diversity-Kriterien erfüllen, um sich zu qualifizieren.


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Den Filmproduzenten stehen dabei mehrere Optionen offen. Sie können unter insgesamt vier Standards wählen. Die reichen von der Rollenbesetzung über Inhalte bis zu Vielfalt im Produktions- und Marketingteam und der Förderung von Minderheiten durch Praktika und Lehrstellen.

Eine Darstellerin oder ein Darsteller in einer wichtigen Rolle könne etwa einer Minderheit angehören, etwa afroamerikanischer, asiatischer, hispanischer oder indigener Abstammung sein. Als weiteres Kriterium führt die Academy inhaltliche Aspekte an: Filmbeiträge sollten demnach ein Thema behandeln, das sich um Frauen, Minderheiten, Menschen mit Behinderungen oder LGBTIQ-Inhalte dreht. Als weitere mögliche Standards stellt der Filmverband Diversitätsquoten für die gesamte Rollenbesetzung oder für das Produktionsteam zur Auswahl.

All dies gilt ab der 96. Oscar-Verleihung in vier Jahren. Wer dann einen Film in der wichtigstens Sparte Best Picture einreichen möchte, muss mindestens zwei dieser Standards nachweislich erfüllt haben. Ab 2022 sollen Anwärter für den Besten Film gewissermassen als Probelauf ihre Diversitäts-Pluspunkte angeben. Für die Oscars 2021, die wegen der Corona-Pandemie statt wie üblich im Februar erst Ende April vergeben werden, gibt es keine neuen Auflagen.


Man habe sich, so die Oscar-Akademie, einige Ideen für die neuen Regeln beim renommierten British Film Institute (BFI) abgeschaut. «Wir glauben, dass diese Inklusionsstandards ein Katalysator für dauerhaften, wichtigen Wandel in unserer Industrie sein werden», sagten Academy-Präsident David Rubin und Geschäftsführerin Dawn Hudson in der gemeinsamen Erklärung.

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Mit dem Hashtag #OscarsSoWhite kochte die Kontroverse um die mangelnde Vielfalt und die Anerkennung schwarzer Talente in Hollywoods Filmgeschäft immer wieder hoch. Als 2016 zum zweiten Mal hintereinander keine Afroamerikaner in den vier begehrten Schauspielerkategorien nominiert wurden, reagierte der Filmverband auf die massive Kritik und kündigte «historische Massnahmen» an.

So lädt die Akademie nun jedes Jahr deutlich mehr Frauen und unterrepräsentierte ethnische Gruppen als neue Mitglieder ein, um einen Wandel herbeizuführen. Im Zuge der Rassismusdebatte in den USA nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd und der #BlackLivesMatter-Bewegung gab der Verband im Juni bekannt, man werde Mitgliedern Kurse und Gesprächsrunden anbieten, um Voreingenommenheit abzubauen und Diskriminierung anzusprechen.

Bei der letzten Oscar-Verleihung im Februar war die Gala unter Druck geraten, als in der Sparte Beste Regie nur Männer nominiert wurden, obwohl es mit Regisseurinnen wie Greta Gerwig («Little Women»), Lulu Wang («The Farewell») oder Lorene Scafaria («Hustlers») reichlich Auswahl gab. Am Ende gab es aber einen historischen Sieg des Südkoreaners Bong Joon Ho, der mit der Gesellschaftssatire «Parasite» vier Trophäen abräumte. Der Oscar für den besten Film ging zum ersten Mal nach Südkorea.

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Auch bei der Berlinale tut sich etwas: Die Schauspielpreise sollen künftig nicht mehr nach Geschlechtern getrennt an eine beste Darstellerin und einen besten Darsteller gehen, sondern für die beste Haupt- und Nebenrolle vergeben werden. Das sei ein Signal für ein gendergerechteres Bewusstsein in der Filmbranche. Der Bundesverband Schauspiel sieht hier allerdings einen Rückschritt im Kampf um Gleichberechtigung.


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