«Die Bauern haben andere Probleme als mein Schwulsein»

Marco Fritsche moderiert die Erfolgssendung «Bauer, ledig, sucht…» bereits zum 15. Mal

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Seit 2008 finden in der Doku-Soap «Bauer, ledig, sucht…» Bauern und Bäuerinnen aus der Schweiz ihr Liebesglück. Seit der zweiten Staffel moderiert der Appenzeller Marco Fritsche die Sendung, die bereits in die 16. Runde geht.

12 Jahre, 20 Hochzeiten, 26 Kinder. Die Bilanz von «Bauer, ledig, sucht…» ist beeindruckend. Von Marco Fritsche wollten wir wissen, wie die Sendung unter Corona-Vorzeichen funktioniert und ob er sich ein Leben auf dem Bauernhof vorstellen könnte.

Marco, seit bald 12 Jahren verhilfst du Bauern und Bäuerinnen zu ihrem Liebesglück. Klingt schon fast nach einer Lebensaufgabe. Das ist etwas hochgegriffen. (lacht) Es ist ein Job, der gut zu mir passt oder ich passe gut zum Job. «Lebensaufgabe» klingt etwas stark nach Mutter Theresa. Ich mag was ich tue und wenn es den Bauern und Bäuerinnen hilft, umso besser.

Am 20. August startet bereits die 16. Staffel von «Bauer, ledig sucht» im Fernsehen. Inwiefern hat die Corona-Krise die Dreharbeiten beeinflusst? Eigentlich startet der Dreh jeweils im Frühling mit der traditionellen «Stubete». (Markiert bei «Bauer, ledig, sucht…» das erste Kennenlernen zwischen den Bauern und Bäuerinnen. Sie müssen sich nach einem Apéro für eine*n Hofdame/Hofherr entscheiden, Anm. d. Redaktion). Dabei treffen die 8-10 Bauern und Bäuerinnen auf ihre Hofdamen- und Herren. Es war immer schön, einen gemeinsamen Start in der Gruppe zu haben. Dieses Jahr konnte sie natürlich nicht stattfinden. Also haben Christa Rigozzi und ich direkt die Hoftour gemacht und den Bauern die Briefe gebracht. Wegen Corona konnten wir aber auch erst später angefangen. Da wurde die Zeit schon etwas knapp, weil Christa noch in die Ferien ging. Es ist nach 15 Staffeln die erste ohne «Stubete». Ich hatte zuerst etwas Bammel, ob das gut kommt, aber die Sendung hat so mehr Drive.

Speziell war natürlich auch das Setting. Alle hinter der Kamera trugen Masken. Die Bauern und Bäuerinnen vor der Kamera wurden alle getestet. Ich wurde sechs Mal auf Corona getestet. Und es war auch immer einer da, der schaute, dass wir die Abstandsregeln am Set einhalten.

«Bis vor zwei Jahren habe ich ein Doppelleben geführt»

Auch nach 15 Staffeln bleibt die Sendung beim Publikum beliebt. Warum ist das so?  Es ist natürlich schön. Heute ist es eher selten, dass ein Format so lange überlebt. In der Schweiz funktioniert dieses Format besonders gut. Jeder hat einen Bezug zum Landleben, angefangen beim Besuch bei den Grosseltern, Wanderungen oder Märit. Das Bauernleben ist heute beliebter als noch vor 12 Jahren. Der Hype um Nachhaltigkeit und Selbstversorger hat das Leben auf dem Land attraktiver gemacht. Das merke ich auch in der Sendung: Junge Bauern hatten früher nicht so viele Briefe. Das hat sich geändert, heutzutage bekommen sie mehr Post. Die Frauen können sich ein Leben auf dem Land besser vorstellen.

Die Sendung wird aus ganz unterschiedlichen Gründen geschaut. Die WG in der Stadt macht daraus vielleicht ein Trinkspiel, andere schauen wegen dem Sissi-Effekt: Kommen zwischen der Hofdame und dem Bauer Gefühle aus? Kommen sie zusammen? Von befreundeten Bauern weiss ich, dass sie sich achten, wie der Bauer seinen Hof betreibt und wie sauber er ist. Es hat für alle etwas dabei.

Worauf können sich die Zuschauer*innen bei dieser Staffel besonders freuen? Dass es wieder los geht, dass es überhaupt wieder los geht. Wir haben wieder eine coole Mischung von Bauern. Sehr viele junge, 25 bis 30-Jährige aber natürlich auch ältere. Es ist ein guter Mix. Mein persönliches Highlight ist aber das Team hinter der Kamera. Wir haben uns jetzt 4-5 Monate nicht gesehen, da war die Freude beim Wiedersehen schon gross.

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Wie ist es, dein neues Single-Leben? Gut. Es ist natürlich hart, wenn man sich nach 8 Jahren Beziehung trennt, davon genau 6.5 Jahre in Eingetragener Partnerschaft. Aber wir haben es gut. Wir haben den anderen nicht aus dem Leben gelöscht, haben gemeinsame Freunde und die Familien sind auch befreundet. Es war uns wichtig, dass wir auch nach der Trennung befreundet sind. Das sagen ja viele, aber bei uns hat es ganz gut geklappt.

Jobbedingt hast du das Bauernleben mit seinen Vor- und Nachteilen schon recht gut kennengelernt. Könntest du es dir vorstellen, an der Seite eines Bauers auf einem Hof zu leben? Tatsächlich habe ich es schon vorher sehr gut gekannt. Ich bin fast als Bauernkind aufgewachsen. Ein grosser Teil meiner Verwandten sind Bauern und als Kind musste ich oft mithelfen bei Arbeiten wie dem Heuen und machte das sehr gerne. Ich wollte aber lustigerweise nie Bauer werden. Wenn es der richtige Mann ist, kann ich mir das aber schon vorstellen.

«Wenn ich vom Feiern komme, muss ich erst die Kühe melken»

Wir brachten im Herbst eine Serie über schwule Bauern, die bei unserer Leserschaft sehr gut ankam. Denkst du, das Bauernleben wird von der Community romantisiert? Es wird generell romantisiert. Wir merken das schon bei «Bauer, ledig, sucht…». Manche Hofdamen haben eine Vorstellung nach Rosamunde Pilcher im Kopf in der der Bauer sie mit seinem Traktor abholt und ihr seine Ländereien zeigt. Wir sind auch etwas mit Schuld an diesem Bild. Wir versuchen aber, das Bauernleben so normal wie möglich, aber so abnormal wie es die Situation erfordert, abzubilden. Wir freuen uns, dass das uns bisher so gut gelungen ist.

Sind Landwirte deiner Erfahrung nach offen gegenüber LGBTIQ? Viele Bauern haben wenig Berührungspunkte mit der Community. Aber ich stelle eine Entspanntheit fest. Sie finden «das gibt es in der Natur, dann ist es halt so». Die Toleranz entspricht wahrscheinlich genau dem schweizerischen Durchschnitt. Ich werde auch oft gefragt, ob sie nicht ein Problem mit meinen Tattoos oder meinem Schwulsein haben. Aber ganz ehrlich haben die Bauern in der Sendung andere Probleme. Sie sind nervös und haben eine ganz andere Prioritätenliste.

«Ich wäre sowieso Bauer geworden, ob schwul, hetero oder Einhorn»

Selten meldet sich in der Sendung eine Bäuerin, noch seltener eine lesbische Bäuerin oder ein schwuler Bauer. Denkst du, dass sich das in Zukunft ändern könnte? Wir sind für alle offen, aber es gibt natürlich keinen Zwang. Wenn sich kein schwuler Bauer meldet oder angemeldet wird, hat es eben keinen. Grundsätzlich bilden wir die Schweizer Bauern aber ziemlich repräsentativ ab, finde ich.

Die sechzehnte Staffel von «Bauer, ledig, sucht …» beginnt am 20. August um 20:15 Uhr auf 3+.

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