Schwul in Hollywood – zum 100. Geburtstag von Montgomery Clift
Der US-Schauspieler liebte auch – oder vor allem – Männer, wie die Doku «Making Montgomery Clift» zeigt
100 Jahre alt wäre Montgomery Clift am 17. Oktober geworden, und aus diesem Anlass läuft nun der Dokumentarfilm «Making Montgomery Clift» in einigen ausgewählten Kinos. Ab dem 27. November wird der Film dann auch als DVD sowie VoD verfügbar sein.
Clift, geboren 1920 in Nebraska, mag in der Liga der Legenden und Mythen des alten Hollywood nicht auf Augenhöhe mit Marlon Brando oder James Dean stehen, doch zu den ganz Grossen gehört hat er ohne Frage. Viermal war er innerhalb von 13 Jahren für den Oscar nominiert, verdrehte mit Charme und blendendem Aussehen den Fans genauso den Kopf wie Kolleginnen wie Elizabeth Taylor und sorgte – gemeinsam nicht zuletzt mit Dean und Brando – dafür, dass auf den Kinoleinwänden ein neues, feinfühligeres Männerbild Einzug hielt. Wer heute seinen Namen hört, wird aber womöglich nicht zuletzt an seinen tragisch frühen Tod (Clift starb im Alter von 45 Jahren an einem Herzinfarkt) denken, der immer wieder in Zusammenhang gebracht mit seiner Homo- oder Bisexualität und vermeintlich daraus resultierenden Drogen- und psychischen Problemen.
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Speziell mit letzterem Narrativ möchte «Making Montgomery Clift», der in den USA bereits vor zwei Jahren Premiere feierte, nun aufräumen. Inszeniert wurde der Film von Hillary Demmon und Robert Anderson Clift, einem Neffen des Hollywood-Stars. Kennengelernt hat der Sohn von Montgomerys älterem Bruder Brooks seinen Onkel nie, er wurde erst in den Siebziger Jahren geboren. Doch weil sein Vater das Leben, Werk und Vermächtnis des Schauspielers zu seiner Lebensaufgabe machte und seinerseits ein immenses Archiv bestehend aus sämtlichen Aufzeichnungen, Presseberichten, TV-Mitschnitten und hunderten Stunden Tonbandaufnahmen (meist von Telefonaten) hinterliess, wurde Montgomery Clift auch zum Thema seines Lebens.
Zwei Anliegen hat der Film nun, die ihn spannend machen und abheben von anderen bisherigen biografischen Abhandlungen über Clift. Zum einen geht es dem Regie-Duo darum, den Fokus auf die künstlerische Arbeit des Schauspielers zu lenken, der nicht nur über ein bemerkenswertes Talent verfügte, sondern sich auch mit einer Intensität in die Entstehung seiner Filme einbrachte, wie es bis heute nicht zwingend üblich ist. Und zum anderen soll der Mythos ausgeräumt werden, Clift sei eine gequälte Seele gewesen, die unter einer ungesunden Beziehung zur Mutter und vor allem seiner sexuellen Identität gelitten habe.
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In der Familie Clift, das macht der Film unmissverständlich klar, war es nie ein Geheimnis, dass Montgomery auch oder vor allem Männer liebte, und niemand hatte je das Gefühl, dass dies für den Schauspieler selbst, der alles Private stets aus der Öffentlichkeit heraushielt, ein grosses Problem darstellte. Auch der schwere Autounfall, der 1956 durch schwere Operationen auch sein Gesicht veränderte, hat ihn wohl nie so schlimm belastet, wie manche Biografien es bisher dargestellt haben.
Ob man nun allerdings die familieninternen Erzählungen überzeugender findet als andere, der Verwandtschaft unangenehmere ist dann allerdings Ansichtssache. Denn was Erklärungsversuche und Beweise angeht, tappt «Making Montgomery Clift» immer wieder doch im Vagen. Viele der privaten Bild- und Tonaufnahmen sind beeindruckend, doch über sein Privatleben spricht Montgomery auch hier nie. Ob es schlicht kein Thema war oder er es nicht wollte, bleibt offen.
Auch warum Robert Anderson Clift zwar mit gleich zwei früheren (und seither verstorbenen) Lebensgefährten seines Onkels spricht – nämlich mit dem Schauspielkollegen Jack Larson sowie mit Lorenzo James, der bei Clifts Tod mit ihm zusammenlebte, aber offiziell als Hausangestellter galt – aber bezüglich ihrer Beziehungen dann doch nur insinuiert statt explizit zu benennen und nachzuhaken, ist etwas rätselhaft. Genauso übrigens wie die Verwendung des Archivmaterials, bei dem sich Authentisches aus Familienbesitz mit generischen Aufnahmen aus jener Zeit mischt, ohne dass es klar gekennzeichnet wäre.
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So bleibt der Gesamteindruck zwiespältig – und «Making Montgomery Clift» ein Film mit wichtigen Ansätzen und spannenden Erkenntnissen, der aber letztlich doch zu unausgegoren und unfokussiert bleibt. Zumal der Neffe am Ende doch mindestens so viel wie über seinen berühmten Onkel auch über seinen nicht unkomplizierten Vater und die eigene Familie erzählen will.
Übrigens: Die Ryan-Murphy-Serie «Hollywood» basiert auf der «skandalösen» Autobiografie von Scotty Bowers, der eine Sex-Tankstelle betrieb und die grössten Hollywood-Legenden der 1940er- und 50er-Jahre «bediente» (MANNSCHAFT berichtete).
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