LGBTIQ in Ungarn: Menschenrechtskommissarin ist «alarmiert»

Weitreichende Gesetzesvorhaben sollten nicht während eines Notstandes eingeführt werden, warnte Mijatović

Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatović, zeigt sich besorgt über die Lage von LGBTIQ in Ungarn. Deren Rechte sollen beschnitten werden.

«Ich bin alarmiert ob der offensichtlichen Eskalation der Stigmatisierung von LGBTI-Menschen und der Beeinflussung ihrer Würde und Rechte zum politischen Vorteil», erklärte Mijatović am Freitag. Als Beispiel nannte sie ein Gesetzesvorhaben, mit dem die Adoption von Kindern von Singles und gleichgeschlechtlichen Paaren nur noch mit Ausnahmegenehmigung möglich wäre.

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Die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán will in die ungarische Verfassung schreiben lassen, dass «die Mutter eine Frau ist und der Vater ein Mann». Mijatović warnt im Zusammenhang mit weiteren verfassungsändernden Vorhaben vor stark negativen Folgen für Menschenrechte in dem Land. Sie befürchte, dass mehrere Entwürfe des Gesetzespakets die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit und die Menschenrechte in Ungarn schwerwiegend unterwandern könnten.

«Solch weitreichende Gesetzesvorhaben, insbesondere Verfassungsänderungen, sollten nicht während eines Notstandes eingeführt werden», sagte Mijatović. Sie rief das ungarische Parlament auf, mit der Abstimmung über die genannten Vorhaben bis nach dem Notstand zu warten.

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Der Europarat mit Sitz im französischen Strassburg setzt sich für die Wahrung der Menschenrechte in seinen 47 Mitgliedstaaten ein, zu denen auch die Schweiz gehört. Er ist kein Organ der Europäischen Union.

Zuvor hatte Ungarn seine Pläne zur Beschneidung von LGBTIQ-Rechten verteidigt. Man erkenne die Eingetragene Partnerschaft von gleichgeschlechtlichen Paaren an, die Verfassungsänderung ändere daran nichts, heisst es. Justizministerin Judit Varga erklärte zudem, man wolle die Familie «schützen» (MANNSCHAFT berichtete). Schon jetzt sind in Ungarn Geschlechtsanpassungen verboten (MANNSCHAFT berichtete). Eine Petition gegen ein entsprechendes Gesetz hat bisher nichts bewirkt (MANNSCHAFT berichtete).

Ungarn hatte, ebenso wie Polen, kürzlich mit einem Veto gegen einen zentralen Haushaltsbeschluss die EU in eine erneute Krise gestürzt. Die Länder wollen verhindern, dass durch eine neue EU-Regel bei Rechtsstaatsverstössen die Zahlung von Geldern gekürzt werden kann. Nun ist das gesamte Haushaltspaket über 1,8 Billionen Euro für die kommenden sieben Jahre vorerst blockiert. Das schliesst auch 750 Milliarden Euro an Corona-Hilfen ein. Viele EU-Staaten haben diese besonders nötig.

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