LGBTIQ in Afrika: Kill the gays? Kill the bill!
Wie Aktivist*innen gegen Verfolgung kämpfen
31 der 54 Staaten des afrikanischen Kontinents haben Homosexualität unter Strafe gestellt. Das 2023 verabschiedete Gesetz in Uganda zählt zu den härtesten Anti-LGBTIQ-Richtlinien weltweit (MANNSCHAFT berichtete). Ghana könnte nachziehen. Aktivist*innen aus diesen Ländern haben ihre Heimat verlassen, einige leben in Berlin. Dort haben wir sie getroffen.
«Religiöse Anführer tun so, als wären sie Heilige. Wo ist die Liebe, die ihr immer predigt?», singt die ghanaische Musikerin Angel Maxine, ein scheinbar fröhliches Stück Pop mit peppigem Rhythmus. «Ihr bekämpft die Schwachen. Wir sind harmlos. Wir wollen nur geliebt werden.»
Wir – das steht in dem Song «Kill the bill» aus dem Jahr 2021 für die LGBTIQ-Community. Das Gesetz, das die trans Künstlerin abwenden will, wurde vom Parlament schon verabschiedet, Präsident Nana Akufo-Addo muss es noch in Kraft setzen.
Offiziell geht es um «Familienwerte» Bis Ende des Jahres hat er Zeit. Dann wird ein neuer Präsident gewählt, der 80-Jährige darf wegen einer Amtszeitbegrenzung nicht erneut antreten. Beide Kandidaten für seine Nachfolge, Mahamudu Bawumia von der konservativen NPP (derzeitiger Vize-Präsident) und John Mahama vom sozialdemokratischen NDC (war bis 2017 schon einmal Präsident), haben sich bereits gegen LGBTIQ-Rechte ausgesprochen. Unterschreibt Akufo-Addo das «Gesetz über menschliche sexuelle Rechte und ghanaische Familienwerte» nicht, tut einer der anderen es womöglich.
96 Prozent finden Homosexualität moralisch inakzeptabel Wie das Pew Research Center, ein nicht-staatliches Meinungsforschungsinstitut mit Sitz in Washington, im Jahr 2013 herausgefunden hat, finden 96 Prozent der Bevölkerung Ghanas Homosexualität moralisch inakzeptabel. Dieselben Zahlen wurden in Uganda und Senegal ermittelt. Nur in Nigeria lag die Ablehnung von Homosexuellen noch höher: bei 98 Prozent.
Das in Ghana drohende Gesetz will nicht allein Queers bestrafen, sondern auch ihre Verbündeten. So ist eine Meldepflicht vorgesehen. Denunziation: ausdrücklich erwünscht. Wer queere Menschen kennt, muss sie melden, selbst das eigene Kind, erklärt Angel Maxine das Gesetz, das auch ihr Leben bedroht.
Als erste Künstlerin des Landes überhaupt hat sie sich als trans geoutet. 2018 wagte sie den Schritt, erst auf Social Media, später in einem Radiointerview. Immer wieder wurde sie eingeladen, ihre Geschichte zu erzählen. Sie trat im ghanaischen Fernsehen auf, wirkte in Dokumentationen mit.
Nach Coming-out aus der Wohnung geworfen «Ich wusste, was passieren würde. Und ich war bereit», sagt die heute 38-Jährige. Denn natürlich kam der Hass, sie wurde bedroht. Wir wissen, wo du lebst! schrieb man ihr. Sie wurde aus ihrer Wohnung geworfen.
Niemand wollte Vermieter*in einer trans Person sein. Erst recht nicht deren Eltern. Angels Vater ist Geistlicher, ihre Mutter Prophetin. Wenn es im mehrheitlich christlichen Ghana (ebenso wie in Uganda und anderen Ländern) etwas gibt, das verlässlich keine Rettung darstellt für LGBTIQ – dann die Kirche.
Die Bischofskonferenz von Ghana nennt homosexuelle Handlungen «verabscheuungswürdig». Dass ihr Vorsitzender Erzbischof Philip Naameh noch 2021 die Bevölkerung aufforderte, wenigstens die Grundrechte von Schwulen und Lesben zu respektieren (MANNSCHAFT berichtete), ist spurlos verhallt. Hinter der geplanten Gesetzesverschärfung steht eine unheilige grosse Koalition aus christlichen, muslimischen und traditionellen ghanaischen Führern.
Zusätzlich gewinnen christlich-fundamentalistische Kirchen aus den Vereinigten Staaten zunehmend an Einfluss in Gesellschaft und Politik. Seit den 1970er-Jahren bauen sie ihren internationalen Einfluss aus, in Uganda, Nigeria, Kenia und eben auch in Ghana. Hier hat der deutsche Filmemacher Michael Schmitt im Jahr 2020 über die immer stärker werdenden evangelikalen Kirchen gedreht, 13 Jahre nachdem er fürs Studium in dem Land war. Was ihm aufgefallen ist in der Zwischenzeit: «Mittlerweile wird an jeder zweiten Strassenecke für eine der Megachurches im Land geworben. Lord save us! steht auf den Plakaten.»
Die Kirche verbreitet Hass Diese riesigen Kirchen fassen teilweise gut 5000 Menschen. Sehr effektiv, wenn man Hass gegen LGBTIQ predigen und verbreiten will. Nach aussen gibt man sich als familienfreundlich, doch gilt das natürlich nur für das Modell Vater-Mutter-Kind(er). Die Hassprediger stellen Homosexualität und geschlechtliche Vielfalt als fremd und importiert dar, dadurch würden die Gesellschaften in Afrika bedroht. Auch die sozialen Medien werden von den Kirchen ausgiebig genutzt, um Stimmung zu machen.
Meine Eltern versuchten immer wieder, in verschiedenen Kirchen das Queere aus mir herauszubeten
«Meine Eltern versuchten immer wieder, in verschiedenen Kirchen das Queere aus mir herauszubeten», erzählt Angel von ihren Kämpfen. Gegen ihre Mutter konnte sich die Ghanaerin schliesslich durchsetzen. Das letzte Mal, als diese ihr trans Kind zu Heilern bringen wollte, sagte Angel zu ihr: «Bist du es nicht müde? Nimm die Dinge, wie sie sind!»
Um endlich unbehelligt sie selbst sein zu können, begann sie, ihre Mutter aufzuklären. Was ist sexuelle Orientierung, was bedeutet geschlechtliche Identität? «Familie ist so wichtig in Afrika, darum dreht sich alles. Ich musste wenigstens eine Person in meiner Familie dazu bringen, mich zu verstehen und mich zu akzeptieren.»
Wie die Mutter zum Ally wurde Es war kein einfaches Unterfangen, löste viel Wut aus. Eine Zeitlang weigerte sich Angels Mutter, mit ihr zu sprechen. Sie verstand nicht, warum ihr Kind Make-up trug, sich damit auf Social Media präsentierte. Aber Angel nahm sie immer wieder mit auf Community-Events, damit sie andere LGBTIQ traf. Und mit der Zeit wurde sie schliesslich eine Verbündete.
Mit ihrem Vater ist es deutlich schwerer. Er hängt zu sehr an der Bibel, so wie er sie verstehen will; er hält sein Kind für psychisch gestört. Sich mit ihm auseinanderzusetzen, das hat sie immer traurig gemacht, sagt Angel. Dazu die ständigen Anfeindungen von anderen.
Ich bin die erste Person in Ghana, an die sich queere Leute wenden
Bis letzten Herbst hat sie es ausgehalten in ihrer Heimat. Schliesslich hat sie eine Verantwortung für die Community. «Ich bin die erste Person in Ghana, an die sich queere Leute wenden.» Im Fernsehen ist es ihr Foto, das benutzt wird, um Geschichten über LGBTIQ zu bebildern. Niemand steht in Ghana so für die Community wie Angel Maxine.
Doch dann ging es nicht mehr. «Es war alles zu viel für mich, meine psychische Gesundheit hat gelitten. Ich konnte mich nicht mehr frei bewegen ohne Angst.» Kein Tag verging, ohne dass sie beleidigt oder angefeindet wurde. Angel will endlich respektiert und wertgeschätzt werden. «Ich brauche Stabilität, die gibt es in Ghana für mich nicht.» In Berlin fühlt sie sich sicher. Aber Verfolgung lässt sich nicht einfach abschütteln, wenn man den Ort wechselt. Wenn Angel erzählt, spricht sie mit leiser, zaghafter Stimme.
Support aus der Ferne Zurückgehen kommt erst mal nicht in Frage. Doch aus dem deutschen Exil kämpft sie weiter gegen das drohende Gesetz. Als Aktivistin gehört sie vielen Organisationen an, ist mit allen verbunden, auch über 8000 Kilometer hinweg. «Ich nehme online an Workshops teil, supporte meine Community, bin da für alle, die beschimpft oder attackiert werden.»
Am 20. April gingen Queers of Color in Berlin auf die Strasse unter dem Motto «Queer African Liberation now!» und: «Homophobie ist ein Import aus dem Westen.» In vielen Ländern Afrikas sind LGBTIQ-Organisationen verboten, werden Versammlungen aufgelöst.
Ein aktueller Bericht von Amnesty International über die Lage in Botswana, Burundi, Eswatini (Swasiland), Ghana, Kenia, Malawi, Mosambik, Namibia, Tansania, Uganda, Sambia und Simbabwe zeigt: Insgesamt kriminalisieren 31 Länder einvernehmliche gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen, obwohl dies in klarem Widerspruch zu regionalen von der Afrikanischen Union etablierten und internationalen Menschenrechtsstandards steht.
Die Berliner Demo «Queer African Liberation now!», bei der Angel Maxine ihren Song «Kill the bill» performte, wurde von mehreren schwarzen Aktivist*innen organisiert, darunter DeLovie Kwagala aus Uganda, wo vor einem Jahr ein Gesetz in Kraft gesetzt worden war, das zu den härtesten Anti-LGBTIQ-Richtlinien weltweit zählt.
Für mich hört die Sicherheit meist auf, sobald ich mein Haus verlasse
DeLovie – grüne Haare, grüner Hoodie, grüne Kamera – identifiziert sich als nicht-binär und arbeitet als Fotograf*in und Aktivist*in unter dem Namen Papa De. Für ein Jahr ist De im Rahmen eines «Artist in Residence»-Stipendium in Berlin, zusammen mit Sohn Miles. Als ich Des Atelier in Neukölln besuche, ist der Zehnjährige noch in der Schule.
Papa Des aktuelles Projekt «Flaming Homosexuals» beschäftigt sich mit BIPoC-Personen (Black, Indigenous, and People of Color) in Deutschland, porträtiert ihre Lebensrealität in Interviews und Bildern. 2021 erhielt Papa De den East African Photography Award für das bewegende Project «Through the Cracks», das sich mit häuslicher Gewalt in Beziehungen in der LGBTIQ-Community befasst. Danach ging es nach Südafrika, aktueller Lebensmittelpunkt ist bis August nun erstmal Berlin.
Ein Einbruch mit Folgen Papa De legt Wert darauf, nicht aus Uganda geflohen zu sein. Auch wenn von einem sicheren Leben dort schon lange nicht die Rede sein konnte. Einmal kamen Einbrecher, da wohnte Papa De mit einer Freundin zusammen. Zwei Computer wurden gestohlen, ein paar andere Dinge, etwas Geld. «Richtig problematisch war aber: In der Wohnung stand ein gerahmtes Bild mit meiner Ex-Freundin, auf dem wir uns küssen. Das hatten die Einbrecher sicher gesehen. Uns war klar: Wir sind in Gefahr.»
De und die Freundin mussten sich ein neues Zuhause suchen. Umziehen oder wegziehen, um sich in Sicherzeit zu bringen – sowas ist in Uganda keine Seltenheit. Auch schon bevor das Gesetz von Präsident Museveni vor einem Jahr unterzeichnet wurde.
Auch Michael Kajubi hat es erlebt. Er gehört zu den prominenten queeren Gesichtern seines Landes, setzt sich für die Belange von jungen LGBTIQ ein. Im Februar wurde der ehemalige Reiseunternehmer auf der Berliner Internationalen Tourismusbörse mit dem «To Do Award Human Rights in Tourism» geehrt. Seit über vier Jahren lebt er nicht mehr in Uganda. Sein Vermieter hatte 2019 ein Onlineinterview mit Michael entdeckt und ihn auf dem Foto wieder erkannt. Kurz darauf überfielen ihn Nachbarn in seiner Wohnung.
Über 300 Menschenrechtsverletzungen gegen LGBTIQ Andere Queers in Uganda berichten von Zwangsräumungen und Jobverlust, von Folter und Vergewaltigung. Die ugandische Organisation «Convening for Equality» hat im vergangenen Jahr über 300 Menschenrechtsverletzungen gegen LGBTIQ dokumentiert. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.
Michael Kajubi lebt heute in Kanada. Andere fliehen ins Nachbarland Kenia, berichtet er. Noch ist es dort etwas sicherer – doch Präsident William Ruto hat schon zu Protokoll gegeben, Homosexualität habe keinen Platz in Kenia. Vizepräsident Rigathi Gachagua sekundierte: «Das sind satanische Bräuche, die wollen wir hier nicht.» Auch in Kenia wird über ein verschärftes Gesetz nachgedacht. In dem Land, das im Westen an Uganda grenzt, kann Homosexualität schon jetzt mit einer Gefängnisstrafe von 14 Jahren geahndet werden, daraus soll künftig eine lebenslange Haftstrafe werden.
Schon vor zehn Jahren: «Kill the Gays!» Das Modell Uganda scheint Schule zu machen. Dort hatte schon 2014 Präsident Yoweri Museveni das «Kill the Gays»-Gesetz unterschrieben; sein einstiger Ethikminister Simon Lokodo, 2022 verstorben, kündigte in seinem wahnhaften Hass gegen Homosexuelle gar die Anschaffung eines sogenannten «Schwulendetektors» an. Die Niederlande drohten damals, ihre Hilfszahlungen einzustellen. Norwegen und Dänemark setzten aus Protest Finanzhilfen aus. Schlussendlich konnte das Gesetz nicht in Kraft treten, da es vom Verfassungsgericht noch im selben Jahr als ungültig erklärt wurde.
Befeuert wurde die homofeindliche Stimmung im Land zusätzlich durch den ugandischen Pastor und Anti-LGBTIQ-Aktivisten Martin Ssempa. Dieser behauptete in einer Fernsehpredigt, Homosexuelle würden «Scheisse essen». Damit begründete er seine Forderung, sogar einvernehmlichen gleichgeschlechtlichen Sex mit lebenslanger Haft oder sogar mit dem Tod zu bestrafen.
«Das Bild setzte sich bei vielen Menschen fest», erinnert sich Papa De. Es war die einzige Infomation, die man über Homosexualität bekam, neben der immer wieder zitierten leidigen Bibel-Passage über Sodom und Gomorrha. «Für mich als junger Mensch mit 13 oder 14 war klar: Damit wollte ich nichts zu tun haben.»
Zwischen Kastration und Steinigung
In vielen afrikanischen Ländern sind LGBTIQ bedroht, aber es gibt auch Ausnahmen.
Tansania Die Vorsitzende des Frauenflügels der Regierungspartei, Chatanda, forderte letztes Jahr die Kastration homosexueller Menschen. Der einstige Gouverneur der Küstenstadt Dar es Salam, Makonda, hatte 2018 zur Hetzjagd auf Schwule aufgerufen.
Sambia Als 2020 zwei Männer wegen gleichgeschlechtlichem Sex zu 15 Jahren Haft verurteilt wurden, kritisierte US-Botschafter Foote das Urteil und die veraltete Haltung. Er sei «entsetzt». Danach musste er das Land verlassen.
Simbabwe Anfang 2024 nannte die Regierung ein Stipendien-Angebot für LGBTIQ einen «teuflischen Versuch», junge Menschen zu sexuellem Fehlverhalten zu verführen. Homosexualität sei «rechtswidrig, unchristlich, anti-simbabwisch und unafrikanisch», so Vize-Präsident Chiwenga.
Nigeria 2023 nahm die Polizei eigenen Angaben zufolge 200 Männer fest. Sie hätten eine «Schwulenhochzeit» gefeiert, die Mehrheit in Frauenkleidern. In Afrikas meistbevölkertem Staat mit rund 220 Millionen Menschen waren 2022 drei Männer wegen homosexueller Kontakte zum Tod durch Steinigung verurteilt worden.
Südafrika Auch das gibt es in Afrika: Die Verfassung des demokratischen Landes war die erste weltweit, die die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung verbot. Am 1. Dezember 2006 schrieb das Land Geschichte, als es die Ehe öffnete – lange vor Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Der letzte König war queer Dabei gäbe es durchaus eine Person, auf die sich queere Menschen in Uganda berufen könnten: Kabaka Mwanga, der letzte König (Kabaka) von Bugunda, was dem heutigen Zentral-Uganda entspricht – dieser einstige König war bisexuell, sagt De. Eine populäre Erzählung, leider ohne historische Belege. Doch es ist auffällig: Zu Lebzeiten des Königs (1868 – 1903) war Homosexualität nicht verboten. Das geschah erst im Jahr 1902, sechs Jahre nach Beginn des britischen Protektorats.
Auch Papa De wäre in Uganda in Gefahr, aber was ist schon sicher? «Für mich ist Sicherheit eine Illusion. Nur weil ich mich in einem Raum befinde, der mir diese Illusion vermittelt, nimmt mir das nicht die Jahre, in denen ich mich nicht sicher gefühlt habe. Es fühlt sich in meinem Körper nicht sehr sicher an.»
Tatsächlich hört für mich die Sicherheit meist auf, sobald ich das Haus verlasse
Auch nicht in Südafrika. «Als queere Person bist du da frei. Du kannst grüne Haaren haben, niemanden stört es. Aber gleichzeitig bin ich immer noch eine Person mit einer Vagina, in einem Land mit extrem hoher Femizidrate.» Alle drei Stunden wird in Südafrika eine Frau ermordet. Und in Berlin? «Hier mag ein Teil von mir relativ sicher sein, der andere jedoch nicht. Als queere Person schon, aber ich bin immer noch schwarz. Tatsächlich hört für mich die Sicherheit meist auf, sobald ich das Haus verlasse.»
Weltbank setzt Zahlungen aus Die Gesetzesvorhaben in Teilen Afrikas haben auch in Europa für Aufsehen gesorgt. Teilweise gab es Sanktionen gegen Uganda. So haben die Niederlande Zuwendungen für ein Programm zur Förderung der Rechtsstaatlichkeit in Höhe von 25 Millionen Euro ausgesetzt. Die Weltbank erklärte im vergangenen Sommer, vorerst keine öffentlichen Gelder mehr an das Land zu vergeben. Die USA haben ihre Visabeschränkungen für ugandische Beamte ausgeweitet, die im Verdacht stehen, an der Unterdrückung von LGBTIQ beteiligt gewesen zu sein.
Deuschland habe seit 2023 keine neuen Zusagen an Uganda für die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit gemacht, teilte uns ein Sprecher des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf Anfrage mit. Man stehe im Austausch mit der ugandischen Zivilgesellschaft.
Dortige NGOs hätten darum gebeten, dass Deutschland sich gerade wegen der erschwerten Bedingungen nicht aus der Unterstützung der Zivilgesellschaft zurückziehe. Was Ghana betrifft, so verweist der Sprecher darauf, dass das Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen sei, da es vom Staatspräsidenten noch nicht unterzeichnet worden sei. Ausserdem sei beim Obersten Gerichtshof Ghanas eine Verfassungsklage gegen den Gesetzesentwurf anhängig.
Sorge in der Schweiz Auch die Schweiz, wo man sich «sehr guter Beziehungen» mit Ghana rühmt, äussert sich auf unsere Anfrage zurückhaltend. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) verfolge die mögliche Verabschiedung der Gesetzes aufmerksam. «Das EDA ist sich der zunehmenden Diskriminierung der LGBTIQ-Gemeinschaft in Ghana bewusst und ist besorgt über Entwicklungen, die darauf abzielen, ihre Rechte einzuschränken.» Die Schweiz setze sich im bilateralen und multilateralen Rahmen für die Rechte von LGBTIQ ein.
Aus ghanaischer Sicht klingen solche Äusserungen nicht gerade, als müsse man sich Sorgen vor Sanktionen machen. Vielleicht ist Ghana auch einfach zu weit weg. Filmemacher Schmitt hat die Erfahrung gemacht, dass deutsche Sender an angebotenen Geschichten über die Situation afrikanischer Queers nicht übermässig interessiert sind: Man könne nicht so viele Afrika-Themen bringen, teilt man ihm dann mit. So rutscht die Lage bedrohter LGBTIQ immer wieder aus dem Fokus, ob in Ghana oder Uganda.
Die Aktivist*innen kämpfen weiter. Papa De hat einen Traum: «Die Leute müssen wissen, dass es in Uganda tatsächlich queere Menschen gibt. Ich will meine Leute auf die Strasse bringen und die Hauptstadt mit Regenbögen und Glitzer fluten. Aber leider – ist es zu unsicher.»
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