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St. Gallen: JSVP verhöhnt Pride-Teil­nehmende in Propaganda­video

Die Jungpartei stellt unter dem Titel «Komplett krank» Pridebesucher*innen vor der Kamera bloss

Junge SVP verspottet St. Galler Pride-Teilnehmende in Propagandavideo
Eines der Interviews des Propagandavideos (Bild: Screenshot X / Junge SVP Schweiz)

Die Junge SVP sprach mit Besucher*innen der St. Gallen Pride, um sie in einem Videobeitrag blosszustellen. Die Reporterin soll den Interviewten nicht gesagt haben, für wen sie unterwegs war.

«Zeit, Farbe zu bekennen» hiess das Motto der ersten Pride in St. Gallen. Offiziellen Schätzungen zufolge zogen am 12. August 2’500 Menschen durch die Altstadt (MANNSCHAFT berichtete). Unter ihnen war auch eine Videoreporterin, die für die Junge SVP im Einsatz stand. Ihr Job: freundlich lächelnd Teilnehmer*innen der Pride-Demo zu interviewen, um sie dann in einem Video unter dem Titel «Komplett krank» zu verspotten.

Dass sie es mit einer Dame von der Jungen SVP zu tun hatten, wussten die Interviewten zum Zeitpunkt der Aufnahmen offenbar nicht. Wie das St. Galler Tagblatt berichtet, habe sich die JSVP-Reporterin gemäss Aussagen mehrerer Interviewten nicht als solche zu erkennen gegeben.

Komplett krank: Die Pride in St. Gallen hinterlässt eine Mischung aus Hass und Dekadenz. Der gesellschaftliche Untergang ist hier zum Greifen nah. Die Junge SVP stellt sich dem entgegen. Wir möchten die Schweiz zurückgewinnen und dem Woke-Wahn ein Ende setzen! pic.twitter.com/bSynB5CHGU

— Junge SVP Schweiz (@jungesvp) August 20, 2023

Kampf gegen «Woke-Wahn»
Das Video zieht alle Interviewten ins Lächerliche: unter anderem Männer aus der Puppyplay-Szene, trans Menschen und Vertreter der Pädagogischen Hochschule St. Gallen. Am Ende sagt die Reporterin mit ernster Miene in die Kamera: «Was hier läuft, ist durch und durch dekadent.» Dann ein kurzer Blick auf die Notizen. «Unsere Kinder und Jugendlichen gehen daran kaputt.»


Zum Videoclip schreibt die Junge SVP auf X (ehemals Twitter): «Die Pride in St. Gallen hinterlässt eine Mischung aus Hass und Dekadenz. Der gesellschaftliche Untergang ist hier zum Greifen nah. Die Junge SVP stellt sich dem entgegen. Wir möchten die Schweiz zurückgewinnen und dem Woke-Wahn ein Ende setzen!»

«Verzerrtes Bild»
Andi Giger, Co-Präsident des Vereins St. Gallen Pride, findet es «medienethisch höchst verwerflich», dass sich die Reporterin nicht vorgestellt habe. «Es wird in herablassender Art und Weise ein sehr verzerrtes Bild der Demonstrierenden gespiegelt», sagt Giger gegenüber dem St. Galler Tagblatt.

David Trachsel, Präsident der Jungen SVP Schweiz, versteht die Aufregung hingegen nicht. Ob sich die Reporterin als JSVP-Mitglied zu erkennen gegeben habe oder nicht, wisse er nicht. «Aber ich weiss, dass alle Interviewten freiwillig vor die Kamera getreten sind», meint Trachsel zum St. Galler Tagblatt.


Hetze von rechts
Für die Junge SVP Schweiz gibt es sowieso ein viel grösseres Thema in diesem Zusammenhang: An der Pride-Demo waren Parolen wie «Fuck SVP» zu hören. Solche Anfeindungen hätten das Klima in der Stadt vergiftet, schrieb die Partei in einer Mitteilung.

Andi Giger streitet nicht ab, dass manche beim Umzug diesen Spruch gerufen hätten. Dies komme aber nicht von ungefähr: Die rechten Parteien würden immer wieder gegen queere Menschen hetzen. Regionale Sektionen der JSVP hatten beispielsweise im Vorfeld der St. Gallen Pride die Teilnahme der Hochschulen PHSG und HSG scharf kritisiert und ein Ende der «Woke-Indoktrinierung» gefordert.

Es ist für die rechtspopulistische Schweizerische Volkspartei nun schon das zweite Wahlkampfvideo in kürzester Zeit, das für Ärger sorgt: US-Musiklegende Nile Rodgers kritisierte ein peppiges Musikvideo der Partei, weil das Lied darin starke Ähnlichkeiten mit seinem Hit «We Are Family» aufweist. Hier geht’s zur ganzen Story.


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