«Islamische Werte»: Katar beschlagnahmt Regenbogenspielzeug
Inspektor*innen des Handelsministeriums schlugen in mehreren Geschäften des Landes zu
Kurz vor Weihnachten führte das Handelsministerium von Katar in grösseren Geschäften des Landes «Inspektionen» durch. Dabei wurden Objekte beschlagt – speziell Kinderspielzeug –, die mit «Slogans» versehen seien, welche «gegen islamische Werte» verstossen sollen.
Bei dem Spielzeug handelt es sich u. a. um Plastikobjekte in Regenbogenfarben. Ob diese Farbgebung der Stein des Anstosses war, verriet MOCI (Ministry of Commerce and Industry) nicht in seinem auf Twitter veröffentlichten Statement. Ihm sind zwei Fotos beigefügt, auf denen man die in Klarsichttüten verpackten Gegenstände sieht, zu denen auch einer in Fussball-Form gehört.
Da Katar 2022 bekanntlich die Fussball-WM ausrichten wird, gibt es gerade zu Fragen um «islamische Werte» viele Diskussionen in Bezug auf Homosexuelle, die als Fans und Spieler zur WM anreisen werden.
Erst Anfang Dezember hatte Nasser Al Khater, CEO von «Katar 2022», in einem CNN-Fernsehinterview öffentlich gesagt, Homosexuelle seien in seinem Land «willkommen» (MANNSCHAFT berichtete). Dieses Statement, das Al Khater im kurzen Gespräch mit dem US-Sender mehrmals wiederholte, war verbunden mit einer Einladung an den offen schwulen australischen Fussballspieler Josh Cavallo, das Land zu besuchen und sich selbst ein Bild vor Ort zu machen. Er müsse keine Angst vor irgendetwas haben bei seinem Besuch, so Al Khater.
AFP-Artikel sorgt für Schlagzeilen Ob das Handelsministerium seine Kinderspielzeug-Beschlagnahmungsaktion mit Al Khater abgestimmt hat, ist nicht bekannt. Der Fussball-WM-CEO wird über die neuen Schlagzeilen sicher wenig erfreut sein. Diese entstanden vor allem, weil die Nachrichtenagentur AFP zum Tweet des Ministeriums einen Artikel bereitstellte, den verschiedene internationale Zeitungen abdruckten, auch LGBTIQ-Nachrichtenportale weltweit griffen die Geschichte auf.
Menschen in Katar können wegen homosexueller Handlungen zu einem bis drei Jahren Haft verurteilt werden, möglich wären bis zu sieben Jahre
In Katar droht Homosexuellen aufgrund der Scharia die Todesstrafe. Auch wenn diese bislang nie ausgesprochen wurde, können Menschen in Katar wegen homosexueller Handlungen zu einem bis drei Jahren Haft verurteilt werden, möglich wären bis zu sieben Jahre. Bei allen Willkommensbekundungen schwebt diese Drohung wie ein Damoklesschwert über allem. Das gilt sowohl für Besucher*innen als auch für Einheimische, aber auch für die vielen gut bezahlten Ausländer*innen, die im Land arbeiten bei grossen internationalen Firmen.
Von den Behörden in Katar gab es bislang keine Reaktion auf die AFP-Meldung, heisst es. AFP hatte offiziell um eine Stellungnahme gebeten.
Image-Kampagne in Deutschland In Deutschland war im vergangenen Monat überall eine Poster-Kampagne zu sehen, mit der Katar für sich und für Reisen ins Land warb. Dabei waren Menschen in traditioneller Bekleidung zu sehen, die neben Menschen in westlichen Outfits unterwegs sind, allerdings mit grossem Abstand und züchtig getrennt.
Im Land selbst ziehen unterschiedliche Kräfte in sehr unterschiedliche Richtungen. Während die ehemalige Sheika Moza mit ihrer Qatar Foundation eine gigantische Bildungs- und Modernisierungsoffensive ins Rollen gebracht hat – die daraus hervorgegangenen Eliteuniversitäten, die auch für Frauen offenstehen, sieht man übrigens auf der jüngsten Image-Kampagne –, gibt es genügend religiöse Gruppierungen im Land, die diese Bewegung stoppen bzw. umkehren wollen.
Das zeigte sich u. a. im Sommer 2020, als eine regierungsnahe Zeitung vor der «Bewerbung» von Homosexualität über soziale Medien warnte. Die Sorge der Lokaljournalistin Na’ima ‘Abd al-Wahhab al-Mutawa’a in ihrem Beitrag in der Zeitung Al Sharq: «die Kinder» würden vom rechten Pfad Gottes abgebracht (MANNSCHAFT berichtete).
In die gleiche Richtung zielt nun die Beschlagnahmungsaktion des Handelsministeriums.
Gastarbeiter wie Sklaven gehalten Über LGBTIQ-Aspekte hinaus steht Katar grundsätzlich in der Kritik wegen Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit Gastarbeiter*innen, die bei 50 Grad im Schatten auf den Mega-Baustellen des Landes die imposanten Hochhäuser, Sportstadien, Konzertsäle etc. errichten müssen. Viele von ihnen kommen aus Südasien/Vorderindien und werden teils wie Sklaven behandelt, so der Vorwurf.
Amnesty International hatte wiederholt die FIFA aufgefordert, ihren Einfluss zu nutzen, um an der Lage der zirka 6.500 Gastarbeiter in Katar etwas zu ändern.
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