Influencerin: Wollte schwule Männer in Marokko nicht outen
Sie hatte ihre Fangemeinde aufgefordert, Grindr herunterzuladen
Die Influencerin, die für eine Welle homophober Übergriffe in Marokko verantwortlich gemacht wird, hat sich entschuldigt. Sie sei missverstanden worden und habe schwule Männer nicht zur Zielscheibe machen wollen.
Naoufal Moussa – online auch bekannt als Sofia Taloni – entschuldigte sich am 13. Mai für ihren Instagram-Livestream vom April. Darin hatte die trans Influencerin ihre rund 620’000 Follower*innen aufgefordert, schwule Dating-Apps herunterzuladen. Die Absicht dahinter: Moussa wollte ihren Fans vor Augen führen, dass Homosexualität etwas Alltägliches sei und schwule Männer in Marokko überall existierten.
Doch der Schuss ging nach hinten los: Personen nutzten die Datings-App, um Profilfotos zu speichern und User nach weiteren, teils intimen Bildern zu fragen. Diese wurden schliesslich in einschlägigen Facebookgruppen herumgereicht mit dem Ziel, schwule Männer öffentlich zu outen. «Die Männer werden gemobbt und erpresst», sagte die LGBTIQ-Organisation Nassawiyat (MANNSCHAFT berichtete). Einem Sprecher zufolge mussten viele schwule Männer Repressalien befürchten oder wurden von ihren Familien gar auf die Strasse gesetzt.
Moussa bedauert gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass schwule Männer aufgrund ihres Livestreams «zur Zielscheibe gemacht» wurden, statt sie «näher an die Mainstream-Gesellschaft» in Marokko zu bringen, wo homosexuelle Handlungen unter Strafe stehen.
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Es sei nie ihre Absicht gewesen, diese Männer zu outen. «Ich wollte Homosexuelle in Marokko normalisieren, sie als Menschen und nicht als Dämonen darstellen, damit sie nicht mehr wie Aussätzige behandelt werden», sagte Moussa. «Ich möchte, dass man homosexuelle Personen als den Mann oder die Frau von nebenan behandelt und sich von der negativen Vorstellung verabschiedet, wie Schwule oder Lesben auszusehen haben, wer sie sind oder wie sie leben.»
Moussa wuchs in Marokko auf und lebt nun in der Türkei. Nach einer Karriere als Model und einer Geschlechtsangleichung war sie als Beauty-Influencerin erfolgreich und erreichte mit ihren Livestreams bis zu 100’000 Follower*innen. Nach der Outing-Kampagne im April deaktivierten Instagram und Facebook ihre Konten. Es sei nicht zulässig, Mitglieder der LGBTIQ-Community zu outen, so die Begründung.
Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wurde aktiv und forderte die marokkanische Regierung auf, homosexuelle Handlungen zu entkriminalisieren. «Das Anti-LGBTIQ-Gesetz Marokkos befeuert solche homophoben Kampagnen – egal, wie diese zustande kamen», sagte Sprecher Ahmed Benchemsi.
Die Reaktionen auf Moussas Entschuldigung waren gemischt. Ein junger Marokkaner, der anonym bleiben möchte, bezeichnete ihr Geständnis als «Zeichen von Reife»: «Sie räumt ein, dass sie mit ihren Handlungen zum Leid von Minderheiten beigetragen hat.»
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Für die Organisation Nassawiyat, die während dem Corona-Lockdown ein virtuelles Betreuungsangebot eingerichtet hat, geht Moussas Entschuldigung nicht weit genug. Die Influencerin müsse ihre Reichweite dafür nutzen, um Aufklärungsarbeit über Homosexualität und Geschlechtsidentität zu leisten. «Wir sind nicht gegen sie. Sie hat jedoch vielen Menschen Schaden zugefügt», sagte ein Sprecher. «Wir haben ein echtes Problem mit dem System und wie es Monster und internalisierte Homo- und Transphobie entstehen lässt.»
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