Homophobe Parolen und Westerwaldlied – Kritik an CDU/CSU-Jugendorganisation

Eine Gruppe der Jungen Union Hessen hatte nach einem Treffen mit ihrem Bundesvorsitzenden Paul Ziemiak am 9. November in einer Berliner Kneipe Gäste schwulenfeindlich beleidigt

Die Junge Union feiert in Berlin und soll bei der Gelegenheit gegen Schwule gepöbelt haben (Foto: Screenshot Mia A. Sommerfeld)
Die Junge Union feiert in Berlin und soll bei der Gelegenheit gegen Schwule gepöbelt haben (Foto: Screenshot Mia A. Sommerfeld)

Presseberichten zufolge hat eine rund fünfzehnköpfige Gruppe der Jungen Union Hessen im Rahmen einer „Exkursion“ nach Berlin und nach einem Treffen mit ihrem Bundesvorsitzenden Paul Ziemiak am 9. November in einer Berliner Gaststätte homophobe Parolen („Schwuchteln“) gegrölt und das „Westerwaldlied“ angestimmt. Der LSVD fordet eine unverzügliche Aufklärung.

Dazu erklärt Axel Hochrein, Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes (LSVD):

„Der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) ist entsetzt über die Ausfälle von Vertretern der Jungen Union. Wir erwarten von Paul Ziemiak als Bundesvorsitzenden der Jungen Union unverzüglich Aufklärung über diesen Vorfall. Die Junge Union muss sich von diesem Verhalten unmissverständlich distanzieren und glaubwürdig und konsequent gegen homophobe und wehrmachtsverherrlichende Tendenzen in ihrer Organisation einschreiten.“ Das habe der LSVD auch in einem offenen Brief an Ziemiak deutlich gemacht.

Westerwaldlied in Bundeswehr verboten 2017 hatte CDU-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in der Bundeswehr das Liederbuch „Kameraden singt!“ verboten – u.a. hatte es das umstrittene Westerwaldlied enthalten. Grund des Verbots: Die Ministerin wollte damit rechtes Gedankengut in der Bundeswehr zurückdrängen.

Wir bedauern, dass es nicht möglich ist, in einer Stadt, in der öffentliches Kiffen immer wieder toleriert wird, ein Deutsches Volks- und Wanderlied zu singen

Die JU Limburg selber findet das Westerwaldlied und das Singen desselben nicht problematisch. In einer schriftlichen Presseerklärung erklärte sie, man habe im Rahmen der Reise am 9. November „getreu nach dem Motto: ‚50% Politik, 50% Party'“ das zuvor Erlebte Revue passieren lassen und in der besagten Kneipe „ausgelassen und stimmungsvoll getagt“. Man habe, heißt es weiter, die Feiertauglichkeit der Bundeshauptstadt wohl überschätzt. „Wir bedauern, dass es nicht möglich ist, in einer Stadt, in der öffentliches Kiffen immer wieder toleriert wird, ein Deutsches Volks- und Wanderlied, mit dessen Text keinerlei politische Aussage einhergeht, zu singen.“ Zu den Vorwürfen der Homophobie: kein Wort.

Achim Kessler, Bundestagsabgeordneter der Linken, lud die JU Hessen zu einer „geschichtspolitischen Fahrt“ nach Berlin.

Die Junge Union ist die Jugendorganisation von CDU und CSU. „Beide Parteien trugen in der Vergangenheit die politische Hauptverantwortung dafür, dass homosexuelle Menschen in der Bundesrepublik auch nach Ende des Nationalsozialismus noch jahrzehntelang menschenrechtswidrig staatlich verfolgt wurden“, so LSVD-Vorstandsmitglied Hochrein weiter. Erst im letzten Jahr habe der Bundestag die Opfer dieser Verfolgung rechtlich rehabilitiert. Umso unfassbarer sei es, dass sich offenbar Mitglieder der Jungen Union in beleidigenden homophoben Ausfällen ergehen.

Auch Klaus-Peter Willsch, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Rheingau-Taunus/Limburg, verteidigte seine jungen Parteifreunde. Auf Facebook nannte er das Westerwald-Lied am Dienstag „ein Volks- und Wanderlied“, das weit über die Grenzen des Westerwaldes sehr beliebt sei. „Es ist kein Wehrmachtslied, sondern eine Liebeserklärung an unsere Heimat.“

https://www.facebook.com/klauspeter.willsch/posts/1953579384690426

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