AfD-Politikerin Nicole Höchst: Homophobie nur „angedichtet“?
Diese Nachricht sorgte Ende Januar in der LGBTI-Community für viel Unmut, und die AfD-Politikerin wehrte sich gegen die Vorwürfe. In einer Pressemitteilung beschwerte sie sich über die „Medienhatz“. Ganz wie bei der AfD üblich: Erst wird ausgeteilt und wenn es Kritik gibt, schlüpft man schnell in die Opferrolle.
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Meine Pressemitteilung bezüglich der Medienhatz zu meiner Person:PressemitteilungSitz im Kuratorium Hirschfeld… Gepostet von Nicole Höchst am Freitag, 26. Januar 2018
Gegenüber der Saarbrücker Zeitung erklärte Höchst jetzt, dass sie befürchte, dass die Öffnung die Ehe „langfristig sicher auch für Polygamie, Kinderehen und Heirat unter nahen Verwandten“ ebne. Darum favorisiere sie die „klassische Familie als unterstützenswerte Keimzelle unserer Gesellschaft“. Und: Sie wollen auf die inhaltliche Ausrichtung der Stiftung ein Auge werfen.
Nicole Höchst in der Hirschfeld-Stiftung – eine Provokation oder alles nur ein großer Irrtum? Wir fragten bei Frank-Christian Hansel nach, einem schwulen Parteifreund von Höchst. Das Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses nimmt Höchst, wenig überraschend, in Schutz.
„Als ich erfahren habe, daß sie es ist, die die AfD im Kuratorium der Magnus-Hirschfeld-Stiftung vertreten soll, war ich sehr guter Dinge. Sie passt! Sie wird sich kritisch anschauen, was da gemacht und gefördert wird. Alexis Tassis und sie haben die LGBT-Wahlkampfprüfsteine für die AfD (Bund) verfasst, so wie ich es für die Berliner Abgeordnetenhauswahl gemacht hatte.“ Einen Skandal sieht Hansel in der Personalie jedenfalls nicht.
Tolerant und lebenslistig
Mit welcher Argumentation er für die Parteifreundin in die Bresche bringt, ist allerdings bemerkenswert. In dem Statement, um das wir ihn für die Mannschaft baten, schreibt er:
„Ich habe Nicole Höchst selbst persönlich als sehr entspannte, tolerante und lebenslistige (sic!) Frau in der Programmkommission der AfD kennengelernt, der jegliche Homophobie oder was sonst ihr angedichtet wird, völlig fremd ist.“ Sie habe enge homosexuelle Freunde und „keinerlei Berührungsängste mit Transgendermenschen“.
Der Overkill an Gleichheits- und Genderthemen hilft niemandem
Was ihn und Höchst eine, das sei unter anderem der Umgang mit der „neuen (im Zuge der Migrationspolitik importierten) Schwulenfeindlichkeit“, da „falsche Toleranz hier nichts bringt“. Dann kritisiert er den „‚Overkill‘ an Gleichheits- und Genderthemen“ bei „gleichzeitig wachsender Schwulen- und Frauenfeindlichkeit von Teilen, beileibe nicht allen! neuen Migranten“ – das helfe weder den Migranten zur Integration, noch den Schwulen und Lesben.
Hansel folgt Höchst auch in der Einschätzung, dass auf die im Juni 2017 beschlossene Ehe für alle auch Kinderehen oder Vielehe folgen könne. „Das kann tatsächlich gesellschaftlich künftig in diese Richtung gehen und täte Niemandem gut“, so Hansel. Genauso hatte sich die saarländische Ministerpräsidenten Kramp Karrenbauer bereits im Sommer 2015 geäußert und damit für Empörung auch beim Koalitionspartner auf Bundesebene, SPD, gesorgt.
Anschließend kommt Hansel auf Höchsts Einschätzung zu sprechen, dass es unter homosexuellen Männern mehr Pädophile gäbe und darum das Adoptionsrecht für Homopaare abzulehnen sei. Dazu verweist er auf eine Studie inklusive Link, der sich ohne Passwort nicht lesen lässt. Aber Hansel zitiert aus dem Text: Dort geht es um sexuelle Übergriffe auf Jungen, die man bei 22 Probanden untersucht habe. 22 – das ist wohl kaum repräsentativ.
Hansel beruft sich noch auf einen weiteren Text aus dem Online-Auftritt des Ärzteblatts – nicht etwa einer wissenschaftlichen Abhandlung, sondern auf einen Leserbrief. Verfasser ist der Psychiater Michael Schröter-Kunhardt, den die ZEIT schon vor Jahren als Schwulenhetzer überführt hat: Der Mann gilt als wissenschaftlich unseriös. Unter anderem zitiert der Psychiater Erhebungen von Michael Bochow vom Wissenschaftszentrum für Sozialforschung Berlin auf verfälschende Weise. Bochow reagierte verärgert, ebenfalls auf dem Online-Portal:
Autor mit „tendenziöser Absicht“
„Der Autor konfundiert in tendenziöser Absicht gleichgeschlechliche Sexualkontakte unter volljährigen Männern mit pädosexuellen Kontakten“, schreibt Bochow, “ und unternimmt diese Gleichsetzung, nachdem er sowohl einige Ergebnisse aus meinen Erhebungen unter Männern, die Sex mit Männern haben, als auch Studien von Kollegen zitiert hat“. Bochow weist darauf hin, „dass ein signifikanter Anteil [pädosexueller] Kontakte von verheirateten Familienvätern und anderen Personen (z. B. katholische Priester) eingegangen werden, die entweder eine heterosexuelle Fassade pflegen oder sich zu sexueller Abstinenz verpflichtet haben. Dieser Personenkreis beteiligt sich aus nachvollziehbaren Gründen nicht an Umfragen, da eine homosexuelle/schwule/queere Selbstdefinition gerade in dieser Gruppe strikt vermieden wird.“
Bei Missbrauchsdelikten stammen Täter meist aus dem heterosexuellen nahen Lebensumfeld der Kinder
Der Vollständigkeit wollen wir daraufhinweisen, dass es sehr wohl homosexuelle Pädophile gibt – ebenso wie hetero- und bisexuelle. Verlässliche Zahlen, welche Gruppe am stärksten betroffen ist, gibt es nur wenige. Aber soviel steht fest: Täter in Kindesmissbrauchsdelikten sind ganz überwiegend Männer aus dem heterosexuellen nahen Lebensumfeld der Kinder – und zwar zirka 95 Prozent laut Sicherheitsberichts der Bundesregierung.
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