Guido Maria Kretschmer wird 60: «Ich bin schon vom Leben high»
Der Modedesigner, Autor und TV-Moderator Guido Maria Kretschmer hat immer Menschen gefunden, die an ihn geglaubt haben. Mit Können und Vertrauen auf das Gute hat er eine Erfolgsgeschichte geschrieben.
Sein aufrichtiges Lächeln ist das eines überzeugten Menschenfreundes - und auch ein Türöffner in seiner bewegten Vita. Dynamisch und jugendlich wirkt Guido Maria Kretschmer und dabei angenehm unverkrampft bei einer Begegnung anlässlich seines 60. Geburtstages an diesem Sonntag.
Guido Maria Hermann Kretschmer wurde am 11. Mai 1965 in Münster in eine Familie mit fünf Kindern geboren und wuchs im Dorf Einen bei Warendorf auf. Die Grossmutter und der Vater waren aus Schlesien geflüchtet. Seine Mutter und Grossmutter beschreibt er als sehr Mode-affin. «Ich habe früh verstanden, dass man durch Mode und durch Kleidung Teil einer grossen Verwandlung ist. Und das fand ich einen schönen Gedanken», sagte Kretschmer der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Mode ist die Haut der Seele.»
Den Gedanken an ein Medizinstudium oder eine Existenz als Krankenpfleger verwarf er als junger Mann schnell. Lieber lebte er auf Ibiza in einer alten Finca ohne Strom und Wasser. «Ich war sehr wild und offen. Braun gebrannt, lange Haare.» Sein Geld verdiente er als Tänzer in Clubs. Bis er auf einem Hippiemarkt in San Carlos seine ersten selbst genähten Kleidungsstücke verkaufte.
Bald lernte der junge Kretschmer schillernde Persönlichkeiten auf der Suche nach Freiheit kennen: eine Brauerei-Erbin, Nina Hagen, Grace Jones. Eines Tages schaute der Bassist von Udo Lindenberg auf der Suche nach Kostümen für die Band vorbei. Kretschmer fertigte für ihn Brokat-Jacken an. «Ich hatte schon sehr früh das Gefühl, dass ich mich auf mich verlassen konnte. Weil ich aus einer Welt kam, in der eigentlich gar nicht so viel passierte, ausser dass man geliebt wurde.»
Auch Stewardessen kamen bald an seinen Stand. Daraus ergab sich schliesslich sein erster Grossauftrag: Uniformen für die Crewmitglieder der Fluglinie Hapag-Lloyd. 1989 gründete er seine erste Firma GMK by pepper und das Modelabel Guido Maria Kretschmer Corporate Fashion. Die Textilgruppe van Delden wurde sein Geschäftspartner. Weitere Aufträge für die Deutsche Bahn, Hotels und Fluglinien folgten. Kretschmer eröffnete Showrooms in Münster, Berlin, München und Palma de Mallorca. Ab 2004 fertigte er auf seinem Label Guido Maria Couture exklusive Cocktail- und Abendgarderobe.
Sein Selbstvertrauen führt Kretschmer darauf zurück, dass er in seinem Leben durchweg Liebe erfahren habe. Erst von den Eltern, dann von seinem heutigen Ehemann Frank Mutters, mit dem er inzwischen 40 Jahre seines Lebens und drei Hunde teilt. «Ich bin immer warm und offen und mit den Menschen gut gewesen.» Die Hippies hätten ihn gelehrt, wie man bewusst lebe, so seine Überzeugung. Noch heute trägt er sein Salatwasser zu den Blumen in seinem Garten in Hamburg-Blankenese.
Für Menschen wie für Mode hat Kretschmer bis heute ein Händchen. «Wenn man die Klaviatur der Mode beherrscht, Körper, Sehnsüchte, Seele anders verpackt, kann man alles sein. Wir sind einfach sehr visuelle Wesen und wir erliegen dem Zauber. Das ist Mode.» Seine jährliche Kollektion entwickelt er an einem Wochenende. Die Couture-Linie produziert er heute nicht mehr - das Umfeld sei zu kompliziert geworden, Materialien vielfach zu teuer.
Zum Ende der Couture-Linie trug auch seine erfolgreiche Fernsehsendung «Shopping Queen» beim Fernsehsender Vox bei, die 2012 startete (MANNSCHAFT berichtete). Ich bin vom Olymp der grossen, eleganten Mode in der Realität angekommen. Bei mir sind die Kunden wirklich Könige. Ich will, dass sie eine gute Zeit haben. Ich liebe Textilien und ich weiss, was sie können.»
Auch für Theater und Oper hat Kretschmer gearbeitet - auf Ermunterung der befreundeten Schauspielerin Katharina Thalbach. Der Einstieg fiel dem Theaterfreund und Historienkenner leicht. «Zu allen Zeiten unserer Geschichte habe ich einen Look im Kopf. Ich habe viele schöne Sachen gemacht, weil Menschen an mich geglaubt und Türen aufgemacht haben. Und dann bin ich durchmarschiert.»
«Ich bin wie ein Mönch. Ora et labora (bete und arbeite), das bin ich. Ausserdem bin ich schon vom Leben high.»
Dabei ist er Ästhet durch und durch, akribisch, strukturiert. Er bezeichnet sich selbst als abhängig von Achsensymmetrie, liebt schöne Dinge, Kunst, Theater, Oper, Ballett. Er schätzt schöne Innenarchitektur auch bei den Nachbarn und kümmert sich leidenschaftlich gern um seinen Garten. «Ich wurde immer feinstofflicher über die Jahre.» Ein Gefühl von Geborgenheit und der Glaube an das Gute in der Welt trägt ihn. Exzessen kann er dagegen nichts abgewinnen. «Ich bin wie ein Mönch. Ora et labora (bete und arbeite), das bin ich. Ausserdem bin ich schon vom Leben high.»
Und was wünscht er sich zum Geburtstag, den er übrigens eher in kontemplativer Ruhe verbringen will? Für sich selbst eigentlich nichts. Aber viel für die gebeutelte Welt: «Tiere nicht quälen, Kinder lieben, sie gross werden lassen, sehen, was aus ihnen wird. Etwas freier auf unsere Existenz zu schauen mit Respekt vor allem, was lebt.»
Text: Oda Baum, dpa
Die kanadische Autorin Suzette Mayr erzählt in ihrem Buch «Der Schlafwagendiener» die Geschichte eines jungen schwarzen, schwulen Mannes, der versucht, seinen Weg in der Gesellschaft zu finden (MANNSCHAFT berichtete).
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