EU-Kommission könnte «LGBT-freien Zonen» Geldhahn zudrehen
In einem Brief an fünf polnische Verwaltungsbezirke wird die Einhaltung von EU-Recht angemahnt
Die EU-Kommission will klären, ob die Erklärung zu «LGBT-freien Zonen» den Tatbestand der Diskriminierung darstellen. Sie schickte einen Brief an fünf Verwaltungsbezirke (Woiwodschaften). Dabei geht es auch ums Geld.
Aus Sicht der Europäischen Kommission stellt die Annahme homophober Resolutionen durch einige polnische Kommunalverwaltungen, die die LGBTIQ-Gemeinschaft auf «Ideologie» reduziert, die Fähigkeit regionaler Institutionen in Frage, das Prinzip der Nichtdiskriminierung umzusetzen. An dieses Prinzip werden jetzt fünf Regionen erinnert, die Post von der Kommission erhalten haben: Es sei einem Bericht von krakow.wyborcza.pl zufolge möglich, dass jetzt «der Hahn mit Zuschlägen von der EU zugedreht» werde.
«LGBT-freie Zone»? Magdeburg warnt polnische Partnerstadt
Im April 2019 erklärte sich Małopolskie (Kleinpolen) als eine der ersten Regionen des Landes zur «LGBT-freien Zone». Rund hundert Kommunalverwaltungen im ganzen Land folgten. Im Dezember nahm das EU-Parlament eine Entschliessung an, mit der eine LGBTIQ-Strategie und gezielte Massnahmen der EU-Kommission und der Mitgliedstaaten gefordert wurden, um der Zunahme von Hassreden und ihrer Folgen in der gesamten EU entgegenzuwirken (MANNSCHAFT berichtete).
Die Adressaten des aktuellen Schreibens der Europäischen Kommission seien die Marschälle von fünf Woiwodschaften, die Anti-LGBT-Resolutionen oder deren Äquivalente verabschiedet haben, die Charta der Kommunalverwaltung über die Rechte der Familie – erstellt von Ordo Luris, einem christlich-konservativen Think Tank. Diese Woiwodschaften seien einem Bericht von onet.pl zufolge: Lubelskie, Łódź, Małopolskie, Podkarpackie und Świętokrzyskie.
Die MANNSCHAFT kommt jetzt auch nach Österreich
Ihnen werde deutlich gemacht, dass die EU das Recht habe, bei der Durchführung von Programmen aus den Europäischen Struktur- und Investitionsfonds zu prüfen, ob eine bestimmte lokale Regierungseinheit nicht aufgrund von «Geschlecht, Rasse, ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Orientierung» diskriminiert. (Die grassierende Homophobie in Polen wird u. a. auch von PiS-Chef Jarosław Kaczyński befeuert – MANNSCHAFT berichtete).
Wie eine Kommissionssprecherin am Donnerstag gegenüber MANNSCHAFT erklärte, verurteile die EU-Kommission jegliche Form der Diskriminierung aufgrund der sexuellen oder geschlechtlichen Identität. «Alle Mitgliedstaaten sind verpflichtet, unsere Grundsätze zu respektieren, wie sie in der EU-Charta verankert sind. Der Grundsatz der Nichtdiskriminierung muss auch auf allen Ebenen der EU-Förderung angewandt werden, sei es unter direkter, indirekter oder geteilter Mittelverwaltung.»
Darum hätten die Dienststellen der Kommission am 27. Mai einen Brief an die polnischen Regionalbehörden geschickt, die Erklärungen zur «LGBT-freien Zone» beschlossen haben und Programme verwalten, die von den Struktur- und Investitionsfonds der EU unterstützt werden.
«In dem Schreiben wird betont, dass die Behörden die Einhaltung von EU-Recht sicherstellen und den diskriminierungsfreien Zugang zu den von der EU-Kohäsionspolitik finanzierten Aktivitäten und Projekten gewährleisten müssen.» Kohäsionspolitik meint die Politik hinter den Hunderttausenden Projekten in ganz Europa, die Mittel aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, dem Europäischen Sozialfonds und dem Kohäsionsfonds erhalten.
So kann jede*r etwas gegen «LGBT-freie-Zonen» in Polen tun
Die Kommission habe die Behörden zu weiteren Klarstellungen aufgefordert. «Dabei sollen die Behörden auch die Massnahmen bestätigen, die sie zur Förderung von Gleichheit und Nichtdiskriminierung, einschliesslich wegen der sexuellen Ausrichtung, in EU-finanzierten Projekten unternommen haben.»
Die EU-Kommission wird von den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln – einschliesslich Finanzkorrekturen – Gebrauch machen.
Ganz grundsätzlich, so die Kommissionssprecherin weiter, seien öffentliche Behörden, die EU-Fördermittel z.B. aus Struktur- und Investitionsfonds der EU erhalten oder verwalten, dazu verpflichtet, die Charta der Grundrechte zu respektieren. «Wenn ein Mitgliedstaat die Charta bei der Durchführung von Aktionen oder Massnahmen zur Umsetzung von EU-Recht nicht ordnungsgemäss einhält, kann dies eine Unregelmässigkeit darstellen. Die Kommission wird daher dort, wo es angemessen ist, von den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln – einschliesslich Finanzkorrekturen – Gebrauch machen, um sicherzustellen, dass EU-Fonds in Übereinstimmung mit der Charta verwendet werden.»
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