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EU: Deutschland muss Hassrede effektiver bekämpfen!

Untersucht wurden die Bereiche Rassismus, Antisemitismus und LGBTIQ-Feindlichkeit

Deutschland Hassrede
Foto: Andre Hunter/ Unsplash

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) begrüsst den an diesem Dienstag vorgelegten Bericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) über Deutschland. Das ECRI hat in seinem 6. Berichtszyklus die Lage zu den Themen Rassismus, Antisemitismus, LGBTI-Feindlichkeit und Intoleranz untersucht.

Die ADS unterstützt die darin enthaltenen Empfehlungen. Gefordert werden u. a. eine intensivere Prävention und Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus, ein effektiveres Vorgehen gegen Hassrede im Internet und ein erweitertes Mandat sowie zusätzliche Kompetenzen für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ebenso wie eine schnellere Aktualisierung des Nationalen Aktionsplans für Integration und die Einrichtung von Beratungsdiensten für intersexuelle Kinder und deren Eltern.

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Der Bericht kritisiert aber auch, dass der Gesetzesentwurf zur Neuregelung der Änderung des Geschlechtseintrags das Selbstbestimmungsrecht von trans Personen stark einschränkt (MANNSCHAFT berichtete) und inter Babys weiterhin medizinisch unnötigen und verschiebbaren chirurgischen Eingriffen unterzogen werden – ein Referentenentwurf sieht vor, dass medizinische Eingriffe künftig nur in unaufschiebbaren Fällen und zur Abwendung von Lebensgefahr zulässig sind (MANNSCHAFT berichtete).

Der Bericht lobt dagegen die Tatsache, dass deutsche Politiker, darunter auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, sich öffentlich gegen Hassreden ausgesprochen und soziale Netzwerke aufgefordert hätten, ihre Richtlinien zur Beseitigung von Hate Speech durchzusetzen. Das Network Enforcement Act von 2018 verpflichtet grosse soziale Netzwerke, Hassreden «in eindeutigen Fällen innerhalb von 24 Stunden» zu entfernen, und die schwerwiegendsten Formen verschwanden von den grossen Social-Media-Plattformen.


Vergangene Woche hatte die Berliner Staatsanwaltschaft mit Justizsenator Behrendt (Grüne) angekündigt, dass es künftig eine Zentralstelle für Hasskriminalität geben werde. Ziel sei eine «aktive Vernetzung und Kooperation mit Organisationen und Initiativen von und für Betroffene von Hasskriminalität», erklärte Generalstaatsanwältin Koppers. Die Zentralstelle könne dabei an die guten Erfahrungen mit den LGBTIQ-Ansprechpersonen bei der Staatsanwaltschaft in der Hauptstadt anknüpfen.

«Hohes Mass an Offenheit und Verständnis» für Homosexuelle
In mehreren Bundesländern arbeitet die Polizei intensiv mit der Zivilgesellschaft zusammen, um die Aufdeckung und Aufzeichnung von Hassverbrechen zu verbessern, heisst in dem Bericht weiter. Umfragen zeigen ein «hohes Mass an Offenheit und Verständnis» für homosexuelle Personen, eine dritte Geschlechtskategorie divers wurde 2018 eingeführt (MANNSCHAFT berichtete) und die Behörden arbeiten an neuen Vorschriften zur Geschlechtserkennung von trans Personen und an «geschlechtsnormalisierenden» medizinischen Massnahmen für inter Kinder.

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ECRI stellt jedoch fest, dass der öffentliche Diskurs zunehmend fremdenfeindlich geworden ist und ein «hohes Mass an Islamophobie» festgestellt hat. Rassismus ist in zwei Unterorganisationen einer neuen politischen Partei «besonders offensichtlich», und der ständige rassistische und fremdenfeindliche Diskurs der extremen Rechten hat den politischen Diskurs des Mainstreams beeinflusst. ECRI stellte auch fest, dass immer mehr Rechtsextremisten «bereit sind, Gewalt anzuwenden», wobei sowohl rechte als auch islamistische Terroristen rassistische Angriffe verüben.


Viele Hassverbrechen würden nicht gemeldet, und Beweise für Online-Hassreden, die zu Gewalt führen könnten, «nicht systematisch an die Polizei übermittelt». Deutsche Sinti und Roma etwa bräuchten Hilfe, und Roma-Migranten seien häufig Opfer von Ausgrenzung und Ausbeutung. Migranten in irregulären Situationen benötigten Beratung und Unterstützung.

Starke Antidiskriminierungsstellen in Bund und Ländern sind wichtig
«Der Bericht von ECRI unterstreicht, dass Deutschland grössere Anstrengungen unternehmen muss, um Rassismus und Diskriminierung zu bekämpfen», erklärte der kommissarische Leiter der Antidiskriminierungsstelle (die seit bald zwei Jahren ohne feste Führung ist – MANNSCHAFT berichtete), Bernhard Franke, in Berlin. «Es ist gut, dass ECRI klar hervorhebt, wie entscheidend ein wirksames Gleichbehandlungsrecht und starke Antidiskriminierungsstellen in Bund und Ländern sind, wenn wir dem Problem des Alltagsrassismus ernsthaft begegnen wollen.»

Von den 15 konkreten Empfehlungen des Berichts hebt ECRI zwei als besonders dringlich hervor. Deren Umsetzung soll bereits nach zwei Jahren überprüft werden. Das betrifft zum einen den Aufbau eines «stimmigen Systems von Organisationen» zur Unterstützung von Opfern von Diskriminierung durch die Einrichtung unabhängiger Antidiskriminierungsstellen in allen 16 Ländern. Zum anderen wird gefordert, eine Studie über Racial Profiling durch die Polizei in Bund und Ländern in Auftrag zu geben, um diese Praxis zu beenden und zukünftig zu verhindern. ECRI konstatiert «starke Indizien für das Vorhandensein von ausgeprägtem Racial Profiling» in der Arbeit der Polizeibehörden.

Weiterhin kritisiert die Kommission, dass sich der «konstante rassistische und fremdenfeindliche Diskurs der extremen Rechten» zunehmend auf die öffentliche Debatte niederschlage, und stellt insbesondere einen «hohen Grad von Islamophobie» fest.

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Der Expertenkreis bereiste 2019 die Bundesrepublik und führte Gespräche mit Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, von Bund und Ländern sowie unabhängigen Fachinstitutionen. Der Bericht und die Empfehlungen berücksichtigen Entwicklungen bis zum Juni 2019.


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