Eine Lesbe und ihre Lieben: Neue Serie «Loving Her»
Gegen das Ungleichgewicht bei der Präsenz in den Medien
Homosexuelle nicht als abzuarbeitendes Problem, sondern als Menschen mit anderen Geschichten als Heteros zu zeigen, passiert im Fernsehen immer noch selten. Eine ZDFneo-Serie schafft das jetzt aber ganz gut. Von Gregor Tholl/dpa.
Nur weil sie mal vorkommen, denken manche ja plötzlich, das Fernsehen wäre voller Lesben und Schwuler oder sonstiger sogenannter Randgruppen. Die Wahrheit ist: Immer noch werden nur selten im TV oder auch Streaming Alltagsgeschichten aus dem Leben nicht-heterosexueller Menschen erzählt – auch wenn jetzt beim RTL-Streaminganbieter TVnow mit «Princess Charming» die erste lesbische Datingshow läuft, die auch fortgesetzt werden soll, und es international Serien wie «The L Word», «Feel Good» oder «Work in Progress» gab und gibt.
Das ZDF hat jetzt die lesbische Miniserie «Loving Her» im Programm, zwei Monate nachdem die ARD im Mai die schwule Serie «All You Need» herausgebracht hat (MANNSCHAFT berichtete). Auffällig: Wenn es sich auf der Höhe der Zeit anfühlen soll, geht es bei den Öffentlich-Rechtlichen wohl nicht ohne englischen Serientitel.
Auch «Loving Her» läuft zuerst ab Donnerstag in der Mediathek und dann am Samstag (3. Juli) im linearen TV bei ZDFneo ab 21.40 Uhr gleich alle sechs Folgen am Stück – zusammen knapp 90 Minuten.
Selbst bei den Streamingdiensten, die im Vergleich zum klassischen Fernsehen Serien mit diverseren Storys im Angebot haben, zeigen zentrale Rollen Frauen nur zu 4 Prozent als gleichgeschlechtlich orientiert, Männer dagegen zu 7 Prozent. Das fand die MaLisa-Stiftung von Maria Furtwängler heraus – studiengestützt von der Uni Rostock und der Medienwissenschaftlerin Elizabeth Prommer.
Frauen sind auf dem Bildschirm überhaupt weniger präsent. Auch diesem Ungleichgewicht wirkt jetzt das ZDF mit der Instant-Dramaserie «Loving Her» entgegen, in der Männer nur Mini-Rollen haben. «Instant-Fiction» bedeutet, dass die Serie extra beschleunigt produziert wurde und damit aktueller erscheint.
In «Loving Her» geht es um eine Mittzwanzigerin und ihre Liebschaften in Berlin. Die nach dem Literaturstudium arbeitslose Hanna (Banafshe Hourmazdi, bekannt aus dem Film «Futur drei», MANNSCHAFT berichtete) will nach fünf Jahren die Stadt verlassen und aus ihrer aufgelösten WG zurück zu ihren Eltern nach Bielefeld ziehen. In der letzten Folge taucht auch Jasmin Tabatabai als ihre Mutter auf.
Auf der Strasse trifft Hanna ein paar Tage vor dem Umzug zufällig ihre Jugendliebe Franzi wieder (Lena Klenke, bekannt aus «How to Sell Drugs Online (Fast)»). Hanna beginnt daraufhin, ihre bisherigen Beziehungen und Affären Revue passieren zu lassen.
Es geht im Folgenden um die party- und drogenaffine Lara (Emma Drogunova), die unerreichbare Musikerin Anouk (Larissa Sirah Herden), die Chefin beim Verlagspraktikum namens Josephine (Karin Hanczewski) und um die ungeoutete, unsichere Medizinstudentin Sarah (Soma Pysall). Die kurzen Episoden heissen entsprechend «Loving Anouk» oder (besonders gelungen als Folge) «Loving Josephine».
Wir erleben das Ende einer grossen Liebe und den Reiz einer verbotenen Affäre.
Die Drehbuchautorin Marlene Melchior sagt, sie habe als Mädchen Serien und Filme über queere Frauen und ihre Lebenswelt vermisst. Umso mehr freue sie sich, beim Aufholen zu helfen. «Wir erleben das Ende einer grossen Liebe, das Erfahren von oberflächlichem Sex, die Fallstricke des Verknalltseins und den Reiz einer verbotenen Affäre.»
Die Regisseurin und Co-Drehbuchautorin Leonie Krippendorff betont: «Was Hannas Liebesleben im deutschen Fernsehen weitestgehend unerzählt macht, sind nicht die Beziehungsstrukturen oder die Gründe, warum Hanna sich verliebt, weshalb sie Herzen bricht und ihr eigenes gebrochen wird – es ist einzig und allein der Fakt, dass eine Frau Frauen liebt.» Da junge Leute ganz selbstverständlich queere Identität lebten, müsse Fernsehen diese Lebenswirklichkeit auch erzählen.
Der ZDF-Serie «Loving Her» gelingt das alles in allem weniger aufgesetzt als der schwulen ARD-Serie «All You Need», die zuviel erklären wollte, anstatt die Figuren einfach für sich sprechen zu lassen.
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