Ein Leben ohne Twitter ist möglich

Braucht man jetzt wirklich direkt die nächste Plattform?

Twitter logo in Chelsea, New York (Foto: Nancy Kaszerman/ZUMA Press Wire/dpa)
Twitter logo in Chelsea, New York (Foto: Nancy Kaszerman/ZUMA Press Wire/dpa)

Nach der Übernahme durch Elon Musk kommt Twitter nicht aus den Schlagzeilen. Etliche Nutzer*innen verabschieden sich und wechseln zu anderen Plattformen. Lieber mal eine Pause machen, empfiehlt unser Autor in seinem Kommentar*.

Elon Musk will auf den Mond. Bittesehr. Weltraumreisende soll man nicht aufhalten. Aber was will er da? Es gibt keine Bäume, die man roden könnte, und vermutlich auch zu wenig Wasser, das man anderen Leuten abgraben kann. Sein Tesla-Werk in Brandenburg soll ja so viel Wasser benötigen wie eine 40.000-Leute-Stadt.

Ich frage mich, ob sein Twitter überhaupt auf dem Mond läuft? Wobei, schlimmer als das WLAN in Niedersachsen wird es schon nicht sein.

Wenn es Twitter überhaupt noch so lange gibt. Seit Elon die Musk-el spielen lässt, nehmen rassistische Tweets zu, und der Chief Twat .. pardon Twit! teilt höchstselbst Verschwörungsquatsch, wonach der Angriff auf den Gatten von US-Demokratin Nancy Pelosi, Paul, so eine Art schwules Sex-Date gewesen sein soll.

Kit Connor, einer der Schauspieler aus der zauberhaften Serie «Heartstopper», kam diese Woche kurz mal zurück, um sich auf Twitter als bi zu outen (MANNSCHAFT berichtetet). Fans der Serie hatten ihn dazu förmlich gedrängt, schliesslich spielt er einen bisexuellen Jungen. Da müsse er sich doch auch zu seiner eigenen Sexualität äussern. Was für ein Unsinn!

Kein Wunder, dass sich Musk so gut mit Ex-Präsident Trump versteht.

Schon sieht sich Herr Musk als Opfer von «Aktivistengruppen», die versuchen, «die Redefreiheit in Amerika zu zerstören». VW hat seine Werbekampagne pausiert, General Motors auch. Andere werden folgen. Musk hat nun gedroht, Werbekunden, die keine Anzeigen mehr bei Twitter schalten, öffentlich blosszustellen. Kein Wunder, dass sich der Mann so gut mit Ex-Präsident Trump zu verstehen scheint. Denn das ist beiden gemein: Wenn man sie kritisiert, werden sie zickig.

Nun gibt es nicht wenige Endverbraucher*innen, die Twitter ganz aufgeben und sich eine andere Plattform suchen. Die Beschäftigen können da übrigens nicht wählen: Denen wird jetzt haufenweise gekündigt. Laut Medienberichten aus den vergangenen Tagen könnte mit rund 3700 Jobs etwa jeder zweite Arbeitsplatz bei Twitter betroffen sein.

Unter Twitter-User*innen soll Mastodon recht beliebt sein, von fast 50’000 Neuzugängen am Tag ist die Rede. Tschö Twitter! – kann man ja finden. Aber warum muss man sich direkt in die nächste Abhängigkeit mit einem anderen a-sozialen Hetzwerk begeben?

Warum direkt die nächste Plattform suchen, wo man sich früher oder später auch mit homo- und trans- und frauenfeindlichem Quatsch auseinandersetzen muss oder die Babyfotos von Freunden bewundern soll. Oder sich mit ihnen über Corona-Impfungen oder den Ukraine-Krieg zerstreiten kann. Ich empfehle dazu aus eigener Erfahrung: WhatsApp.

Man darf sich nicht zu früh freuen: Wer glaubt, Elon Musk fällt Twitter jetzt so wie die Bäume in Grünheide, der irrt vermutlich. Denn wenn die Linken gehen, kommen die Rechten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der orangefarbene Ex-Bewohner des Weissen Hauses auf Twitter wieder seine Lügen verbreiten darf. Und seine Fans werden hetzen gegen alles, was nicht bei 3 auf einem der Bäume ist, die Tesla in Brandenburg zum Ausgleich neupflanzen musste.

Ich empfehle also nach dem Deaktivieren von Twitter: Einfach mal einen Moment innehalten und die Ruhe geniessen. Und die Zeit, die man gewinnt. Man könnte endlich mal den Keller aufräumen oder was stricken. Soll ja kalt werden im Winter.

* Die Meinung der Autor*innen von Kommentaren spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.

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