in ,

Diskriminierung im Job erlebt über die Hälfte der LGBTIQ

Chefs spielen diskriminierende Vorfälle häufig herunter, zeigt eine aktuelle Umfrage

Foto: Unsplash

Die Jobplattform Indeed hat gemeinsam mit der Uhlala Group Arbeitnehmer*innen aus der LGBTIQ-Community zu ihrem Arbeitsumfeld befragt.

Anlässlich des Pride Month setzen viele Arbeitgeber*innen etwa mit der Regenbogenfahne in den sozialen Netzwerken ein Zeichen, um sich öffentlich für die Rechte von LGBTIQ auszusprechen. Am Arbeitsplatz bietet sich jedoch ein anderes Bild: Über die Hälfte der befragten LGBTIQ hat am Arbeitsplatz bereits Diskriminierungen erlebt, gleichzeitig ziehen Arbeitgeber*innen in solchen Situationen nur selten Konsequenzen. Das hat die Jobseite Indeed gemeinsam mit der Personalberatung Uhlala Group in einer repräsentativen YouGov-Umfrage unter 1.031 Arbeitnehmer*innen herausgefunden, die sich als LGBTIQ identifizieren.

Trans Personen überdurchschnittlich oft diskriminiert
57 Prozent der Befragten geben an, dass sie aufgrund ihrer LGBTIQ-Zugehörigkeit bereits diskriminierende Erfahrungen am Arbeitsplatz gemacht haben. Zehn Prozent fühlen sich sogar häufig diskriminiert. Trans Frauen und Männer erleben überdurchschnittlich oft Diskriminierungen (87 bzw. 58 Prozent). Zu den häufigsten Diskriminierungserfahrungen gehören abfällige Kommentare oder Witze über LGBTIQ (51 Prozent) und Ignoranz und Unverständnis (35 Prozent). Auch in Bezug auf das berufliche Fortkommen berichten die befragten LGBTIQ von negativen Erfahrungen: 31 Prozent geben an, dass sie aufgrund ihrer Geschlechtsidentität bzw. sexuellen Orientierung schon einmal in ihrer Karriere benachteiligt wurden.

Wenn Queers Diskriminierungen am Arbeitsplatz erleben, reagieren 37 Prozent der Befragten nicht weiter und ignorieren solche Vorfälle. Nur 25 Prozent melden diese bei ihren Chef*innen bzw. bei den Personalverantwortlichen oder leiten rechtliche Schritte ein (neun Prozent). Dass nur ein Viertel der Befragten Diskriminierungen meldet, kann an der Reaktion der Arbeitgeber*innen liegen. Denn fast ein Drittel (28 Prozent) der Unternehmen spielt die Situation im Fall einer Meldung herunter oder reagiert gar nicht erst darauf. 39 Prozent der Arbeitgeber*innen zeigen laut der Befragung zumindest eine informelle Reaktion. Nur bei 18 Prozent folgt eine offizielle Untersuchung mit Konsequenzen für die verantwortlichen Personen.


Konsequenzen ziehen häufiger die Betroffenen selbst: 22 Prozent haben aufgrund von Diskriminierungen mindestens schon einmal ihren Job gekündigt. Unter den jüngeren Beschäftigten sind es sogar noch mehr. Von den Befragten zwischen 25 und 44 Jahren haben 34 Prozent mindestens schon einmal gekündigt, weil sie am Arbeitsplatz diskriminiert wurden. In dieser Gruppe sind auch nur 31 Prozent bereit, Diskriminierungen klaglos hinzunehmen (vs. 37 Prozent im Durchschnitt).


«Ich sagte: Ich bin Sarah, körperlich noch ein Mann und würde gerne bei euch spielen. Ich wurde super aufgenommen im Team, einzige Bedingung war damals: Duschen in Unterhose.»  (MANNSCHAFT+)


Nur 32 Prozent der Befragten gehen komplett offen mit der eigenen Geschlechtsidentität bzw. sexuellen Orientierung um. Genauso viele Befragte sind teilweise offen – bei einzelnen Kolleg*innen, die sie besser kennen, nicht aber bei Kund*innen oder Mandat*innen. Dabei fühlen sich immerhin 85 Prozent nach ihrem Coming-out im Unternehmen unterstützt und akzeptiert. Neun Prozent aller Befragten halten ihre sexuelle Orientierung bzw. Geschlechtsidentität im Arbeitskontext hingegen geheim, noch höher fällt dieser Anteil unter trans Frauen und Männern (15 bzw. 19 Prozent) aus. Begründet wird die Geheimhaltung mit der Trennung zwischen Privat- und Berufsleben (63 Prozent), aber auch mit der Angst vor Diskriminierung oder beruflichen Nachteilen (39 bzw. 20 Prozent).


Für 25 % der Befragten stellt der Umgang mit der eigenen Geschlechtsidentität bzw. sexuellen Orientierung eine psychische Belastung am Arbeitsplatz dar. Auch hier haben vor allem trans Frauen und Männer mit der Belastung zu kämpfen (59 bzw. 55 Prozent). Deutlich seltener fühlen sich die Befragten psychisch belastet, die am Arbeitsplatz komplett offen mit ihrer Geschlechtsidentität bzw. sexuellen Orientierung umgehen (17 Prozent).

Für knapp ein Drittel der Befragten ist es während der Jobsuche wichtig, dass ein Unternehmen in Jobanzeigen auf eine offene Kultur in Bezug auf LGBTIQ hinweist. Unter den Befragten, die bereits Diskriminierungserfahrungen im Job gemacht haben, sind es mehr als doppelt so viele (79 Prozent). Insgesamt ist gut die Hälfte aller Befragten zufrieden mit der Unterstützung ihrer Arbeitgeber*innen, eine wertschätzende Arbeitsumgebung für LGBTIQ zu schaffen (57 Prozent).

Es darf nicht sein, dass Betroffene Angst vor einem Coming-out haben.

Stuart Bruce Cameron, Geschäftsführer der Uhlala Group, kommentiert in einer Pressemitteilung: «Auch 2023 werden LGBTIQ noch am Arbeitsplatz diskriminiert, die Konsequenzen für diskriminierendes Verhalten sind zu schwach. Hier müssen Arbeitgeber*innen klarer durchgreifen, um eine positive und sichere Arbeitsatmosphäre für alle zu schaffen. Es darf nicht sein, dass Betroffene Angst vor einem Coming-out haben. Das Einsetzen für Belange von LGBTIQ darf nicht beim Pride Month enden, sondern muss auch heissen, dass Unternehmen keine Art von Diskriminierung dulden – das ganze Jahr über.»


Tugendterror in den App-Stores – Scruff verbietet Jockstrap-Fotos


«Nur gut die Hälfte der Befragten arbeitet in Unternehmen, die eine wertschätzende Arbeitsatmosphäre für LGBTIQ schaffen. In dieser Frage müssen Arbeitgebende noch einiges an ihrer Unternehmenskultur verbessern – und sie sollten sich damit nicht allzu lange Zeit lassen. Denn knapp ein Viertel aller LGBTIQ Befragten hat nach Diskriminierungserfahrungen schon einmal den Job gekündigt – von den jüngeren Beschäftigten sogar noch mehr. Die junge Generation von Beschäftigten ist weniger bereit, sich mit toxischen Strukturen abzufinden. Wer als modernes Unternehmen dem Fachkräftemangel etwas entgegensetzen will, muss ein attraktives Arbeitsumfeld schaffen, in dem sich auch LGBTIQ wertgeschätzt fühlen», so Frank Hensgens, Geschäftsführer Indeed DACH.

Gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut YouGov haben Indeed und die Uhlala Group nach eigenen Angaben im Zeitraum zwischen dem 23. und dem 29. Mai insgesamt 1’031 Personen befragt, die sich der LGBTIQ-Community zugehörig fühlen.


Gottesdienst

Morddrohungen gegen schwulen Pfarrer aus Köln

Verbot Pride-Flagge Hamtramck USA

Muslimischer US-Stadtrat verbietet die Pride-Flagge