Die deutsche Fussball-Elf könnte sich besser fühlen als «medium»
Man hätte als Gewinner der Herzen vom Platz gehen können, meint unser Kommentator
Die Fussball-WM ist gelaufen, jedenfalls für die deutsche Elf. Hätte sich der DFB nicht von Katar und der FIFA einschüchtern lassen, könnte die Mannschaft jetzt wenigstens erhobenen Hauptes zurückkehren, schreibt unser Autor in seinem Kommentar*.
Die deutsche Fussball-Nationalmannschaft ist wieder zu Hause. Ihre Maschine ist am Freitagabend für einen Zwischenstopp am Münchner Flughafen gelandet. Dort verliess Abwehrspieler Antonio Rüdiger als Erster den Flughafen. Über das vorzeitige Aus reden wollte er genauso wenig wie Torhüter Manuel Neuer oder Olive Bierhoff, der Direktor des Deutschen Fussball-Bundes (DFB).
Immerhin, Thomas Müller, der am Donnerstag mit emotionalen Worten seinen Abschied aus der Nationalmannschaft angedeutet hatte, offenbarte einen kleinen Einblick in seine Gefühlswelt: «Geht mir medium».
Nicht überraschend. Die Mannschaft hat ja auch nur medium gespielt, bestenfalls. «Deutschland beschliesst, das Fussball-Turnier in Katar vorzeitig zu verlassen» – wurde denn auch in den Sozialen Medien gewitzelt.
Ja, das erneute Vorrunden-Aus ist maximal blamabel für ein Land, das noch vor acht Jahren die Weltmeisterschaft gewonnen hat. Aber es gibt noch mehr, wofür die Mannschaft und der DFB schämen sollten: Erst ersann man, mit Ländern wie den Niederlanden und der Schweiz, aus Rücksicht auf den Gastgeber Katar eine überflüssige, kriecherische Binde mit dem Aufdruck «One Love» (dazu der MANNSCHAFT-Kommentar) – aber ohne Regenbogenfarben, auf die man im Wüstenstaat ganz besonders allergisch reagiert. Dann traute man sich nicht mal diese zu tragen, weil die FIFA drohte, deren Einsatz mit einer Gelben Karte zu ahnden.
Bei dem Vorrunden-Ergebnis der Deutschen muss man sagen: Eine Gelbe Karte, selbst eine pro Spiel, hätte ihr Abschneiden kaum peinlicher aussehen lassen. Im Gegenteil: Man könnte jetzt erhobenen Hauptes in die Heimat zurückkehren. Und Müller hätte verkünden können: «Mist, wir haben verloren, aber wir haben uns nicht von Gianni Infantino und seiner FFIA gängeln lassen.» Dann muss man sich auch nicht medium fühlen. Man hätte als Gewinner der Herzen vom Platz gehen können.
Man soll die Politik aus dem Fussball lassen? Ja, keine so unberechtigte Forderung, aber unrealistisch und zu spät. Bei der Fussball-EM im vergangenen Jahr war Manuel Neuer mit der regenbogenfarbenen Kapitänsbinde aufgelaufen (damals wurde sogar gegen ihn ermittelt – MANNSCHAFT berichtete), u.a. der englische Kapitän machte es ihm nach. Da konnte man nun kaum salbungsvoll nicken, als die «One Love»-Nationen den Rückzieher verkündeten.
Zumal das mit der Gelben Karte ja vielleicht nur ein Bluff war. Im FIFA-Regelwerk lässt sich kein offenbar kein Passus finden, der das gerechtfertigt hätte. Das sagt u.a. der deutsche Schiedsrichter-Experte Alex Feuerherdt. Der erklärte Ende November bei N-TV, die «One Love»-Binde dürfe nicht zu einer Verwarnung führen. «Ich suche nach der Regelgrundlage für die Entscheidung seitens der FIFA», sagte Feuerherd: Finden konnte er sie bisher nicht.
Dänemark – auch schon ausgeschieden, nach dem 0:1 gegen Australien – denkt bereits darüber nach, aus dem Weltfussballverbandt FIFA auszutreten. Sollte die WM 2030 tatsächlich an Saudi-Arabien vergeben werden (MANNSCHAFT berichtete), wäre ein solcher Schritt auch für den DFB angezeigt. Vorausgesetzt, dass man dort noch einen Rest Glaubwürdigkeit bewahren möchte.
* Die Meinung der Autor*innen von Kommentaren spiegelt nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider.
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