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Der Bund beschafft 40’000 Dosen Impfstoff gegen Affenpocken

Pink Cross und Aids-Hilfe begrüssen den Entscheid des Bundesrates

Affenpocken
In Berlin wird ein Mann gegen Affenpocken geimpft (Foto: Paul Zinken/dpa)

Um die Ausbreitung der Affenpocken einzudämmen, will der Bund 40’000 Dosen eines Impfstoffs gegen Affenpocken beschaffen. Schätzungen seien schwierig, aber der Bund gehe von rund 20’000 impfwilligen Personen aus.

Zudem ist vorgesehen, 500 Behandlungseinheiten eines Arzneimittels gegen Affenpocken zu erwerben, welches schwere Verläufe und Komplikationen bei erkrankten Personen verhindert. Gleichzeitig wird die Armee 60’000 Impfdosen und 500 Behandlungen für die Bereitschaft von Einsatzkontingenten beschaffen, weil dieser Impfstoff auch bei einem Ausbruch anderer Pockenviren eingesetzt werden kann. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 24. August 2022 die zentrale Beschaffung beschlossen. Diese gemeinsame Bestellung ermöglicht ein Einsparpotenzial.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) beabsichtigt, in Zusammenarbeit mit der Armeeapotheke, einen Impfstoff der Firma Bavarian Nordic gegen Affenpocken und das antivirale Arzneimittel Tecovirimat des Herstellers SIGA zu beschaffen. Bisher wurden in der Schweiz über 400 Fälle von Affenpocken registriert (MANNSCHAFT berichtete). Dabei handelt praktisch ausschliesslich um Männer – es sind nur drei Fälle von Infektionen bei Frauen bekannt. Am meisten betroffen sind die Kantone Waadt, Genf und Zürich.

Jetzt sind die Kantone gefordert, die Impfungen schnell zu verabreichen.

Eine zentrale Beschaffung durch den Bund dränge sich auf, da die Firmen zurzeit nur Staaten beliefern. Beim Bund ist als Beschaffungsstelle dafür die Armeeapotheke vorgesehen, welche die Impfdosen anschliessend den Kantonen zur Verfügung stellt. Die definitive Beschaffung setzt die Zustimmung der Finanzdelegation voraus.


Die Aids-Hilfe Schweiz ist froh über den Entscheid des Bundesrates. Es sei nun von zentraler Bedeutung, dass rasch und unbürokratisch geimpft wird. Florian Vock, Leiter Key Populations der Aids-Hilfe Schweiz, betont: «Jetzt sind die Kantone gefordert, die Impfungen schnell zu verabreichen, sobald sie eintreffen. Der Ansturm auf die Impfung wird gross sein. Deshalb müssen Kriterien und Prozesse schweizweit einheitlich definiert werden, sonst kommt es zu Unverständnis und Frustration.» Dies würde der Impfbereitschaft massiv schaden. «Gerade weil nicht davon auszugehen ist, dass alle Impfdosen gleichzeitig verfügbar sind, muss die Verteilung schweizweit einheitlich geregelt und transparent kommuniziert werden.»

Das Ziel muss sein, dass alle Männer sowie trans Personen mit wechselnden, nicht-festen (männlichen) Sexualpartnern Zugang zur Impfung haben – unabhängig von anderen Kriterien. «Es darf nicht zu peinlichen Befragungen oder unverhältnismässigen Ausschlusskriterien kommen. Es wäre ineffizient und stigmatisierend, die Leute nach Anzahl Sexualpartner oder HIV-Status zu fragen und würde nicht zuletzt die Privatsphäre verletzen» so Vock.

Auch Pink Cross begrüsst die Entscheidung des Bundesrates, bezweifelt jedoch, ob 40’000 Dosen tatsächlich reichen. Der Bund sollte deshalb die 60’000 Impfdosen, die zusätzlich durch die Armeeapotheke beschafft werden, bei Bedarf auch gegen die Affenpocken einsetzen, so der Geschäftsleiter von Pink Cross, Roman Heggli, in einer ersten Reaktion.


Die Kosten für das antivirale Arzneimittel und den Impfstoff sowie deren Anwendung für das zivile Gesundheitswesen belaufen sich auf rund 8.6 Millionen Franken. Die Kosten des Impfstoffs und der Verimpfung werden vom Eidgenössischen Departement des Innern übernommen, bis die Voraussetzungen dafür geschaffen sind, dass die Obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten übernehmen kann.

Die Eidgenössische Kommission für Impffragen EKIF und das BAG werden folgenden Risikogruppen eine Impfung empfehlen: für MSM (Männer, die Sex mit Männern haben) und trans Personen mit häufig wechselnden Sexualpartnern, für Personen, die aus beruflichen Gründen gegenüber Affenpockenviren exponiert sind (medizinisches Personal/Personal von Speziallaboratorien), und für Kontaktpersonen von erkrankten Personen. Damit sollen die Infektionsketten unterbrochen und auch Kinder, Schwangere und allfällige weitere Risikopersonen geschützt werden.


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Sollte die Nachfrage die zur Verfügung stehenden Kontingente übersteigen, wäre eine Priorisierung der am stärksten gefährdeten Personen notwendig. Es können aktuell noch keine Angaben gemacht werden, wann der Impfstoff in die Schweiz geliefert werden kann. Im Moment ist davon auszugehen, dass zum Zeitpunkt der Lieferung der Impfstoffe noch keine Zulassung seitens Swissmedic vorliegen wird. Eine Zulassung setzt einen Antrag der Herstellerinnen voraus, welcher bis anhin nicht eingereicht wurde. Es handelt sich deshalb um die Anwendung eines nicht zugelassenen Impfstoffes und Arzneimittels. Dies ist grundsätzlich möglich, setzt jedoch eine entsprechende Information derjenigen Personen voraus, welche die Impfung oder das Arzneimittel erhalten.

Das antivirale Arzneimittel Tecovirimat wird hauptsächlich bei schwerem Krankheitsverlauf eingesetzt, um den Verlauf zu mildern oder um Komplikationen zu reduzieren.

Vor dem Hintergrund der dringenden Beschaffung für das zivile Gesundheitswesen wird die Armee gleichzeitig ihre Bestände mit Impfstoff der dritten Generation sowie dem antiviralen Arzneimittel gegen Pocken ergänzen. Dabei geht es nicht um eine Schutzmassnahme gegen Affenpocken, sondern darum, die Bereitschaft von Einsatzkontingenten bei einem Ausbruch der lebensbedrohlichen Pocken (Variola major) sicherzustellen. Der Impfstoff gegen Pocken und Affenpocken ist laut Bundesrat derselbe. Mit einer gemeinsamen Beschaffung für das zivile Gesundheitswesen und die Armee könne die Schweiz von besseren Konditionen profitieren.

Konkret werde die Armee 60’000 Impfdosen des Pockenimpfstoffes und 500 Behandlungen des antiviralen Arzneimittels beschaffen. Die Anzahl der Impfdosen für die Armee basiert auf den Erfahrungen für Einsatzkontingente der Armee aus der Covid-19-Pandemie. Die Gruppe Verteidigung werde die Beschaffung ihrer Impfdosen und Therapeutika aus ihrem ordentlichen Budget finanzieren, teilte der Bundesrat mit.


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