DAVA-Parteigründung: Kommt jetzt eine «türkischsprachige AfD»?
Der schwule Vorsitzende der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe warnt
Politiker*innen mehrerer Parteien in Deutschland haben sich besorgt über die mögliche Gründung eines Ablegers der türkischen AKP-Partei für die kommende Europawahl gezeigt. Nun äusserte sich auch der Bundestagsabgeordnete Max Lucks (Grüne) und warnt bei Welt-TV vor einer «türkischsprachigen AfD».
Zuvor hatte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken ebenfalls bei Welt-TV zur DAVA (Demokratische Allianz für Vielfalt und Aufbruch) gesagt: «Für mich ist es wichtig, dass wir gerade unseren türkischstämmigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in Deutschland deutlich machen, dass Deutschland zusammengehört, dass wir ein Volk sind, dass wir es weder zulassen werden, dass Kräfte wie jetzt diese rechtsextremistischen Netzwerke in die Nähe der Macht kommen, die Migrantinnen und Migranten deportieren wollen, aber natürlich auch nicht die spalterischen Tendenzen eines Recep Tayyip Erdogan hier eine Rolle spielen dürfen.»
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) schrieb auf der Plattform X: «Ein Erdogan-Ableger, der hier zu Wahlen antritt, ist das Letzte, was wir brauchen.»
«Weitere extreme Partei im Land» Hintergrund ist ein Bericht der Bild am Sonntag über die Gründung einer «türkisch-islamistischen Partei». Der Zeitung liegt nach eigenen Angaben die Gründungserklärung vor. Als Spitzenkandidaten für die Europawahl seien vier Männer benannt, die früher für die islamisch-konservativen Regierungspartei AKP von Präsident Erdogan oder deren Vorfeldorganisationen tätig gewesen sein sollen.
Der schwule Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU) warnte auf X, ein Erdogan-AKP-Ableger in Deutschland, «das wäre eine weitere extreme Partei im Land».
Nun ergänzt der gleichfalls offen schwule Lucks als Vorsitzender der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe: «Es ist natürlich schockierend. Da bildet sich gerade eine Partei heraus, die die Errungenschaften der Europäischen Menschenrechtskonvention infrage stellt.» Bislang wende sich in Deutschland nur die AfD gegen diese Menschenrechtskonvention. «Deswegen haben wir es aus meiner Sicht mit einer türkischsprachigen AfD zu tun», so Lucks.
«Bessere Integrationspolitik» Viele türkischstämmige Menschen würden sich der neuen extremen Partei in Deutschland aber zur Wehr setzen «und weiterhin demokratische Parteien wählen», meint Lucks. Nun sei eine «bessere Integrationspolitik» notwendig, um der «nationalistischen Rhetorik» der Erdogan-nahen Partei etwas entgegenzusetzen.
Der 26-jährige Lucks warnt auch vor Erdogan-nahen Vorfeldorganisationen wie der Ditib, gegen die nicht genug getan worden sei. Das räche sich jetzt, erklärte Lucks bei Welt-TV.
Lucks hatte schon mehrfach das Erdogan-Regime kritisiert. So erklärte er beispielsweise im vergangenen Jahr, dass der türkische Präsident sexuelle und geschlechtliche Minderheiten «grausam als Spielball für seine menschenfeindliche Propaganda» missbrauche (MANNSCHAFT berichtete).
Mit DAVA ist innerhalb kürzester Zeit bereits die dritte (geplante) LGBTIQ-feindliche Parteigründung bekannt geworden. Zur Erinnerung: Ex-CDU-Mitglied Hans-Georg Maaßen plant, die homophobe Werteunion in eine Partei umzuwandeln. Und dann gründete sich das «Bündnis Sahra Wagenknecht», mit einer Namensgeberin, die in Bezug auf queere Menschen von «skurrilen Minderheiten» spricht. (mit dpa)
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