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Neues britisches Parlament hat höchste Homo-Dichte der Welt

Die Wahl in Grossbritannien hat nicht nur Boris Johnson einen Erdrutschsieg beschert, sondern die Zahl von LGBTIQ-Parlamentsmitgliedern dramatisch gesteigert. Dazu gehört auch der erste gewählte offen schwule Muslim der Welt

britisches Parlament
Der frisch gewählte Boris Johnson spricht vor 10 Downing Street zu Journalisten (Foto: Screenshot / Channel 4)

Über Boris Johnsons erdrutschartigen Wahlsieg kann man geteilter Meinung sein. «Ihr habt die politische Landkarte verändert», rief er Anhänger*innen bei einem Auftritt in einem Cricketclub im nordenglischen Sedgefield zu. Fakt ist, dass es jetzt ein britisches Parlament gibt mit der höchsten Zahl an LGBTIQ-Mitgliedern aller Zeiten haben wird – und der höchsten Zahl an gewählten LGBTIQ-MPs in der Welt!

Bei der Wahl letzte Woche sicherten sich die Konservativen bekanntlich viele Sitze, sie seit 1932 fest in Labour-Hand waren. Noch vor der Wahl traten sechs LGBTIQ-Tories und ein LGBTIQ-Labour-MP zurück, während drei nochmals kandidierende LGBTIQ-Labour-MPs ihre Sitze verloren. (MANNSCHAFT berichtete.)

Aber das war nur der Auftakt. Denn wie es scheint ist inzwischen die Zahl der «offenen» LGBTIQ-MPs dramatisch gestiegen: auf 20 Tories, 15 Labour und 10 Scottish National Party (SNP) Vertreter*innen.

Das bedeutet im Klartext: In Westminster versammelt sich künftig die höchste Zahl von gewählten «geouteten» bzw. «outen» Parlamentsmitgliedern in der Welt.


Die University of North Carolina at Chapel Hill hat dazu eine Grafik erstellt, die die neue Situation verbildlicht.

britisches Parlament
Britisches Parlament: Übersicht zu den neuen LGBTIQ-MPs (Quelle: University of North Carolina at Chapel Hill)

Die Schottische Nationalpartei von Nicola Sturgeon hat proportional gesehen den höchsten Anteil von schwulen, lesbischen oder bisexuellen MPs, während es bei den Tories 5,5 Prozent sind und bei Labour 7,4 Prozent. Bei den Liberal Democrats gibt es keine geouteten LGBTIQ-Parlamentarier*innen, die Partie hatte bekanntlich bei der Wahl eine vernichtende Niederlage erlebt. Auch bei der Green Party und bei der homohassenden nordirischen DUP gibt es keine bekannten oder bekennenden LGBTIQ-Vertreter*innen im Parlament.

Auch sonst hat sich einiges bewegt: Mehr als die Hälfte der Labour-MPs sind jetzt Frauen, auch das eine Erneuerung, und von den 26 neuen männlichen Labour-MPs sind nur vier «weisse» Männer.


Der erste offen schwule gewählte Muslim
Eine weitere neue Entwicklung für die Geschichtsbücher ist die Tatsache, dass mit der Wahl von Imran Ahmad-Khan der erste offen schwule Muslim weltweit in ein Parlament kommt.

Imran Ahmad-Khan im Interview mit dem Sender Channel 4 (Foto: Screenshot / Channel 4)

Imran Ahmad-Khan ist der MP für Wakefield in Yorkshire. Es ist das erste Mal seit 1931, dass in diesem nordenglischen Wahlkreis ein Konservativer gewonnen hat. Zudem ist Kahn der erste «Ahmadiyya», der jemals ins britische Parlament gewählt wurde, also Mitglied der islamischen Gemeinschaft, die von Mirza Ghulam Ahmad in den 1880er-Jahren in Britisch-Indien gegründet wurde. Er ist ein vehementer Brexit-Befürworter und erklärt seinen Erfolg mit den «Islington Remainers» die alle Brexit-Wähler*innen als «dumm, ungebildet, rassistisch und falsch» gebrandmarkt hatten.

«Ich glaube [die Menschen in Wakefield] haben die Nase voll von Politikern, die ihnen sagen, was sie denken sollen», bemerkte Khan in einem Channel-4-Interview nach der Wahl. «Es gibt viele Töchter, Ehemänner, Ehefrauen und Kinder von Bergarbeitern, die sehr, sehr genervt davon sind, dass ihnen die Islington Remainers und andere gesagt haben, sie seien wegen ihres Wunsches, die EU zu verlassen, ohne Bildung, blöd, rassistisch und auf dem Holzweg.»

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Er ergänzte: «In Wakefield sind die Menschen schlau genug, sie brauchen niemanden, der von oben herab zu ihnen spricht, weder aus Islington, noch von anderswo.»

Kahn behauptet im Interview mit Channel 4 auch, dass die Konservativen kein «Islamophobie-Problem» hätten und es trotz rassistischer und islamfeindlicher Äußerungen seines Vorgängers in Wakefield keinen Untersuchungsausschuss geben müsse. Im Interview behauptet er zudem, dass die Gesundheitspolitik der Tories vorbildlich sei, in der Vergangenheit und Gegenwart, obwohl die Channel-4-Journalistin ihn mit Fakten konfrontiert, die das Gegenteil belegen. (Ab zirka 27’00 im nachfolgenden Clip.)

Die queere britische Zeitschrift Attitude hat zusammenfassend eine vollständige Liste aller LGBTIQ-MPs veröffentlicht, mit dem jeweiligen Wahlkreis:

Konservative

Daniel Kawczynski – Shrewsbury & Atcham
Crispin Blunt – Reigate
Conor Burns  – Bournemouth West
Nigel Evans – Ribble Valley
Lee Rowley – Derbyshire North East
Mark Menzies – Fylde
Nick Gibb – Bognor Regis & Littlehampton
Iain Stewart – Milton Keynes South
Paul Holmes – Eastleigh
Imran Ahmad Khan – Wakefield
Mark Fletcher – Bolsover
William Wragg – Hazel Grove
Stuart Andrew – Pudsey
Damien Moore – Southport
David Mundell – Dumfriesshire, Clydesdale
Mike Freer – Finchley and Golders Green
Kieran Mullan – Crewe and Nantwich
Elliot Colburn – Carshalton and Wallington
Chris Clarkson – Heywood and Middleton
Antony Higginbotham – Burnley

Labour

Angela Eagle – Wallasey
Clive Betts – Sheffield South East
Nick Brown – Newcastle upon Tyne East
Dan Carden – Liverpool Walton
Stephen Doughty – Cardiff South & Penarth
Nia Griffith – Llanelli
Gerald Jones – Merthyr Tydfil & Rhymney
Luke Pollard – Plymouth, Sutton
Steve Reed – Croydon North
Wes Streeting – Ilford North
Ben Bradshaw – Exeter
Chris Bryant – Rhondda
Peter Kyle – Hove
Lloyd Russell Moyle – Brighton Kemptown
Cat Smith – Lancaster and Fleetwood

Scottish National Party (SNP)

Hannah Bardell – Livingston
Mhairi Black – Paisley & Renfrewshire South
Martin Docherty – West Dunbartonshire
Stuart McDonald – Cumbernauld, Kilsyth & Kirkintilloch
Stewart McDonald – Glasgow South
Joanna Cherry – Edinburgh South West
Alyn Smith – Stirling
Angela Crawley – Lanark & Hamilton East
John Nicholson – Ochil and South Perthshire
Neale Hanvey – Kirkcaldy and Cowdenbeath


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