in

«Comment te dire adieu» – Françoise Hardy wird 80

Yves Saint Laurent und Paco Rabanne waren Fans des It-Girls

Françoise Hardy
Françoise Hardy bei einem Auftritt 1973 in der Musiksendung «Pop 73» (Bild: Istvan Bajzat/dpa)

Mit «L’amour s’en va» für Monaco belegte sie Platz 5 beim Eurovision Song Contest 1963. Besonders in Grossbritannien wurde sie später durch Coverversionen von Jimi Somerville oder den Eurythmics neu entdeckt. In Frankreich wird sie heute fast wie eine Heilige verehrt.

Träfe der Ausdruck «gepflegte Tristesse» auf nur eine frankophone Künstlerin zu, dann wäre es mit Sicherheit Françoise Hardy. Jene Chanson- und Stilikone, die Anfang der 1960er, eher unfreiwillig, eine neue Ära in der Variété Française einläutete, wird am Mittwoch 80 Jahre alt.

In Deutschland wurde die Französin, die die Titelseiten zahlreicher Illustrierten zierte, in den 60er Jahren bekannt, unter anderem mit «Frag den Abendwind». Ihr Deutsch hatte Hardy bei einer österreichischen Familie nahe Innsbruck gelernt, wo sie acht Jahre regelmässig ihre Sommerferien verbrachte. Später studierte sie ein Jahr an der Pariser Sorbonne Germanistik. Sie nahm ihre Lieder auch auf Italienisch, Englisch, Spanisch und Portugiesisch auf.


60 Jahren startete die Karriere der ehemaligen Germanistikstudentin beinah aus dem Nichts, als sie eher zufällig mit ihrem «Pausenauftritt», während der Stimmenauszählung anlässlich eines Verfassungsreferundums 1962, mit «Tous les garçons et les filles» über Nacht zum Star avancierte.

Dass sie nebenbei, mehr zufällig, vom Paris Match Fotografen Jean-Marie Périer entdeckt und geliebt wurde, tat sein Übriges: Schon Anfang 1963 zierte Françoise Hardy das Cover des Trend-Magazins.


Queere Steampunk-Fantasie: «Poor Things»



Die gerade Frankreich pop-kulturell beherrschende «YéYé»-Welle (in etwa das frankophone Äquivalent zur englischen «Beat»-Ära), reihte Hardy nur zu gerne in ihre Reihen ein.

Zwischen all den hüftschwingenden und twistenden, französischen Elvis-Presley- und Connie-Francis- Epigonen, machten sich die zurückhaltenden Klänge von Hardy eher wohltuend aus.

Alsbald entdeckten nicht nur neu aufstrebende Couturiers wie André Courrèges, Yves Saint Laurent und vor allem Paco Rabanne das neue It-Girl für sich. Ebenso die Filmbranche zierte sich mit der geheimnisvoll wirkenden Sängerin, die immer mal wieder in kleineren Rollen besetzt wurde (u.a. in «What’s new Pussycat» und Godards «Masculin Féminin»).

Auch jenseits der Frankophonie erlangte Hardy, besonders in Grossbritannien und Italien, aber auch in Deutschland, ungeahnte Aufmerksamkeit. In allen diesen Ländern verkörpert sie bis heute den Inbegriff der integren Frenchiness – im Gegensatz zur «ewigen Lolita» Jane Birkin.

1967 lernte Hardy den Playboy der «YéYé»-Szene, Jacques Dutronc kennen, und beide wurden, neben Sylvie Vartan und Johnny Hallyday, ebenso zum Vorzeigepärchen der neuen Popkultur. Während Hardys zahlreicher Auslandsengagement (u.a. TV-Shows auch in Deutschland oder filmische Dokumentationen z.B. mit Udo Jürgens, der im deutschsprachigen Raum gerne als Hardys «Partner» inszeniert wurde), inspirierte parallel Dutroncs «Umtriebigkeit» diverse Chansons in Hardys Repertoire (zB. «Voilà»).

Trotz der nicht abreissenden Serie an Hits wie «Tous les garçons…», «Mon amie la rose», «L»amour s»en va» (Platz 5 beim ESC 1963 für Monaco), «Des ronds dans l»eau», und die von Serge Gainsbourg für Hardy lancierten Erfolge mit «Comment te dire adieu» und «L»Anamour», nahm sie sich aufgrund von Querelen mit ihrem Manager eine Auszeit und distanzierte sich mehr und mehr von Live-Auftritten, was ihrem allseits bekannten und konstanten Lampenfieber entgegenkam.

Zum Start in die 1970er wechselte sie die Plattenfirma und arbeitete mit noch jungen Talenten wie Mick Jones (später bei Foreigner), Jean-Claude Vannier (auf dem Weg zum renommierten Filmkomponisten) oder dem schon vielversprechenden Autoren, Manager und Produzenten Simon Napier-Bell (von Dusty Springfield über T.Rex bis Wham).

Mit den damals eher weniger erfolgreichen, aber heute um so mehr geschätzten Alben, die zwischen 1970 und 1972 alle im Original lediglich «Françoise Hardy» betitelt waren (später «Le Soliel», «La Question» und «Et si je m»en vais avant toi»), schaffte sich die Künstlerin ein eigenständigeres Profil, jenseits der Chanson-Schlagerseligkeit ihrer frühen Jahre.


Sind beim Kitkat-Fetisch­club in Berlin Rechts­extreme Tür­steher?


Gleichzeitig stieg auch ihr privates Interesse für Psychologie und Astrolgie und auch optisch schloss sie mit den 1960er Jahren ab, in dem sie nach und nach ihre, bis dahin stets längeren Haare abschnitt, und sie bis heute eine mittlerweile fast schon ikonische Kurzhaarfrisur trägt.

1973 kam der gemeinsame Sohn von Françoise und Jacques zur Welt: Thomas Dutronc, der mittlerweile selbst auf eine eigene virtuose Karriere zurückblicken kann.

Spätestens seit Beginn der 1980er Jahre erfuhr die nun zur reifen Künstlerin (mit kontinuierlichen Veröffentlichungen bis 2018) gewachsene Autorin und Komponistin Anerkennung einer nachgewachsenen Pop-Generation.

Besonders in Grossbritannien wurde sie durch Coverversionen von Jimi Somerville oder den Eurythmics neu entdeckt, aber auch in Frankreich wird sie mittlerweile fast wie eine Heilige verehrt. Vor allem in Pop-Superstar Étienne Daho fand sie seit Mitte der 1980er einen ihrer grössten Verehrer und kreativen Kollaborateur, der ihr, zusammen mit Jerôme Soligny, schon 1986 eine glühende Biografie widmete, der Titel: «Superstar und Eremit». Treffender könnte man in der Rückschau das Leben wie Karriere von Françoise Hardy nicht benennen.

2019 gab sie in einem RTL-Interview bekannt, dass sie an einer Krebserkrankung litt, durch deren Behandlung sie auf einem Ohr taubgeworden sei und verkündete damit quasi das Ende ihrer Karriere.

Seither hat sich ihr Leidensweg zunehmend verschlimmert, so dass sie noch im vergangenen Dezember in einem Paris Match-Interview den Wunsch äusserte, so schnell wie möglich «gehen» zu können, und sie forderte dabei Präsident Emmanuel Macron auf, Euthanasie zu legalisieren, da sie mittlerweile unter Rachen- und Lymphkrebs leidet.

In einem von der Zeitung La Tribune Dimanche veröffentlichten Text beschreibt sie einen Klinikaufenthalt, wo sie Patient*innen traf, die «bedauerten, dass Sterbehilfe nicht legalisiert wurde, weil sie sich des unnötigen Leidens bewusst waren». Sie selbst habe 55 Strahlentherapien hinter sich. Seit ihrer Bestrahlung ginge es ihr schlecht: «Es ist ein Alptraum». (mit dpa)

Ganz schön queer, das Filmjahr 1994: Tarantinos «Pulp Fiction» gewinnt die Goldene Palme in Cannes und bei den Oscars räumt Spielbergs «Schindlers Liste» ab – 30 Jahre ist 1994 jetzt her. Ist es das beste Filmjahr der Geschichte? Jedenfalls war es recht queer (MANNSCHAFT berichtete).


HIV Lockdown Truvada Medikamente

Mangel an HIV-Medikamenten: «Schlimmer als befürchtet»

elton john

Nach dem Emmy: Elton John ist jetzt auch EGOT-Preisträger