Mein Coming-out: «Sie wissen jetzt, warum ich Frauenhosen trage»
Emma/Night erzählt die eigene Geschichte
Soll man sich heute noch outen müssen? In unserem Coming-out-Special antworten neun Menschen. Hier die Geschichte von Emma/Night aus Luzern.
«Sich zu outen, kann eine LGBTIQ-Person im täglichen Leben leider nicht verhindern. Ich muss immer wieder erklären, warum ich seit Jahren Single bin (asexuell und aromantisch) oder wieso ich andere Pronomen brauche. Es ist wichtig zu wissen, wo und wann ich mich ‹oute» oder ‹erkläre›, wie ich es nenne. Denn sich zu outen, birgt auch Gefahren, etwa in Form von massiv diskriminierenden Reaktionen: ‹Bitte gehe meinen Kindern aus dem Weg.› oder ‹Bist du pädophil?›.
Solche Sätze schmerzen mich am meisten, weil sie gegen meine Ehre verstossen. Ich bin eine rechtschaffende Person, die mit gewissenhafter Tugend durchs Leben geht und niemandem schaden will.
Ich wurde schon fremd geoutet: Jemand hatte mir das Handy aus der Hand gerissen und Mails durchgeschaut.
Sich outen bedeutet für mich, zu erklären, wieso ich nicht cis oder hetero bin. Und das macht mich zu einer Aussenseiterin. Es ist ein lebenslanger Prozess: Als ich mir ziemlich sicher war, dass ich queer bin, sprach ich zuerst mit meinen engsten Vertrauten.
Ein Coming-out muss in einem sicheren Raum passieren. Ich wurde schon fremd geoutet: Jemand hatte mir das Handy aus der Hand gerissen und Mails durchgeschaut, die ich meiner Therapeutin während meiner Selbstfindungsphase geschrieben hatte. Ich war psychisch stark angeschlagen und musste Menschen aus meinem Ausbildungsumfeld um Hilfe bitten. Zum Glück halfen sie mir. Das war mein erster Heilungsschritt.
Seither fühle ich mich besser. Meine Mitmenschen wissen nun, warum ich gerne Frauenhosen trage und etwas längere Haare habe. Ich konnte mein Selbstvertrauen aufbauen und ich denke, dass man mir das auch anmerkt. Nur schon, dass ich mich mit den Labels ‹asexuell› und ‹aromantisch› und dem Begriff nicht-binäre Frau identifiziere, gibt mir täglich ein gutes Gefühl.
Ein Coming-out sollte keine grosse Sache mehr sein. Doch leider ist es immer noch eine. Deshalb braucht es weiterhin Aktivismus und Aufklärungsarbeit. Im Alltag gebe ich meine Identität gegenüber anderen Menschen nicht preis, weil es einfacher ist. Ich vermeide damit lange, unnötige Diskussionen, aber auch unschöne Reaktionen wie Trans- oder Acephobie, also die Diskriminierung von trans- und asexuellen Personen. Meist verhalte ich mich auch so am Arbeitsplatz, denn wegen meines Geschlechts habe ich noch keinen Kündigungsschutz. Ein Coming-out ist in jedem Fall ein Vertrauensbeweis.»
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