Premiere in Cannes: Trans Frau als Beste Darstellerin ausgezeichnet
Karla Sofía Gascón wird für ihre Rolle im queeren Musical «Emilia Pérez» geehrt
Beim Filmfestival in Cannes wurde auch wieder die Queer Palm vergeben. Diese ging dieses Jahr an das Drama «Three Kilometers to the End of the World» des rumänischen Regisseurs Emanuel Parvu.
Doch der Reihe nach: Mit seiner Tragikomödie «Anora» hat der US-amerikanische Regisseur Sean Baker die Goldene Palme der Filmfestspiele von Cannes gewonnen, also den Hauptpreis des Festivals. Das gab die Jury am Samstagabend bekannt. Der Film, der von einer selbstbewussten Striptease-Tänzerin in New York erzählt, setzte sich gegen 21 andere Wettbewerbsfilme durch. Entschieden hat eine Jury unter dem Vorsitz der Regisseurin Greta Gerwig (MANNSCHAFT berichtete).
Die Jury zeichne mit «Anora» einen «unglaublich menschlichen Film» aus, sagte Gerwig. Es sei ein Film, «der unsere Herzen erobert hat, der uns lachen liess, der uns unendlich hoffen liess, der uns das Herz brach und dabei nie die Wahrheit aus den Augen verlor.»
Temporeicher Gewinner-Film mit viel Witz «Anora» handelt von der Striptease-Tänzerin Ani, die in New York einen russischen Oligarchen-Sohn namens Vanya kennenlernt. In jugendlicher Sorglosigkeit heiratet der Junge Ani nach nur wenigen Tagen – zum grossen Missfallen seiner Eltern, die alles in Bewegung setzen, um das wieder rückgängig zu machen. Im Zentrum steht Ani (Mikey Madison), die selbstbewusst ihre Ziele verfolgt. Der temporeiche Film überzeugt durch tolle Schauspielerinnen und Schauspieler, unerwartete Wendungen und viel Witz.
Nachdem die Nachricht von der Hochzeit bis zu den in Russland lebenden Eltern von Vanya durchgedrungen ist, beauftragen diese ihre örtlichen Helfer, die Heirat zu annullieren. Ein hilfloses Trio aus drei Männern taucht in Vanyas Anwesen auf – und dieser türmt. Beim Versuch, ihn gemeinsam mit Ani wieder einzufangen, kommt es zu allerlei lustigen Situationen.
Baker widmete den Film am Samstagabend «allen Sexarbeiterinnen». Er hoffe, seine Filme trügen dazu bei, das Stigma von Sexarbeit (MANNSCHAFT berichtete) abzubauen. Auf der Bühne sagte der 53-Jährige über seine Auszeichnung: «Das ist buchstäblich mein einziges Ziel als Filmemacher in den letzten 30 Jahren gewesen. Ich bin mir also nicht sicher, was ich mit dem Rest meines Lebens anfangen werde.»
Spezialpreis für geflüchteten Iraner Mohammed Rassulof Einen Spezialpreis der Jury erhielt der iranische Regisseur Mohammed Rassulof für «The Seed of the Sacred Fig». Der grösste Triumph war aber wohl, dass er seine Auszeichnung persönlich entgegennehmen konnte. Rassulof war kürzlich zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. Vor wenigen Tagen war er aus dem Iran nach Deutschland geflüchtet, am Freitag kam er zur Premiere seines Films nach Cannes. Während die iranischen Behörden die Veröffentlichung seines neuen Films unbedingt verhindern wollten, wurde Rassulof in Cannes dafür bejubelt.
Der Film spielt im Herbst 2022, als der Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini massive Proteste im Iran auslöste (MANNSCHAFT berichtete). Im Zentrum steht eine Familie, deren Mitglieder ganz unterschiedlich auf die Proteste reagieren.
Der Grosse Preis der Jury, die zweitwichtigste Auszeichnung des Festivals, ging an «All We Imagine as Light» von der indischen Regisseurin Payal Kapadia. Der Film der 38-Jährigen folgt mehreren Frauen, die in Mumbai versuchen, ihren Alltag zu navigieren, und sich dabei miteinander verbünden.
Vier Frauen teilen sich Preis als Beste Darstellerinnen Der Franzose Jacques Audiard erhielt den Preis der Jury für «Emilia Pérez» (MANNSCHAFT berichtete). Das queere Musical erzählt von einem mexikanischen Kartellboss, der sein altes Leben hinter sich lassen und ein neues Leben als Frau beginnen will.
Für die Titelrolle der Emilia Pérez bzw. Juan «Manitas» Del Monte wurde mit Karla Sofía Gascón erstmals eine trans Frau als Beste Darstellerin ausgezeichnet. Sie teilt sich den Preis mit Zoe Saldana, Selena Gomez und Adriana Paz, die ebenfalls im Film mitspielen.
«Dieser Preis ist nicht nur für mich, sondern für alle Menschen, die für sich selbst und ihre Rechte kämpfen», sagte die 52-Jährige Gascón in Cannes.
Als bester Schauspieler wurde Jesse Plemons für seine Rolle in «Kinds of Kindness» von Giorgos Lanthimos ausgezeichnet. Miguel Gomes gewann für «Grand Tour» den Preis für die beste Regie.
Für das beste Drehbuch wurde Coralie Fargeat mit «The Substance» geehrt. Ihr Body-Horrorfilm mit Demi Moore in der Hauptrolle handelt von den verheerenden Auswirkungen, die Schönheitswahn haben kann.
Gay Bashing im rumänischen Dorf Der LGBTIQ-Preis Queer Palm ging an «Trei kilometri până la capătul lumii / Three Kilometers to the End of the World». Darin erzählt Regisseur Emanuel Parvu die Story des 17-jährigen Adrian, genannt Adi.
Er ist ein schwuler Teenager und wird Opfer eines «Gay Bashing», nachdem er beim Flirten mit einem anderen Jungen in seinem Dorf erwischt wurde.
Am nächsten Tag steht sein Welt Kopf, denn seine Eltern schauen ihn nicht mehr so an wie zuvor – und in dem scheinbar ruhigen Dorfleben entstehen plötzlich Risse. Ciprian Chiujdea spielt die Rolle des Adi.
Ehrenpalme an George Lucas «Star Wars»-Schöpfer George Lucas wurde mit einer Goldenen Ehrenpalme ausgezeichnet. Auf der Bühne hielt ein alter Freund und weiterer Kino-Altmeister die Laudatio: Francis Ford Coppola, dessen neuer Film im Wettbewerb der Filmfestspiele lief. Nicht nur er selbst und Lucas‘ viele Freunde, sondern die ganze Welt sei stolz, ihn zu ehren, sagte Coppola. Lucas nannte Coppola wiederum «einen grossen Freund, einen Bruder und einen Mentor». (mit dpa)
Die lesbische Forscherin Carolyn Bertozzi hat den Nobelpreis für Chemie erhalten. Ihr Vater war Nuklearphysiker am Massachusetts Institute of Technology (MANNSCHAFT berichtete).
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