Verbotene Liebe in Glasgow, #Metoo und Streit ums Gendern
Überblick über die populären Neuerscheinungen im ersten Halbjahr 2023
Douglas Stuart, Juli Zeh, Bernardine Evaristo: Von diesen und anderen Autor*innen erwarten uns im literarischen Frühjahr neue Bücher. Es wird politisch – und persönlich.
Von Lisa Forster, dpa
Ein neues Buch des vor kurzem schwer verletzten Salman Rushdie, der erste Roman von Benjamin von Stuckrad-Barre seit sieben Jahren und Neues von der jüngsten Literaturnobelpreisträgerin: Das literarische Frühjahr 2023 bringt auffallend viele Highlights. Dabei fällt auf, dass viele Autor*innen politische Diskussionen ins Zentrum stellen.
Los geht es im Januar mit dem neuen Buch von Juli Zeh. Diesmal hat sie es nicht alleine geschrieben, sondern mit dem Co-Autoren Simon Urban. «Zwischen Welten» erzählt von Stefan und Theresa, die sich früher nah standen und sich dann nach einiger Zeit wieder über den Weg laufen. Inzwischen führen sie ganz unterschiedliche Leben – er als Journalist, sie als Bäuerin. In E-Mails und WhatsApp-Nachrichten beginnen sie, sich auszutauschen. Während sich die beiden näherkommen, geraten sie «in einen hitzigen Schlagabtausch um polarisierte Fragen wie Klimapolitik, Gendersprache und Rassismusvorwürfe», schreibt der Luchterhand Verlag.
Was sie persönlich vom Gendern hält, das hat sie im Herbst dem Focus verraten. Sie selbst gendere nicht, habe aber auch kein Problem damit, wenn es andere tun. «Ich glaube, der Streit ums Gendern wäre nicht so gross geworden, wenn es ein Vorschlag oder eine Empfehlung geblieben wäre. Übergriffig wird es, wenn Institutionen oder Unternehmen entscheiden: So wird’s jetzt gemacht! So habt ihr zu reden!», so Zeh.
Douglas Stuarts Erstlingsroman «Shuggie Bain» gewann den Booker Prize, machte auch in deutschsprachigen Medien Schlagzeilen (MANNSCHAFT berichtete). Nun hat der schottische Autor ein neues Buch vorgelegt: «Young Mungo», das im Februar auf Deutsch erscheint. Es spielt im Arbeiterklassemilieu von Glasgow, wo sich in den 1990er-Jahren die Protestanten und Katholiken bis aufs Blut bekriegen. Dort verliebt sich der protestantische Teenager Mungo in den katholischen Nachbarsjungen James. Eine «verbotene» Liebe, von der Mungos brutaler älterer Bruder als Bandenanführer nichts wissen darf. Aber auch eine Liebe, die Mungo zeigt, wie absurd und menschenverachtend dieses ganze Hass-System ist, das er um sich herum sieht – in seiner Familie, in der Schule, in seinem Wohnblock, in den untersten Schichten der Gesellschaft.
Einen Ritt durch gesellschaftliche Debatten verspricht auch das neue Buch der französischen Autorin Virginie Despentes («Das Leben des Vernon Subutex»). Sie erzählt in «Liebes Arschloch» von drei Leuten, die nach einem verunglückten Instagram-Post aufeinandertreffen. Zwischen den dreien entstehe ein digitaler, «fulminanter Briefroman des 21. Jahrhunderts, in dem alle wichtigen gesellschaftlichen Themen unserer Zeit verhandelt werden», heisst es in der Ankündigung von Kiepenheuer & Witsch. Es gehe um #MeToo und Social Media, Drogen, Machtmissbrauch und Feminismus.
Ein Roman über Männer, die keine Zeit und keine Lust haben, an ihrer Durchschnittlichkeit zu verzweifeln.
Im April bringt einer der amüsantesten Twitter-Autoren Deutschlands seinen Debütroman heraus. Sebastian Hotz alias El Hotzo erzählt von einem jungen Mann, der in den Sozialen Netzwerken viele Follower hat und so unerschütterlich an die eigene Einzigartigkeit glaubt, dass er in Seminaren Lektionen «zum richtigen Mindset» gibt. Auch Mirko will von ihm lernen, wie man ganz nach oben kommt. Der Verlag schreibt über «Mindset»: «Ein Roman über Männer, die keine Zeit und keine Lust haben, an ihrer Durchschnittlichkeit zu verzweifeln.»
Spannend klingt auch die Neuerscheinung der Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux, die in «Der neue Mann» von der Liebesbeziehung einer Frau Mitte 50 mit einem 30 Jahre jüngeren Mann erzählt. Das schmale Buch sei eine «Rückkehr in die eigene Vergangenheit», die Französin breche «ihr letztes Tabu», schreibt Suhrkamp.
Die britische Autorin Bernardine Evaristo hat für ihren Roman «Mädchen, Frau etc.» den Booker Prize gewonnen. Auch in Deutschland wurde der Roman ein Bestseller. In «Mr. Loverman» erzählt sie wieder vom Leben schwarzer Menschen in der britischen Gesellschaft. Dieses Mal geht es um einen Mann, der eine heterosexuelle Beziehung führt, insgeheim aber in seinen Freund verliebt ist, der wie er als junger Mann nach England ausgewandert ist.
Die US-amerikanische Schriftstellerin Siri Hustvedt bietet in ihrem neuen Band «Mütter, Väter und Täter» persönliche Einblicke, wie der Rowohlt Verlag ankündigt. Die Essays «reichen von der Natur von Erinnerung und Zeit bis zu dem, was wir von unseren Eltern erben». Bekannte Themen der 67-Jährigen wie Feminismus, Psychoanalyse oder die Kunst würden verhandelt.
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