Bistum Würzburg: «Bei queeren Kirchenmitgliedern genauer hinhören»
Es geht um die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle und den Blick nach vorn
Die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle steht auch im Bistum Würzburg aktuell im öffentlichen Fokus. Bischof Franz Jung möchte dennoch nach vorn blicken.
Missbrauchsvorwürfe, finanzielle Einbussen, Kirchenaustritte, sanierungsbedürftige Bauten – die Themen, die das Bistum Würzburg aktuell beschäftigen, sind nicht erfreulich. Auf der Jahrespressekonferenz am Freitag sprachen Bischof Franz Jung und andere Bistumsmitarbeiter dennoch darüber. (MANNSCHAFT berichtete über die Kritik von Bischof Jung an der Sexualmoral des Vatikans.)
Im Bistum Würzburg wurden nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr 18 neue Vorwürfe wegen Missbrauchshandlungen bekannt, darunter 13 Vorwürfe gegen verstorbene Priester. Seit Jahresbeginn 2021 seien 32 Anträge von Opfern sexuellen Missbrauchs auf Anerkennung ihres Leids gestellt worden. Davon sei für 17 Anträge bereits entschieden worden, dass insgesamt 367.500 Euro ausgezahlt werden. In den Vorjahren hatte es insgesamt 38 Anträge gegeben.
Aktuelle Empörung vieler Kirchenmitglieder Für die aktuelle Empörung vieler Kirchenmitglieder angesichts des kürzlich vorgestellten Münchner Missbrauchgutachtens äusserte Bischof Jung Verständnis. «Ich kann die Enttäuschung vieler Gläubiger über ihre Kirche sehr gut nachvollziehen und leide selbst unter dem Bild, das die katholische Kirche momentan in der Öffentlichkeit abgibt», sagte Jung. In Würzburg waren – wie in anderen Bistümern – seit der Veröffentlichung des Gutachtens viele Anfragen für Kirchenaustritte eingegangen. Den öffentlichen Vorwurf, die Kirche täte bei der Aufarbeitung zu wenig, wies Jung zurück. Er räumte aber ein, dass viele Vorgänge relativ lange – für manche zu lange – brauchten. (MANNSCHAFT berichtete über bayerische Städte, die sich für eine Flut von Kirchenaustritten rüsten.)
Trotz allem möchte Jung nach vorne blicken. «Mir ist auch sehr bewusst, dass viele Mitchristen ihren weiteren Verbleib in der Kirche von der Frage abhängig machen, ob es wirklich eine erneuerte Gestalt der Kirche geben wird, der Frage nach der Zukunft also, die weitaus mehr Gewicht hat als der Blick zurück mit der Bearbeitung und Aufarbeitung der Vergangenheit», sagte Jung. Jung betonte den Auftrag der Kirche hinzuhören, besonders bei Missbrauchsopfern und queeren Kirchenmitgliedern. Im Bistum Würzburg haben sich laut Bistum drei Priester als homosexuell geoutet. Eine Arbeitsgruppe beschäftigt sich seit April mit Seelsorge für queere Personen. (MANNSCHAFT berichtete über insgesamt 125 Mitarbeiter*innen der katholischen Kirche, die sich gerade öffentlich als queer geoutet haben.)
Sorgenthema Ein weiteres Sorgenthema auf der Jahrespressekonferenz war der Haushalt. Das Bistum rechnet für 2022 mit 3,1 Millionen Euro mehr Ausgaben als Einnahmen. Angesichts der schlechten Finanzen hatte sich das Bistum schon vor drei Jahren ein Baumoratorium auferlegt, eine Art Bau- und Sanierungsstopp. Das Moratorium läuft zum August aus. Dennoch werden nicht gleich Bagger rollen. Im Gegenteil: Schon jetzt steht fest, dass das Bistum mehrere Immobilien wie Tagungshäuser und Kindertagesstätten verkaufen will. Für die Tagungshäuser werde zudem zusammen mit der Regierung von Unterfranken geprüft, ob afghanische Ortskräfte und weitere Flüchtlinge dort untergebracht werden können.
Zu Mehrausgaben führt dieses Jahr auch, dass die Verwaltungsstruktur im Bistum geändert wird. Seit Herbst 2021 werden die Gemeinden im Bistum zu sogenannten Pastoralen Räumen zusammengeschlossen.
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