Bischof Jung: Viele halten Sexualmoral der Kirche für überholt
Man müsse verstehen wollen, was die Gemüter bewegt
Viele Gläubige halten das kategorische Nein des Vatikans zur Segnung homosexueller Partnerschaften für falsch. Und Segnungsgottesdienste finden seither dennoch statt. Für den Würzburger Bischof ist das Thema längst nicht beendet – auch wenn Rom das so will.
Die Proteste nach dem Nein des Vatikans zur Segnung homosexueller Paare sollten die Kirche nach Auffassung des Würzburger Bischofs Franz Jung aufrütteln. Er habe «die überaus heftigen Reaktionen als Weckruf verstanden für eine neue Form des Miteinanders zum Wohle der Kirche und zum Wohle der Menschen, die bei ihr Trost und Segen suchen», sagte Jung der Deutschen Presse-Agentur. Die aufgebrachten Rückmeldungen hätten deutlich gemacht, «dass viele Menschen die kirchliche Sexualmoral heute unter vielerlei Hinsicht für überholt halten».
«Auf eine solche Problemanzeige kann man nicht allein mit Verboten reagieren, sondern nur, indem man sich in einem ehrlichen Gespräch den aufgeworfenen Fragen stellt und weitere wissenschaftliche Expertise hinzuzieht», sagte Jung.
Seit Jahren sorgt das Thema Homosexualität in der katholischen Kirche für rege Diskussionen. Am 15. März 2021 hatte die vatikanische Glaubenskongregation in einer Stellungnahme bekanntgegeben: Jede Segnungsform, die eine gleichgeschlechtliche Partnerschaften anerkenne, sei unzulässig (MANNSCHAFT berichtete). Auch eine Aufweichung des Zölibats und erst recht die Öffnung des Priesteramts für Frauen hat die römische Zentrale bereits abgewiesen.
«Die empörte Reaktion aus vielen Teilen der Welt hat zweierlei gespiegelt», sagte Jung. Die Zeiten, «in denen es ausreichte, die Befolgung bestimmter Glaubensinhalte per Dekret oder Lehrschreiben einzufordern und die entsprechende Vermittlung der Katechese vor Ort zu überlassen», seien vorbei. «Ich bin davon überzeugt, dass es für uns alle wichtig ist, das Gespräch miteinander zu suchen und wenigstens ansatzweise verstehen zu wollen, was die Gemüter bewegt.»
Hier habe die Kirche noch grossen Nachholbedarf. Es müsse allen um ein vertieftes Verständnis der Offenbarung gehen. «Ich hoffe, dass die Synode zur Synodalität, in der der Papst das Hören grossgeschrieben hat, weltweit auf fruchtbaren Boden fällt, nicht zuletzt auch in Rom selbst.»
Im Sommer gab es Aufregung in Italien: Der Vatikan stand im Verdacht, den Entwurf eines Anti-Homophobie-Gesetzes zu blockieren (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
Religion
Papst Leo XIV.: Familie ist heterosexuell
Der US-Amerikaner Robert Prevost ist neuer Papst. Leo XIV. definiert Familie als rein heterosexuelles Modell.
Von Newsdesk/©DPA
Queerfeindlichkeit
News
Deutschland
«Der Skandal der Schwulenverfolgung wurde nie intensiv aufgearbeitet»
Wie die Doku «Raus aus dem Ghetto – Brühwarmes Theater und die Schwulenbewegung der 70er» die verdrängte Verfolgung schwuler Männer in der BRD aufarbeitet – und was sie über unsere Gegenwart verrät. Darüber sprachen wir mit Corny Littmann
Von Stephan Bischoff
Gesellschaft
Kultur
Film
Schwul
Leben
Der Verleih für das Pride-Outfit: «Von Sträfling bis Seepferdchen»
Im Kostümladen Witte in Wien schlägt jedes Verkleidungsherz Purzelbäume. Inhaber Günther Haas hat den traditionsreichen Laden ohne grossen Plan übernommen und bietet Dinge an, die niemand wirklich braucht, aber allen Spass machen – zum Beispiel zum Pride-Shopping am 23. Mai.
Von Denise Liebchen
Pride
Film
Brühwarmes Theater und die Schwulenbewegung als sehenswerte Doku
Eine Dokumentation die verdrängte Verfolgung schwuler Männer in der BRD aufarbeitet – und was sie über unsere Gegenwart verrät.
Von Stephan Bischoff
Gesellschaft
Kultur
Schwul