Schwuler Rapper beschert Wiener «Tatort» gute Quoten
War seine Homosexualität das Tatmotiv?
Fast acht Millionen Menschen haben den ersten ARD-«Tatort» der neuen Saison eingeschaltet. Es ging in dem Wiener Fall um einen ermordeten schwulen Rapper.
Von Matthias Röder, dpa
Die ARD-Krimireihe «Tatort» ist mit einer starken Einschaltquote in die neue Saison gestartet. Den Wiener Fall «Deine Mutter» im Ersten holten sich am Sonntagabend ab 20.15 Uhr 7,97 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer ins Haus, was einem Marktanteil von 29,9 Prozent entsprach. Der Wert beim jüngeren Publikum zwischen 14 und 49 Jahren war mit 20,0 Prozent (1,21 Millionen) ebenfalls gut. Major Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und seine Kollegin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) hatten diesmal einen Mord in der Gangsta-Rapper-Szene aufzuklären.
Die beiden Kommissar*innen können mit der Szene überhaupt nichts anfangen. «Das ist ja alles komplett aus der Zeit gefallen. Sexistische Texte, aufgeblasene Muskelkasperl und teure Autos.» Eisner kann über die Gangsterrapper, ihre Songs und ihre Texte nur den Kopf schütteln.
Auch Adele Neuhauser ist privat wie in der Rolle als Bibi Fellner nicht gerade ein Fan des oft zornigen Sprechgesangs. Ihre TV-Figur könne «diese Musik kaum ertragen, ebenso wie ich persönlich», hat Neuhauser im ARD-Interview gesagt. Doch diese Fremdheit wird im «Tatort» aus Österreich («Deine Mutter», 15.9., 20.15 Uhr, Das Erste) zum grossen Pluspunkt, die Hip-Hop-Musik zum letztlich eingängigen Soundtrack, der selbst die Ermittler*innen tanzen lässt.
Einer der Stars dieser Musikszene ist Ted Candy – in der Rolle hat der österreichische Rapper Aleksandar Simonovski alias Jugo Ürdens sein Film-Debüt. Candy wird nach einem Konzert erschlagen in einer Wiener Tiefgarage gefunden. Der Verdacht fällt auf den Manager seines Labels, «Akman 47 Onur» (Murat Seven). Der Rapper wollte angeblich den Produzenten wechseln. Ein Mord aus Wut über diesen Schritt? Oder war der öffentliche Streit, in Jugendsprache «Beef» genannt, zwischen Musiker und Manager doch nur ein Fake, der den Umsatz ankurbeln sollte?
Regisseurin Mirjam Unger kennt die Hip-Hop-Szene aus dem Effeff. Das tut der Inszenierung gut. Die ehemalige Musik-Journalistin weiss um die Vielfalt und die Bedeutung der Szene. Die «Protagonist*innen sind Stars mit den unterschiedlichsten Stilen, Attitüden und Haltungen.» Die Bilder aus einem seit den 1990er Jahren bekannten Wiener Musikclub wirken auch deshalb authentisch, weil neben Jugo Ürdens auch der österreichische Indie-Star Kiara Hollatko alias Keke und der deutsche Rapper Francis Ayozieuwa alias Frayo 47 auftreten.
Letzterer verkörpert den Nachwuchs-Rapper Bashir Ahmadi. Der hasste Candy, weil er schwul gewesen sei und nicht authentisch. «Ich habe die Scheisse erlebt, über die ich rappe», sagt Bashir selbstbewusst.
Alle Musiker*innen sollten und wollten mitspielen. «Also haben wir ihnen in Crashkursen vermittelt, was es bedeutet, vor der Kamera zu stehen», sagt Unger. Einen Crashkurs gab es aber nicht nur für die Film-Laien. Auch die Filmprofis mussten in die Lehre gehen. In einer – äusserst kurzen – Traumsequenz liefern sich die Ermittler*innen und der Rapper Candy ein Gesangsduell. «Yugo hat es uns so weit beibringen können, dass es nicht allzu peinlich wirkt», erzählt Krassnitzer. Der Kommissar hat am Ende sogar seinen Frieden mit dem Genre gemacht. «Das ist echt geiler Shit», grinst Eisner beim Zuhören im Dienstwagen.
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