«Was LGBTIQ in Sachsen jetzt brauchen, sind Sicherheit und Stabilität»
Die Landesarbeitsgemeinschaft Queeres Netzwerk warnt, angesichts der Mehrheit der rechtskonservativen Wählerschaft nicht in Ohnmacht und Angststarre zu verfallen
Sachsen hat am Sonntag gewählt. Die Mehrheitsverhältnisse im Landtag haben sich deutlich nach rechts verschoben. Queerpolitisch sieht der Freistaat damit ungewissen Zeiten entgegen, so die Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) Queeres Netzwerk Sachsen in einer ersten Einschätzung.
Die CDU hat die Landtagswahl in Sachsen trotz deutlicher Verluste gewonnen (MANNSCHAFT berichtete). Die Partei von Ministerpräsident Michael Kretschmer kommt nach Auszählung aller Wahlkreise am Sonntagabend auf 32,1 Prozent der Zweitstimmen – vor der AfD mit 27,5 Prozent. Die Linken kommen auf 10,4 Prozent, die Grünen gewinnen mit 8,6 Prozent hinzu. Die Sozialdemokraten stürzen auf ein historisches Tief von 7,7 Prozent, und für die FDP reicht es trotz Zugewinnen an Stimmen nicht für den Wiedereinzug in den sächsischen Landtag.
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«Für LSBTTIQ* in Sachsen bringt dieses Wahlergebnis jede Menge Unsicherheiten mit sich. Politisch betrachtet würde ein Dreierbündnis aus CDU-SPD-Grünen zwar zumindest die Möglichkeit der Fortsetzung unserer Arbeit eröffnen. Gesellschaftlich rückt das ohnehin wertkonservativ geprägte Sachsen jedoch weiter nach rechts», bewertet Martin Wunderlich, Pressesprecher der LAG Queeres Netzwerk Sachsen, in einer ersten Einschätzung.
Ein solches, in Sachsen bisher nicht eingeübtes Dreierbündnis, stelle rein rechnerisch eine mehrheitsfähige Regierungskoalition dar. Dies setze jedoch voraus, dass die sächsische CDU unter Michael Kretschmer bei ihrer klaren Absage einer Zusammenarbeit mit der AfD bleibe.
«Die anhaltende Polarisierung unserer Gesellschaft und der sich fortsetzende reaktionäre Backlash werden unseren Communities auch nach dieser Wahl weiter zusetzen», so Wunderlich weiter. «Was die queeren Vereine und LSBTTIQ* in Sachsen deshalb jetzt brauchen, sind Sicherheit und Stabilität.»
Angesichts der neuen Kräfteverhältnisse im Sächsischen Landtag dürfte die Regierungsbildung kompliziert werden. Mit Blick auf die zu bewältigenden Aufgaben, allen voran des neuen Doppelhaushalts und damit der Finanzierungsgrundlage queeren Engagements in Sachsen, richtet die LAG Queeres Netzwerk Sachsen klare Erwartungen an die sächsische Politik (MANNSCHAFT berichtete).
«Wir werden weiterhin mit allen demokratischen und vielfaltsoffenen Parteien in Sachsen zusammenarbeiten. Gleichzeitig erwarten wir aber auch, dass diese für unsere gemeinsamen Werte uneingeschränkt einstehen und unsere zivilgesellschaftlich wichtige Arbeit weiterhin unterstützen. Ohne tatkräftigen politischen Beistand wird queeres Engagement in Sachsen künftig weiter erschwert», so Wunderlich.
Das Ergebnis der Landtagswahl in Sachsen liefert bisher keine Anzeichen, dass sich die gesellschaftliche Polarisierung in der neuen Legislaturperiode abschwächen wird. Die damit einhergehende Spaltung zwischen den Polen «nationalistisch-völkisch» und «weltoffen-solidarisch», wird auch LGBTIQ als Teil der sächsischen Gesellschaft weiter fordern. Damit wendet sich die LAG Queeres Netzwerk Sachsen auch an die Communities selbst.
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«Angesichts der grossen Mehrheit der rechtskonservativen Wählerschaft sollten wir jetzt nicht in Ohnmacht und Angststarre verfallen, sondern sehr schnell ins Handeln übergehen. Noch stärker sollten wir unsere Bündnisfähigkeit mit anderen gesellschaftlichen Gruppen ausbauen. Gelebte Solidarität nach innen und aussen ist jetzt das Gebot der Stunde. Wir werden keinen Millimeter von unseren bisher erkämpften Rechten und Teilhabe abrücken und noch entschlossener für die Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Sachsen streiten.»
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