«Vorarlberg kann auch eine Heimat für queere Lebensentwürfe sein»
Johannes Gasser hätte sich in der Schulzeit mehr queer Vorbilder aus Vorarlberg gewünscht
Mit dem 33-jährigen Johannes Gasser zieht für die Neos ein weiterer offen schwuler Politiker ins Wiener Parlament ein. MANNSCHAFT stellt ihn vor.
Im österreichischen Nationalrat gibt es mit dem 33-jährigen Johannes Gasser von den liberalen Neos eine weitere queere Stimme. Damit steigt die Zahl der offen queeren Politiker*innen im Wiener Parlament auf sechs Personen – fünf schwule Männer und eine lesbische Frau. Das ist eine relativ kleine Zahl bei 183 Mandataren. Gasser zieht nach den jüngsten Parlamentswahlen in Österreich neu in das Parlament ein. Die anderen fünf queeren Politiker*innen waren bereits in der vorherigen Legislaturperiode als Abgeordnete tätig.
Da Gasser im Gegensatz zu den anderen queeren Politiker*innen in der Wiener Politikszene noch nicht so bekannt ist, bringt MANNSCHAFT ein Porträt über ihn. Gasser ist in Mellau im hinteren Bregenzerwald aufgewachsen. Mellau hat 1270 Einwohner*innen und ist eine vom Tourismus geprägte Gemeinde in Vorarlberg, auch Ländle genannt. «Für mich ist es deshalb wichtig offen zu meiner sexuellen Orientierung zu stehen, weil ich damit zeigen will, dass Vorarlberg viel offener und vielfältiger ist, als viele glauben. Vorarlberg ist ein modernes Bundesland», betont Gasser gegenüber MANNSCHAFT.
«Parteiübergreifend haben wir es geschafft, dass es in Vorarlberg einen LGBTIQ-Aktionsplan gibt»
Johannes Gasser
Er, so Gasser, hätte sich in seiner Schulzeit mehr geoutete Persönlichkeiten in und aus Vorarlberg gewünscht. «Denn ich hatte nach der Matura das Gefühl, dass ich in Vorarlberg nicht so leben kann, dass ich glücklich werden kann», erzählt der Politiker. Er sei deshalb schnellstmöglich nach Wien zum Studium gezogen. «Heute ist mir klar, dass Vorarlberg Heimat auch für queere Lebensentwürfe sein kann.»
Gasser wohnt – nach Zwischenstationen unter anderem in Wien, Washington D.C. und Utrecht – heute wieder in Mellau im Bregenzerwald. In den vergangenen fünf Jahren hat er sich im Vorarlberger Landtag als erster qeouteter queerer Politiker dafür eingesetzt, dass die queere Community in der Landespolitik Sichtbarkeit bekommt. «Parteiübergreifend haben wir es geschafft, dass es in Vorarlberg einen LGBTIQ-Aktionsplan gibt», betont der Politiker. Gasser beschäftigt sich seit vielen Jahren mit sozial- und arbeitsmarktpolitischen Themen. Aufgrund seiner Ausbildung als Ökonom mit Schwerpunkt in der Arbeitsmarktpolitik möchte er sich auf diese politischen Themen im Nationalrat fokussieren.
Gasser freut sich, mit vielen Vorzugsstimmen und einem Direktmandat für Vorarlberg – dafür sind immerhin 12,5 Prozent der Stimmen in Vorarlberg nötig – in den österreichischen Nationalrat einzuziehen. Er hat zuletzt als Klubobmann des Neos-Landtagsklubs in Vorarlberg gearbeitet und ist über diese Funktion in ganz Vorarlberg bekannt. «Mit diesem Rückenwind möchte ich die dringend notwendigen Reformen, die Österreich braucht vorantreiben – Reformen, von denen gerade auch die queere Community profitiert», betont der Politiker. Die Umstellung von Vorarlberg nach Wien sei für ihn nicht so gross, da er bereits nach der Schulzeit knapp acht Jahre in Wien gelebt habe. «Die grösste Umstellung wird wohl die oftmalige Pendlerei sein, denn als Abgeordneter aus Vorarlberg möchte ich auch genügend Zeit in meinem Wahlkreis und meinen Wähler*innen in Vorarlberg verbringen», sagt Gasser.
Im österreichischen Parlament sind nach den Parlamentswahlen Ende September wieder fünf Parteien vertreten. Die meisten queeren Politiker*innen haben die liberalen Neos (Yannick Shetty, Johannes Gasser) und die Grünen (David Stögmüller, Meri Disoski). Die Sozialdemokraten (SPÖ) haben mit Mario Lindner und die Österreichische Volkspartei (ÖVP) mit Nico Marchetti jeweils eine queere Stimme. Bei der rechtsextremen und queerfeindlichen Freiheitlichen Partei (FPÖ), die bei den Parlamentswahlen als Siegerin hervorging, gibt es keine offen queere Politiker*innen.
Beim Wiener Opernball könnte es in diesem Jahr diverser zugehen. Beim Vortanzen waren mehr queere Paare vertreten als bisher (MANNSCHAFT berichtete).
Das könnte dich auch interessieren
Indonesien
Nach heimlichem Kuss: 80 Stockhiebe für zwei Männer
Weil zwei Männer sich küssten, verurteilte ein islamisches Scharia-Gericht in Indonesien die beiden zu jeweils 80 öffentlichen Stockschlägen.
Von Newsdesk Staff
Queerfeindlichkeit
Religion
News
News
Verletzte bei Schlägerei nach CSD in Braunschweig
Anlässlich des Christopher Street Days und des Sommerlochfestivals in der Regenbogenstadt Braunschweig fand am Samstag die Parade durch die Innenstadt statt.
Von Newsdesk Staff
Pride
Deutschland
Fussball
Ann-Katrin Berger ist erneut Fussballerin des Jahres
Ann-Katrin Berger ist erneut Deutschlands Fussballerin des Jahres – dabei steht sie seit mehr als zehn Jahren bei Clubs im Ausland unter Vertrag. Eine Rückkehr in die Bundesliga ist vorstellbar.
Von Newsdesk/©DPA
News
Lesbisch
Award
Schweiz
Deutschland
«Gegen Genderwahn» – Protest gegen CSD Bautzen kleiner als erwartet
Voriges Jahr schlugen dem CSD in Bautzen Hass und Aggression entgegen. Auch in diesem Jahr hat sich wieder Gegenprotest formiert.
Von Newsdesk/©DPA
News
Pride
LGBTIQ-Rechte