«Vollkommen inakzeptabel» – Kampf gegen queerfeindliche Übergriffe
Die Dunkelziffer ist hoch, weil solche Straftaten oft gar nicht gemeldet werden
In Frankfurt am Main kam es zuletzt zu mehreren Angriffen auf queere Menschen. Während die Polizei ihre Präsenz im Szeneviertel erhöht, wünscht sich die Community mehr Unterstützung – auch von der Gesellschaft.
Nötig seien eine bessere Schulung der Polizei, eine Reform der Erfassungssysteme, zielgenauere Präventionskonzepte sowie ein Milieuschutz, sagte Georgios Kazilas vom LSVD in Hessen. Die Beamten könnten noch mehr sensibilisiert werden, was homophobe und transfeindliche Gewalt betrifft. Dabei sei es sinnvoll, vermehrt den Verband lesbischer und schwuler Polizeibediensteter einzubinden.
«Zudem ist die Dunkelziffer hoch, weil zum einen Übergriffe entweder von den Opfern gar nicht erst gemeldet oder nicht als queerfeindliche Gewalt registriert werden», sagte Kazilas. Dann gehe solch ein hassmotiviertes Verbrechen womöglich als normaler Raubüberfall in die Statistik ein.
Ein Vorreiter sei Berlin, wo es bei der Staatsanwaltschaft bereits seit zehn Jahren spezialisierte Ansprechpartner LGBTIQ gibt, an die sich Zeugen und Opfer queerfeindlicher Gewalt direkt wenden können. Aber auch die Gesellschaft müsse genauer hinschauen und einschreiten, bei körperlichen Übergriffen, aber auch bei Pöbeleien, sagte der 56-Jährige, der im Vorstand des LSVD Hessen sitzt.
In den vergangenen Wochen und Monaten kam es in Frankfurt wiederholt zu verbalen und körperlichen Angriffen auf Angehörige der queeren Community (MANNSCHAFT berichtete). In einem Fall erlitt ein Opfer einen Kieferbruch. Und am vergangenen Wochenende war ein junger Mann nördlich der Konstablerwache mit einer Glasflasche attackiert worden, auch hier prüfen die Beamten, ob die Tat einen queerfeindlichen Hintergrund hat.
Mitte Juli kündigte die Polizei an, ihre Präsenz in dem Viertel zu verstärken und auch Zivilbeamt*innen einzusetzen (MANNSCHAFT berichtete). Und um bei Hinweisen auf queerfeindliche Übergriffe rascher und gezielter reagieren zu können, wurden innerhalb des Präsidiums die Meldewege verbessert.
«Es ist vollkommen inakzeptabel, dass sich Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung, sexuellen Identität und ihrer äusseren Erscheinung in bestimmten Strassen nicht mehr sicher fühlen», sagte ein Polizeisprecher. Und Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) betonte unlängst, solche Angriffe könne und werde man nicht hinnehmen. «Hessen ist ein tolerantes Land, in dem sich alle Menschen gleichermassen sicher fühlen müssen.»
Genaue Angaben zu queerfeindlichen Straftaten in Frankfurt lassen sich laut Polizei auch aufgrund der Dunkelziffer nicht machen. 2021 hatten die Ermittler eine niedrige zweistellige Anzahl registriert, in diesem Jahr sind die Zahlen auf einem ähnlichen Niveau, wie es hiess. Auffällig sei aber, dass die Zahl der Übergriffe in dem Szeneviertel gestiegen sei, sagte der Sprecher.
«Es ist traurig, dass die Gewalt dort stattfindet, wo sich die Community seit langem trifft, in einem Viertel, das sie als ,safe space‘ empfunden hat», sagt der Sprecher. Durch die Gentrifizierung habe sich das Viertel in den vergangen Jahren und Jahrzehnten verändert. Szene-Bars und ein queerer Buchladen hätten schliessen müssen, hier wünsche sich die Community einen besseren Milieuschutz von der Stadt.
Das könnte dich auch interessieren
Kultur
Warum musste Eric Lembembe sterben? Ein Film gibt Antwort
Im Jahr 2013 wurde der junge Journalist und LGBTIQ-Aktivist Eric Lembembe in Kamerun ermordet. Er wurde gefoltert und zu Tode geprügelt, weil er schwul war.
Von Newsdesk/©DPA
Film
LGBTIQ-Rechte
Queerfeindlichkeit
Queerfeindlichkeit
Trans Personen in den USA: «Pride bedeutet Widerstand»
Ein Besuch bei der trans Community kurz vor Beginn des Worldpride in Washington
Von Newsdesk/©DPA
Pride
TIN
Sport
Wegen Geschlechter-Tests: Turnier ohne Box-Olympiasiegerin Imane Khelif
Olympiasiegerin Imane Khelif startet nicht bei einem Box-Turnier in den Niederlanden. Die Organisator*innen bedauern dies und geben dem Weltverband die Schuld.
Von Newsdesk/©DPA
News
TIN
Berlin
Mobbingfall gegen schwulen Lehrer: Senatorin verteidigt sich
Ein schwuler Lehrer berichtet von Mobbing gegen ihn an seiner Schule. Die CDU-Bildungssenatorin weist Kritik im Umgang damit zurück und beklagt ein Dickicht an Zuständigkeiten.
Von Newsdesk/©DPA
Bildung
Deutschland
Queerfeindlichkeit
Schwul
News