Verbot von «Konversionstherapien» an jungen LGBTIQ soll kommen
LOS: «Endlich hat die Politik den Handlungsbedarf erkannt»
«Konversionstherapien» an jungen LGBTIQ sollen in der Schweiz verboten werden. Das hat die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates mit 16 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung beschlossen. Nun ist der Bundesrat am Zug.
An diesem Freitag gab die Rechtskommission des Nationalrats (RK-N) bekannt, dass sie eine Kommissionsmotion für ein Verbot von Konversionsmassnahmen an minderjährigen und jungen erwachsenen LGBTIQ-Personen mit 16 zu 6 Stimmen (1 Enthaltung) sehr deutlich angenommen hat. Ein wichtiger Schritt für die LGBTIQ-Dachverbände, schreiben Transgender Network Switzerland (TGNS), Lesbenorganisation Schweiz (LOS) und Pink Cross in einer gemeinsamen Meldung: Denn nur so können queere Personen vor diesen schädlichen und traumatisierenden «Therapien» geschützt werden. Nun sind National- und Ständerat gefordert, der Motion zuzustimmen und das Verbot zu erlassen.
Im September 2021 reichten die SP-Nationalrät*innen Angelo Barrile und Sarah Wyss zwei parlamentarische Initiativen für ein schweizweites Verbot von «Konversionstherapien» an Queers ein. Eine forderte ein Verbot von solchen Handlungen an Minderjährigen und jungen Erwachsenen, die zweite wollte ein generelles Verbot erwirken.
Im März hatte der Grosse Rat des Kantons Bern eine Motion angenommen, die ein Verbot sogenannter «Konversionstherapien» fordert (MANNSCHAFT berichtete).
Nach einer ausführlichen Diskussion hat sich die Rechtskommission des Nationalrats entschieden, eine Kommissionsmotion für ein Verbot bei Minderjährigen und jungen Erwachsenen einzureichen und somit den Bundesrat mit der Erarbeitung einer Gesetzesvorlage zu beauftragen. Die beiden parlamentarischen Initiativen wurden zurückgezogen.
Alessandra Widmer, Co-Geschäftsleiterin der Lesbenorganisation Schweiz (LOS), zeigt sich erleichtert: «Endlich hat die Politik den Handlungsbedarf erkannt und es tut sich etwas. Besonders erfreulich ist die sehr deutliche Mehrheit und die Unterstützung über die Parteigrenzen hinweg. Dies zeigt, dass es inzwischen Konsens ist, dass LGBT-Personen einen gewissen Schutz benötigen.»
Alecs Recher, Leitung Advocacy und Rechtsberatung bei Transgender Network Switzerland (TGNS), zeigt auf: «Es ist erwiesen, dass die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität einer Person nicht willentlich verändert werden können. Und dass Massnahmen, die dies beabsichtigen, für Betroffene schädlich und traumatisierend sind. Es ist zwar bedauerlich, dass die Kommissionsmehrheit diese Handlungen nur bei Minderjährigen und jungen Erwachsenen und nicht generell verbieten möchte. Doch der klare politische Wille, zumindest einen besonders gefährdeten Teil unserer Community zu schützen, ist erfreulich.»
Sarah Wyss, SP-Nationalrätin Basel-Stadt, forderte ein solches generelles Verbot: «Es ist wichtig, dass Minderjährige und junge Erwachsene möglichst bald geschützt werden, da diese besonders vulnerabel sind. Um den politischen Prozess nicht zu bremsen, kann ich mit diesem Kompromiss leben und habe meine parlamentarische Initiative zurückgezogen.»
Angelo Barrile, SP-Nationalrat Zürich, Pink-Cross-Vorstandsmitglied und Arzt erläutert: «Sogenannte ,Konversionstherapien‘ haben absolut keinen therapeutischen Nutzen. Vielmehr benötigt es danach jahrelange Psychotherapien, um dieses Trauma aufzuarbeiten und sich selbst akzeptieren zu können. Ich freue mich sehr über die deutliche Mehrheit in der Kommission, denn es ist höchste Zeit, dass die Schweiz solche Massnahmen endlich verbietet.»
Die Schweiz sei einmal mehr im Hintertreffen, wie Roman Heggli, Geschäftsleiter von Pink Cross, erläutert: «In vier europäischen Ländern sind Konversionsmassnahmen bereits verboten, in weiteren sechs sind Verbote in Erarbeitung und auch ein EU-weites Verbot wird diskutiert. Die Schweiz darf nicht zu einem sicheren Hafen für ,LGBT-Heiler‘ werden, sondern muss solchen Massnahmen den Riegel schieben. Ich bin froh, hat die RK-N diesen ersten wichtigen und längst überfälligen Schritt gemacht.»
Die Kommissionsmotion geht nun ins nationalrätliche Plenum und in den Ständerat. Falls beide Räte der Motion zustimmen, muss der Bundesrat eine entsprechende Gesetzesvorlage erarbeiten.
Schwarzer Rauch und Dämonen – So arbeiten die «Homoheiler». Als junge Menschen haben sich Mike und Bastian in «Konversionstherapien» begeben (MANNSCHAFT+).
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