Traumabewältigung und Body Positivity: «Niki de Saint Phalle» im Filmporträt
Die französisch-schweizerische Malerin und Bildhauerin starb 2002
Niki de Saint Phalle wurde mit ihren farbenfrohen Nana-Skulpturen weltberühmt. Doch ihr künstlerischer Weg begann mit einem sexuellen Trauma – ein einfühlsames Filmporträt von Céline Sallette.
Sie posiert. Hände richten ihr Haar, glätten ihr Kleid, tragen Make-up auf. Doch ihr Blick bleibt leer wie abwesend. Eine Szene, die viel über die Frau erzählt, die hinter den berühmten Nana-Skulpturen steckt – und über die Wunden, die sie zu verbergen sucht. Damit beginnt das einfühlsame Filmporträt von Céline Sallette über die Ausnahmekünstlerin Niki de Saint Phalle.
Die 44-jährige Schauspielerin («Haus der Sünde») widmet sich in ihrem Regiedebüt «Niki de Saint Phalle» den Jahren 1952 bis 1962 - ein prägendes Jahrzehnt im Leben der französisch-schweizerischen Malerin und Bildhauerin (1930-2002).
Sallette ist es gelungen, das einfühlsame Porträt einer Frau und Ausnahmekünstlerin zu zeichnen, die sich nicht nur ihrer Vergangenheit stellte, sondern sich auch in der von Männern dominierten Kunstwelt ihren Platz erkämpfte.
Dabei stützt sie sich auf Saint Phalles Autobiografien «Harry und ich. Die Familienjahre 1950-1960» und «Mein Geheimnis», das 1994 erschien. Darin brach die Kunstikone mit 64 Jahren ihr Schweigen darüber, dass sie von ihrem Vater sexuell missbraucht wurde.
Damals hiess Niki noch Mathews. Sie trägt den Namen ihres Mannes Harry, einem Schriftsteller. Mit ihm und ihrer Tochter ist sie von Amerika nach Frankreich gezogen, in der Hoffnung auf einen Neuanfang. Sie modelt für Modezeitschriften, bewegt sich in der Pariser Boheme.
Doch die Schatten ihrer Vergangenheit holen sie ein. Der Missbrauch durch ihren Vater stürzt sie in eine tiefe Krise, bis sie in eine psychiatrische Klinik eingewiesen wird. Kreative Tätigkeiten sind verboten, doch heimlich beginnt sie, erste Collagen aus gefundenen Steinen und Pflanzen zu gestalten.
Nach ihrer Entlassung trifft sie eine radikale Entscheidung: Sie verlässt ihre Familie, um sich ganz der Kunst zu widmen. In ihrem Schaffen sucht sie nicht nur nach Ausdruck, sondern auch nach Befreiung – ein Weg, um ihren inneren Dämonen zu entkommen.
Weder die ikonischen «Nanas» der 1960er-Jahre noch andere Werke durften im Film gezeigt werden. Die Rechteinhaber der Künstlerin verweigern seit langem schon die Darstellung von Saint Phalles Werken in fiktionalen Filmen.
Eine Einschränkung, die für den Film kein Nachteil war. Im Gegenteil: Statt physischer Kunstwerke konzentriert sich der Film auf die Traumabewältigung und das Werden zur Künstlerin.
Der Film verzichtet auf explizite Missbrauchsdarstellungen und setzt stattdessen auf den inneren Kampf der Protagonistin und deren Verwandlung – von einer paranoiden, tief verwundeten Frau zur weltberühmten Künstlerin.
Charlotte Le Bon («Yves Saint Laurent») verleiht der Figur eine fesselnde Mischung aus Zerbrechlichkeit und Rebellion. Das Paris der 50er-Jahre wird detailreich rekonstruiert. Eine Schwäche des Films liegt in der etwas oberflächlichen Ausarbeitung der Nebenfiguren, die dadurch blass wirken, wie zum Beispiel der Schweizer Jean Tinguely, Saint Phalles späterer Lebenspartner.
In der Schweiz läuft der Film schon, Filmstart in Österreich ist am Freiag, in Deutschland erst kommende Woche.
Theaterkritiker Jimmy Erskine liebt seine scharfen Worte – und heimliche Nächte mit jungen Männern. Doch in «The Critic» droht ihm nicht nur der Karriereknick, sondern auch ein Skandal. Ian McKellen brilliert in einem Historiendrama voller Intrigen, Eitelkeiten und Abgründe (MANNSCHAFT berichtete).
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