Tödliche Gewalt gegen trans Menschen: Alarmierende Zahlen
Der aktuelle Bericht des «Trans Murder Monitoring»-Projekts liegt vor
Am 20. November findet weltweit der Transgender Day of Remembrance statt, ein Gedenktag für die Opfer transfeindlicher Gewalt. 2023 wurden weltweit mehr Morde an trans Menschen registriert.
Jährlich erinnern Aktivist*innen, Organisationen und Gemeinschaften an diejenigen, die aufgrund von Transphobie ihr Leben verloren haben. Doch hinter den Mahnwachen, Trans-Flaggen an Rathäusern und Kundgebungen stehen erschreckende Zahlen: Laut dem aktuellen Bericht des «Trans Murder Monitoring»-Projekts wurden im vergangenen Jahr weltweit 350 trans, nicht-binäre und gender-nonkonforme Personen ermordet – ein Anstieg von 9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Gewalt konzentriert sich auf marginalisierte Gruppen
Die Mehrheit der Opfer waren Schwarze oder andere People of Colour (POC) sowie Sexarbeiter*innen. 94 Prozent der dokumentierten Morde betrafen trans Frauen. Besonders alarmierend ist, dass drei Viertel aller Fälle in Lateinamerika stattfanden. Brasilien, ein Land, das seit 17 Jahren in Folge trauriger Spitzenreiter dieser Statistik ist, verzeichnete allein ein Drittel aller Morde weltweit.
In den Vereinigten Staaten stieg die Zahl der dokumentierten Morde von 31 auf 41, während sie in Europa auf acht Fälle zurückging – die niedrigste Zahl in über einem Jahrzehnt. In Deutschland wurde im vergangenen Jahr kein Mord an einer trans Person registriert, jedoch meldete die Berliner Polizei 35 Gewaltdelikte im Bereich «Geschlechtsbezogene Diversität».
Die Brutalität vieler Angriffe ist erschütternd: Fast die Hälfte der Opfer starb durch Schusswaffen, 34 Prozent wurden auf offener Strasse ermordet, 22 Prozent in ihren eigenen vier Wänden.
Erschwerte Datenerfassung und Dunkelziffer
Obwohl die Statistiken alarmierend sind, bleibt die Dunkelziffer hoch. Viele Fälle werden nicht gemeldet oder falsch dokumentiert. Misgendering – also das absichtliche oder unabsichtliche falsche Einordnern des Geschlechts der Opfer – spielt dabei eine zentrale Rolle. Laut TGEU (Trans Europe and Central Asia), der Organisation hinter dem Monitoring-Projekt, seien die Daten trotz erweiterter Erfassungsmassnahmen unvollständig. Dennoch zeigt der Bericht eine klare Tendenz: Trans Menschen, insbesondere Schwarze trans Frauen und Sexarbeiter*innen, sind unverhältnismässig stark von Gewalt betroffen.
Im letzten Jahr konnte das Monitoring des «Trans Murder Monitoring»-Projekts erweitert werden. Erstmals flossen Fälle aus Burkina Faso, Côte d'Ivoire, Namibia, Nigeria und Syrien in den Bericht.
Der Transgender Day of Remembrance (TDOR) wurde 1999 von der trans Aktivistin Gwendolyn Ann Smith ins Leben gerufen, nachdem die Schwarze trans Frau Rita Hester im Jahr 1998 brutal ermordet wurde. Im Gegensatz zu anderen Hassverbrechen – wie dem Mord an Matthew Shepard, der breite mediale Aufmerksamkeit erhielt – wurde Hesters Tod kaum thematisiert. Die Initiative zum TDOR entstand aus der Wut über diese Ignoranz und dem Wunsch, trans Menschen Sichtbarkeit und Würde zu geben.
Doch die Gewalt gegen trans Personen ist nicht nur physisch. In vielen Ländern erleben trans Menschen zunehmend auch verbale Angriffe und politische Hetze. In Deutschland heizte die Debatte um das Selbstbestimmungsgesetz erneut transfeindliche Narrative an, oft unterstützt durch rechtspopulistische und konservative Parteien. In den USA wurde Transfeindlichkeit zum Wahlkampfmittel von Donald Trump und in der Schweiz führte Nemos Sieg am Eurovision Song Contest zu einer hitzigen Debatte über das dritte Geschlecht.
Schutzhäuser für Queers in Brasilien und der Schweiz: «Nur nicht kleben bleiben» (MANNSCHAFT berichtete)
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