Thailand startet mit queerem Liebesfest die Ehe für alle
Thailand gilt als sehr liberal, was die sexuelle Orientierung angeht. Nun untermauert das Königreich seine Vorreiterrolle in Südostasien: Der Start der Ehe für alle wird zu einem grossen Liebesfest.
Strahlend zeigen Rhonda und Um ihre zierlichen Eheringe an der linken Hand. Gerade haben sich die lesbischen Frauen aus Bangkok das Jawort gegeben. Seit 15 Jahren seien sie ein Paar, und fast so lange hätten sie auf diesen Tag gewartet, erzählen die beiden. «Das ist definitiv der glücklichste Tag in unserem Leben», sagt Rhonda und wischt sich unter ihrem weissen Schleier eine Freudenträne aus dem Gesicht.
Thailand mag in vieler Hinsicht konservativ sein, aber was Homosexuelle und Transgender betrifft, gilt das Land als extrem liberal. Nun erlaubt das Königreich als erste Nation in Südostasien die Ehe für alle. Zum Startschuss strömten in allen Landesteilen Homosexuelle und trans Personen zu den Standesämtern. Vertreten waren alle Altersgruppen, darunter einige Rentner*innen, die sich nach jahrzehntelanger Wartezeit trauen liessen. Auch schwule Polizisten sagten – standesgemäss in Uniform – «Ja» zu ihren Lebenspartnern.
Rekordversuch bei Massenhochzeit In der riesigen Paragon Hall im beliebten Einkaufszentrum Siam Paragon, im Herzen der Hauptstadt Bangkok, wurde gar eine Massenhochzeit organisiert. Schon am Morgen liessen sich Dutzende queere Paare registrieren und präsentierten anschliessend den Kamerateams aus aller Welt ihre Heiratsurkunden.
Auch Ausländer*innen durften sich das Jawort geben. Sie mussten lediglich ihren Reisepass und eine Bescheinigung, dass sie ledig sind, vorlegen. Die Behörden hatten im Vorfeld verkündet, sie hofften auf eine Rekordzahl an Eheschliessungen – Zahlen lagen aber zunächst nicht vor.
Zum Startschuss gab es für die Heiratswilligen in der Paragon Hall eine bunte Parade auf einem Regenbogenteppich, einen rosa «Liebesbaum» voller Fotos glücklicher Homo-Paare, rosa-weisse Luftballons, bunte Blumen und eine Mega-Hochzeitstorte als Deko. Aus einer «Kanone» regnete es Seifenblasen. Auch Ex-Ministerpräsident Srettha Thavisin kam zum grossen Liebesfest – unter seiner Regierung war das Gesetz im vergangenen Jahr verabschiedet worden (MANNSCHAFT berichtete).
Legalisierung seit 20 Jahren in der Mache Für unzählige Aktivist*innenen der LGBTIQ-Community in Thailand ist die Legalisierung ein heiss ersehnter Sieg – sie hatten 20 Jahren dafür gekämpft. Ministerpräsidentin Paetongtarn Shinawatra schrieb auf der Plattform X: «Die Regenbogenflagge weht heute stolz über Thailand.» Mit der Legalisierung habe das Land Geschichte geschrieben - die Kraft der Liebe habe gesiegt.
Tourismusbranche hofft auf Boom Die Neuregelung sieht vor, dass im Gesetzbuch künftig die Wörter «Männer» und «Frauen» sowie «Ehemann» und «Ehefrau» durch neutrale Wörter wie «Personen» und «Ehepartner» ersetzt werden. Nicht-heterosexuelle Paare bekommen damit in allen Belangen die gleichen Rechte eingeräumt wie andere Ehepaare.
Auch die Tourismusbranche jubelt: Sie hofft auf einen Boom von heiratswilligen Besuchern der LGBTIQ-Community. Geplant sind bereits Gespräche mit Agenturen aus aller Welt, die sich unter anderem auf queeren Tourismus und Hochzeitsplanung spezialisiert haben. Wir haben mit zwei Wedding Planner gesprochen (MANNSCHAFT berichtete).
Bis zum späten Abend sollte das kunterbunte Liebesfest dauern. Es war ein Auftakt nach Mass für die queere Community. Bei aller Offenheit und liberaler Gesinnung: Küsse und leidenschaftliche Umarmungen waren nach vollzogener Trauung jedoch kaum zu sehen. Öffentliche Liebesbekundungen sind in Thailand verpönt.
Text: Carola Frentzen, dpa
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