Stiko empfiehlt Affenpocken-Impfung für MSM
Bundesgesundheitsminister Lauterbach ist dafür
Nach dem Willen der Ständigen Impfkommission sollen bestimmte Menschen eine Impfung gegen Affenpocken erhalten. Unterdessen steigen die Fallzahlen in Deutschland.
Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt eine Impfung gegen Affenpocken für bestimmte Risikogruppen und Menschen, die engen Kontakt zu Infizierten hatten. Ein erhöhtes Infektionsrisiko sieht die Stiko bei Männern, die gleichgeschlechtliche sexuelle Kontakte mit wechselnden Partnern haben (MSM). Auch Personal von Speziallaboratorien komme unter Umständen für eine vorsorgliche Impfung infrage, teilte die Stiko am Donnerstag mit.
Der Beschlussentwurf der Empfehlung muss nun noch in ein sogenanntes Stellungnahmeverfahren mit den Bundesländern und beteiligten Fachkreisen, ist also noch keine endgültige offzielle Empfehlung.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüsste den Entwurf. «Am 15. Juni steht der Impfstoff bereit», schrieb er auf Twitter. Das Konzept der Impfung werde gerade vorbereitet.
Hintergrund der Empfehlung ist die seit einigen Wochen ungewöhnliche Häufung von Affenpocken-Infektionen in zahlreichen Ländern Europas. In Deutschland sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts mit Stand Donnerstag 131 Infektionen registriert worden, bisher ausschliesslich bei Männern (MANNSCHAFT berichtete). Am Vortag waren es 113. Der erste Patien in Deutschland ist bereits genesen (MANNSCHAFT berichtete).
In der EU sei der Pockenimpfstoff Imvanex zugelassen, der auch zum Schutz vor Affenpocken eingesetzt werden könne, schrieb die Stiko in ihrer Mitteilung.
Impfung nach engem körperlichen Kontakt über nicht-intakte Haut oder über Schleimhäute Nach dem Willen des Gremiums soll die Impfung zum einen die Gruppe der Erwachsenen erhalten, die «engen körperlichen Kontakt über nicht-intakte Haut oder über Schleimhäute» mit einer erkrankten Person oder längeren «ungeschützten face-to-face-Kontakt» hatten. Letztere sind Menschen, die sich längere Zeit ungeschützt in der Nähe eines Infizierten aufgehalten hatten, mit einem Abstand von weniger als einem Meter.
Auch Menschen, die in der medizinischen Versorgung ohne Schutzausrüstung in Kontakt mit einem Erkrankten oder dem Virus gekommen sind, sowie Labormitarbeiter, die versehentlich mit Affenpockenmaterial Kontakt hatten, zählen zu dieser Gruppe. Die Impfung soll schnellstmöglich innerhalb von 14 Tagen verabreicht werden.
Als zweite Gruppe nennt die Stiko Personen mit einem erhöhten Expositionsrisiko. Dazu zählt sie Männer, die gleichgeschlechtlichen Sex mit wechselnden Partnern haben. Grund für diese Empfehlung sei, dass die Fälle in Deutschland bisher ausschliesslich unter diesen Männern aufgetreten seien. Ein erhöhtes Risiko könne auch Personal in bestimmten Speziallaboratorien haben.
Da der Impfstoff zunächst nur eingeschränkt verfügbar sein werde, sollen laut Stiko bevorzugt Personen aus der ersten Gruppe geimpft werden. Für die Grundimmunisierung seien zwei Impfstoffdosen im Abstand von etwa einem Monat nötig. Menschen, die bereits gegen Pocken geimpft wurden, benötigten nur eine Dosis. Für die Bekämpfung des Ausbruchs sei neben der Impfung unter anderem wichtig, Fälle und Kontaktpersonen früh zu identifizieren, Isolation und Quarantäne rasch einzuleiten und Risikogruppen aufzuklären.
Schwule und bisexuelle Männer müssen zügig Impfangebote gegen Affenpocken erhalten.
Da aufgrund der langen Inkubationszeit erst die Spitze des Eisbergs sichtbar sei, sei schnelles Handeln geboten, sagte Kathrin Vogler, gesundheits- und queerpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke. «Schwule und bisexuelle Männer müssen zügig Impfangebote gegen Affenpocken erhalten», forderte sie.
Affenpocken gelten verglichen mit den seit 1980 ausgerotteten Pocken als weniger schwere Erkrankung. Experten hatten vor einer Weiterverbreitung des Virus, etwa bei bevorstehenden Festivals und Partys gewarnt. Die Inkubationszeit beträgt laut RKI 5 bis 21 Tage. Die Symptome (darunter zum Beispiel Fieber und Hautausschlag) verschwinden gewöhnlich innerhalb weniger Wochen von selbst, können bei einigen Menschen aber zu medizinischen Komplikationen und in sehr seltenen Fällen auch zum Tod führen.
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