Start für «ePA für alle» – Deutsche Aidshilfe warnt vor Risiko
Die Deutsche Aidshilfe zieht zum Start eine kritische Zwischenbilanz: Nur ein Bruchteil der Patient*innen nutze die ePA bisher aktiv. Gleichzeitig sei die Steuerung, wer welche Informationen sehen dürfe, kompliziert und fehleranfällig.
In den Praxen dürften die beiden Silben bald vertraut klingen: «ePA», das Kürzel für elektronische Akten für Patient*innen. Das grösste Digitalprojekt des Gesundheitswesens muss sich jetzt bewähren.
Seit dem bundesweiten Start der «ePA für alle» im April 2025 haben alle gesetzlich Versicherten automatisch eine elektronische Patientenakte erhalten – sofern sie nicht bei ihrer Krankenkasse aktiv widersprochen haben.
Die Realität ein halbes Jahr später: Von über 70 Millionen verfügen nur rund 3 Millionen über eine sogenannte GesundheitsID, die Voraussetzung ist, um auf die ePA-App zugreifen zu können. Das entspricht lediglich 4 Prozent der Versicherten, so die Aids-Hilfe.
«Wer einzelne Diagnosen verbergen will, muss sehr gut Bescheid wissen. Das ist für viele schlicht zu kompliziert und fehleranfällig.»
DAH-Vorstand Warminsky
«Viele Menschen wissen bis heute nicht einmal, dass bereits sensible Daten in ihrer ePA gespeichert sind und wer darauf alles Zugriff hat. Das kann bei stigmatisierten Erkrankungen ein Risiko sein. Nur verschwindend wenige greifen auf ihre Akte zu und steuern die Sichtbarkeit», warnt Sven Warminsky, Vorstandsmitglied der Deutschen Aidshilfe.
Epa-Gestaltung unterläuft Selbstbestimmung Genau das werde den ePA-Nutzenden dann auch noch besonders schwer gemacht: Die Ausgestaltung der ePA unterläuft den Anspruch auf Selbstbestimmung über die eigenen Daten.
Per Standardeinstellung seien sämtliche medizinischen Informationen für behandelnde Einrichtungen sichtbar. Abrechnungsdaten der Krankenkassen und Medikationslisten gäben auch dann Aufschluss über Diagnosen, wenn diese bewusst nicht in der ePA gespeichert oder sogar gesperrt wurden – zum Beispiel wenn ein HIV-Medikament verordnet wurde.
Dieser Konstruktionsmangel unterläuft die besonderen Widerspruchsrechte, die Patient*innen bei sexuell übertragbaren Infektionen, psychischen Erkrankungen und Schwangerschaftsabbrüchen haben. Ärzt*innen sind in diesen Fällen verpflichtet, auf die Möglichkeit hinzuweisen, dass Daten nicht in der ePA landen müssen. Doch genau das kann dann doch geschehen.
«Wer einzelne Diagnosen verbergen will, muss sehr gut Bescheid wissen und in der App Dokumente, Medikationslisten und Abrechnungsdaten einzeln ausblenden, bei jedem Arztbesuch aufs Neue. Das ist für viele schlicht zu kompliziert und fehleranfällig», sagt Manuel Hofmann, Referent für Digitalisierung der Deutschen Aidshilfe. «Wir brauchen komfortable Funktionen, die wirkliche Selbstbestimmung ermöglichen.»
DAH-Vorstand Warminsky: «Von einer starken ePA könnten viele Menschen profitieren. Dafür müssen aber Handhabung und Sicherheit stimmen und die Vorteile spürbar werden. Das geht nur mit einer Weiterentwicklung, die Patient*innen von Anfang an mitdenkt, beteiligt und informiert. Vor allem brauchen wir dringend breite und gute Informationen für alle – ab sofort!»
Auf www.aidshilfe.de/epa bietet die Deutsche Aidshilfe Informationen zur Funktionsweise, zu Chancen und Risiken, zur Sichtbarkeitssteuerung medizinischer Daten sowie zu Fragen des Datenschutzes und der IT-Sicherheit.
Untersuchungsbefunde, Laborwerte, Medikamente: Für wichtige Gesundheitsdaten haben die allermeisten gesetzlich Versicherten inzwischen auch eine elektronische Patientenakte . Bisher schlummerten die neuen digitalen Speicher aber noch überwiegend vor sich hin. Jetzt sollen sie so richtig zum Leben erwachen. Denn ab dem heutigen 1. Oktober ist es für Ärzt*innen Pflicht, wichtige Daten einzutragen, die dann für weitere Behandlungen immer verfügbar sein können.
Rund 70 Millionen der gut 74 Millionen gesetzlich Versicherten haben schon seit Januar eine ePA von ihrer Krankenkasse angelegt bekommen, was man für sich auch ablehnen kann. Der Einsatz in Gesundheitseinrichtungen wurde zuerst in drei Regionen getestet und dann vom Frühjahr an bundesweit ausgedehnt. Bisher konnten Ärzt*innen die ePAs auf freiwilliger Basis benutzen und Daten für ihre Patienten einstellen. Zum 1. Oktober greift für sie nun eine Pflicht.
Schon dabei waren Ende vergangener Woche auch 20'900 Zahnarztpraxen, 10'700 Apotheken und 777 Kliniken. Insgesamt wurden seit Jahresbeginn rund 22 Millionen Dokumente in ePAs geladen. Bei den Kliniken ist nach Branchenangaben jedoch damit zu rechnen, dass ein Grossteil sie wohl erst 2026 krankenhausweit einsetzen kann. (mit dpa)
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