Schwuler Ex-Mönch: Anselm Bilgris Comeback als katholischer Priester
«Ich wollte in einer Kirche sein, in der ich mit meinem Mann verheiratet sein kann» sagt der Ex-Mönch
Der frühere Benediktinermönch Anselm Bilgri hat im vergangenen Jahr geheiratet – und zwar einen Mann. Trotzdem ist er inzwischen wieder als katholischer Priester aktiv. Wie ist das möglich?
Von Britta Schultejans, dpa
Anselm Bilgri fühlt sich in seiner neuen Kirche sichtlich zu Hause. An gewisse Eigenheiten habe er sich zwar gewöhnen müssen, sagt er. An kleine Formulierungen, die anders sind, als er es gewohnt sei, an andere Melodien, einen anderen Singsang. Ansonsten aber sei das meiste so, wie er es kenne. (MANNSCHAFT berichtete, dass Bilgri vom Vatikan aus dem Klerikerstand entlassen wurde.)
Bilgri, Ex-Benediktinermönch, Kirchenkritiker, offen schwul und verheiratet (MANNSCHAFT berichtete über die Trauung), arbeitet wieder als katholischer Priester. Möglich ist das, weil er aus der römisch-katholischen Kirche aus- und in die altkatholische eingetreten ist – eine Kirche, die sich im 19. Jahrhundert von Rom losgesagt hat.
«Ich wollte in einer Kirche sein, in der ich mit meinem Mann verheiratet sein kann», sagt der 68-Jährige der Deutschen Presse-Agentur in der Münchner Kirche St. Wilibrod. Dort ist er einer von drei Ehrenamtler*innen am Altar, einer seiner Kolleg*innen ist eine Frau. Auch Priesterinnen sind kein Tabu in der altkatholischen Kirche.
Flache Hierarchien und demokratische Struktur Schon 1996 wurden nach Angaben des in Bonn ansässigen Bistums der Alt-Katholiken in Deutschland die ersten beiden Frauen zu Priesterinnen geweiht. Geschiedene und Wiederverheiratete sind – anders als in der römisch-katholischen Kirche – nicht von der Kommunion ausgeschlossen, es gibt keinen Zölibat, dafür aber flache Hierarchien und eine demokratische Struktur.
Das ist im Grunde all das, worum die römisch-katholische Kirche derzeit im Reformprozess Synodaler Weg zäh ringt, das drohende Nein aus Rom zu allem immer vor Augen.
«Ich kann mir vorstellen, dass die Altkatholiken dann, wenn das grosse Nein aus Rom zu den Abschlusspapieren des Synodalen Weges da ist, einen grossen Zulauf bekommen von all den Enttäuschten», sagt Bilgri.
Tatsächlich sind schon im vergangenen Jahr doppelt so viele Menschen der altkatholischen Kirche beigetreten wie 2020. «Das ist natürlich immer noch auf einem sehr geringen Niveau», sagt der Hamburger Pfarrer Walter Jungbauer, der für die Öffentlichkeitsarbeit des altkatholischen Bistums zuständig ist. 386 Menschen traten 2021 ein, zum Stichtag 31. Dezember lag die Mitgliederzahl seinen Angaben zufolge insgesamt bei 14 923. «Wir wachsen», sagt Jungbauer. (MANNSCHAFT berichtete, dass Bilgri früher im Geheimen schwule und lesbische Paare segnete.)
Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes Grund für die Abspaltung der Altkatholik*innen war die 1870 zum Dogma erhobene Unfehlbarkeit des Papstes. Und von eben diesem Kirchenoberhaupt – derzeit Franziskus – hörte Bilgri, der vor mehr als 40 Jahren von Joseph Ratzinger zum Priester geweiht wurde, als er seiner alten Kirche 2020 mitteilte, eine neue gefunden zu haben.
«Ich war höflich und habe Kardinal Marx einen Brief geschrieben, meinem früheren Abt und dem jetzt so umstrittenen Prälat Wolf, in dem ich meinen Übertritt zu den Altkatholiken mitgeteilt habe. Eine Antwort vom Kardinal kam nicht, aber ein Schreiben vom Papst aus Rom, in dem mir mitgeteilt wurde, dass ich aus dem Klerikerstand entlassen bin – auf Latein!», sagt Bilgri.
«Diese Amtsträger sind in solch einer Blase und folgen nur ihren eigenen Regeln, die nehmen gar nichts anderes mehr wahr. Das geht alles völlig an der Realität der Gesellschaft vorbei.» Sein Übertritt zu den Altkatholiken sei für ihn vor allem «eine Erleichterung».
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