«Schwulen fällt es oft schwer, andere Schwule zu unterstützen»
Singer-Songwriter Mike Taveira erfreut sich über eine eingefleischte queere Fangemeinde.
Mike Taveira lässt tief blicken – sowohl musikalisch als auch emotional. Der Singer-Songwriter mit portugiesischen Wurzeln singt offen über Herzschmerz, Sex und Liebe. Nach der EP «Str8_summer» folgt nun die Single «You Never Would».
Wie ködert man queere Männer am besten? Mike Taveira weiss wie. In der Bildwelt für seine EP «Str8_summer» macht er einen auf Hetero-Mann und zeigt viel Haut. Doch der offen pansexuelle Singer-Songwriter hat auch musikalisch etwas drauf. Mit dem Song «Switch» knackte er auf Spotify die Millionen-Stream-Marke, mit Hilfe des Duetts mit Allie X für «Sex For Breakfast» konnte er ein neues Fan-Publikum anzapfen. Mit MANNSCHAFT sprach der in Los Angeles ansässige Musiker über seine Pläne und verriet, was genau ein «Straight Summer» ist.
Mike, in deiner Kindheit hast du in den Strassen Portugals zu Fado getanzt. Die Einflüsse sind im Song «Sujo» hörbar. Was ist deine Beziehung zu Portugal?
Ich bin in Edison im US-Bundesstaat New Jersey geboren und bin auch grösstenteils dort aufgewachsen, aber ich habe jedes Jahr ein paar Monate in Arcos De Valdevez verbracht – die Heimat meines Vaters. Danach ist die Familie auseinandergebrochen, und ich war seitdem nicht mehr dort.
Heute lebst du in Los Angeles. Ein starker Kontrast.
Mit den Bergen und der umliegenden Natur erinnert mich L.A. tatsächlich ein bisschen an Portugal. Hierherzukommen fühlt sich jetzt fast wie ein Kreis an, der sich schliesst. L.A. ist voller kreativer Leute und ich mag das sehr. Ich habe hier einige der interessantesten Menschen getroffen, die ich je kennen gelernt habe: Bei Partys, bei denen wir unsere Kunst miteinander teilen. Kunst teilen und gemeinsam Erlebnisse verarbeiten – so finde ich meistens die Verbindung zu anderen.
Worum geht es in deinem neuen Single «You Never Would»?
Um einen heterosexuellen Typen, mit dem ich letzten Sommer heimlich was hatte. Davon handelt auch meine EP «Str8_summer», die im August erschienen ist. Viele der Texte hängen auch mit meinem Ex zusammen. Da der Sound ist ein bisschen anders ist, fühlte es sich richtig an, die Single fürs nächste Album aufzuheben.
Ein heterosexueller Sommer klingt antrengend.
In jenem Sommer entwickelte ich Gefühle für diesen Hetero, der sie auf einer emotionalen Ebene nicht wirklich erwidern konnte. Eine Weile lang war das noch halbwegs lustig. Also ja, ich hatte einen solchen Sommer (lacht).
In einem Interview hast du erwähnt, dass dein Album «Cut Velvet» zur Hälfte aus «Sex-Knallern» und zur anderen Hälfte aus «Depressions-Knallern»besteht. Welchen Effekt hat das Schreiben und Singen über persönliche Themen auf dein tägliches Leben?
Für mich ist es eine Möglichkeit, aufgestaute Energie loszulassen. Ich bin immer nervös, wenn ich so persönliche Sachen veröffentliche. Und doch fühlt es sich jedes Mal wie ein Neuanfang, um Neues zu akzeptieren und zu verfolgen und meine Mauern nicht mehr so hochzuziehen.
Du zählst Ikonen wie Prince, George Michael und David Bowie zu deinen Einflüssen. Wer inspiriert momentan deine Musik und warum?
Für diesen neuen Track «You Never Would» wurde ich tatsächlich von «Gotta Get Thru This» von Daniel Bedingfield inspiriert. Der Typ hat’s einfach drauf. Auch «If You're Not The One» ist für mich die Kirsche auf der Torte.
Visuell spielst du gerne mit der «Gay Masc»-Bildsprache. Wie kommt das an?
Es macht mir Spass, mit solchen Bildern zu spielen. In meiner Promo für «Str8_Summer» postete ich wie ein heterosexueller Typ, um schwule Typen zu ködern. Schwulen Männern fällt es oft schwer, andere Schwule zu unterstützen, weil Neid und Scham leider tief in uns verwurzelt sind. Aus irgendeinem Grund sprechen heterosexuelle Typen das schwule Publikum mehr an, also wollte ich das einfach mal ausprobieren – und es hat funktioniert.
«Das neue Album hat mich schon einiges an Tränen gekostet.»
Mike Taveira
Du hast eine grosse queere Social-Media-Fangemeinde und singst oft über queere Themen. Warum ist dir das wichtig?
Das ist, wer ich bin, und ich mache es, um einen Ort zu schaffen, an dem sie am meisten Anknüpfungspunkte finden.
Wie sehen deine Pläne aus?
Ich arbeite gerade als Co-Produzent an meinem nächsten Album und kann es kaum erwarten, es herauszubringen. Dabei habe ich schon so oft geweint. Viele Songs sind schwer für mich zu hören, weil ich echte Momente aus meinem Leben in die Produktion einfliessen liess. Das Album hat mich schon einiges an Tränen gekostet.
Mehr: Fotoausstellung über Sport, Männlichkeitsbilder und Schwulsein: «Wir zeigen eine wehrhafte Queerness» (MANNSCHAFT berichtete)
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