Proteste gegen Gender-Leitfaden erfolgreich
Bei der SPÖ in Kärnten räumt man Fehler ein
Nach heftiger Kritik wurde in Österreichs südlichstem Bundesland ein Gender-Leitfaden zurückgezogen. Vor allem die rechtsgerichtete FPÖ lief dagegen Sturm.
Von Christian Höller
71 Seiten umfasst der Gender-Leitfaden, den die Kärntner Landesregierung beschlossen hat. «Kärnten lebt im 21. Jahrhundert in Vielfalt, Buntheit, Respekt und Toleranz und steht für Gleichheit und Chancengerechtigkeit», betonte Landeshauptmann Peter Kaiser von der Sozialdemokratischen Partei (SPÖ). Der Leitfaden sollte eine Orientierungshilfe für die Verwaltung darstellen. Er «zielt darauf ab, einerseits durch Sprache Bewusstsein zu schaffen», andererseits sollten Personen «rechtlich korrekt» angesprochen werden – wie im Falle des vom österreichischen Verfassungsgerichtshof bestätigten dritten Geschlechts.
In dem Leitfaden ist eine geschlechtsneutrale Sprache vorgesehen. So soll aus dem «Gast» eine «Besuchsperson» werden, aus dem «Hausmeister» eine «Fachkraft für Gebäudemanagement». Hiess es früher «fachmännisch» soll nun das Wort «fachkundig» verwendet werden. Statt «Chefsache» soll es «Sache von oberster Priorität» heissen. Aus «Vater» oder Mutter» soll ein «Elternteil» werden, aus dem «Vaterland» ein «Heimatland». Aus «Mitarbeitergespräche» sollen «Mitarbeitendengespräche» werden. Ein «Autor» soll eine «literaturschaffende Person» werden, der «Polizist» wird zur «Polizeikraft» und ein «Patient» zur «behandelten Person». Statt «Sieger» soll es den «ersten Platz belegende Person» heissen. Und der «Bäcker» wird zur «Fachkraft für Bäckerei», ein «Täter» wird zur «Unrechtsperson».
Die Vorgaben sollten im «gesamten Schriftverkehr der Verwaltung» gelten – sowohl im Amt der Kärntner Landesregierung als auch in den Bezirkshauptmannschaften und nachgeordneten Dienststellen, insbesondere E-Mails, Broschüren, Presseartikel, Drucksorten, Mitteilungen, Flyer, Briefe, Formulare, Newsletter, Webseiten.
Dieser Leitfaden sorgte für Empörung. Vor allem die rechtsgerichtete Freiheitliche Partei (FPÖ) protestierte. Der Kärntner FPÖ-Chef Erwin Angerer sprach von einem «Gender-Wahnsinn». Seinen Worten zufolge gebe es derzeit «wirklich wichtigere Dinge, in die wir Zeit, Geld und Personalressourcen investieren müssen, als in die unnötige Verkomplizierung der Beamtensprache. So einen Irrsinn würde es unter einem freiheitlichen Landeshauptmann nicht geben», so der Politiker. Auch die konservative Volkspartei (ÖVP) sprach sich gegen den Leitfaden aus.
Nach den Protesten machte die Kärntner Landesregierung nun einen Rückzieher. Landeshauptmann Kaiser räumte ein, dass das veröffentlichte Gender-Wörterbuch «in einigen Passagen» überzogen sei. Der Landeshauptmann fordert nun ein österreichweit einheitliches Gender-Nachschlagewerk, «auch um Rechtssicherheit zu schaffen». Es gäbe in Österreich viele unterschiedliche Genderleitfäden, die zum Teil ähnliche Formulierungsvorschläge für den internen Gebrauch enthalten wie der seitens der Fachabteilung in Kärnten erstellte.
Kaiser verlangt von der Bundesregierung in Wien diesbezügliche einheitliche Regeln: «Österreich braucht nicht neun oder mehr unterschiedliche Regelungen. Es ist jetzt der richtige Zeitpunkt, einen österreichweit einheitlichen Vorschlag zu erarbeiteten.»
Das könnte dich auch interessieren
Kurznews
++ Katholische Forderung nach LGBTIQ-Schutz ++ Festnahme nach Beleidigung ++
Kurz, knapp, queer – die LGBTIQ-Kurznews aus Deutschland. Unser Nachrichtenüberblick für die Woche ab dem 18. November 2024.
Von Newsdesk/©DPA
Deutschland
Gendern
Queerfeindlichkeit
Religion
News
News
Bekommt Polen einen queerfreundlichen Präsidenten?
Polen wählt im kommenden Jahr seinen neuen Präsidenten. Regierungschef Tusk schickt einen queerfreundlichen Politiker ins Rennen. Bei der letzten Wahl gab es für den 52-Jährigen ein vielversprechendes Ergebnis.
Von Newsdesk/©DPA
International
Österreich
Nach Eurogames: Wien fördert auch 2025 verstärkt LGBTIQ-Projekte
Die Eurogames in Wien hatten eine internationale Ausstrahlung. Vizebürgermeister Wiederkehr will auch deshalb künftig LGBTIQ-Projekte weiter fördern.
Von Newsdesk Staff
Kultur
Coming-out
«Schäme micht nicht»: Sänger Khalid outet sich
Der Grammy-Gewinner war zuvor von einem Kollegen als schwul beschimpft worden
Von Newsdesk Staff
Musik
News